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Iven Krämer nimmt die kontinuierlich zunehmende Debatte nach einer stärker koordinierten und überregional ausgerichteten Hafenentwicklungsplanung zum Anlass, das Themenfeld mit einem Blick auf die jüngeren politischen Positionen in Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein aufzubereiten
Die deutschen Seehäfen unterliegen im Zuge der fortschreitenden Globalisierung mit einer langfristig beständigen Zunahme der Handels- und Umschlagvolumina einer Wachstumsdynamik[ds_preview]. Diese macht Investitionen in die Infra- sowie Suprastruktur der Häfen notwendig, ungeachtet der in vielen Häfen nach 2008 zu verzeichnenden Umschlagrückgänge. Hinzu kommt, dass die see- und landseitigen Anbindungen auf Straße, Schiene und Wasserstraße durch Nutzungsoptimierungen sowie Neu- und Ausbaumaßnahmen auf wachsende Güterverkehre vorzubereiten sind. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die originäre Zuständigkeit der Länder für die Entwicklung ihrer jeweiligen Hafeninfrastrukturen wurde durch die Konferenz der Wirtschafts- und Verkehrsminister bzw. -senatoren der norddeutschen Küstenländer bereits am 22. Februar 1999 in Kiel beschlossen, eine »Gemeinsame Plattform des Bundes und der Küstenländer zur deutschen Seehafenpolitik« einzurichten. Dies wurde in der öffentlichen Diskussion bereits damals als Entwicklung eines »nationalen Hafenkonzeptes« verstanden.

Die Plattform, die im Kern darauf abzielte, den Wirtschafts- und Hafenstandort Deutschland zukunftsorientiert weiterzuentwickeln, wurde danach durch das damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) mit den für Hafenfragen zuständigen Ressorts der Küstenländer sowie unter Beteiligung der Seehafenwirtschaft in verschiedenen Schritten fortentwickelt, und unter inhaltlicher Einbindung der Binnenhäfen wurde erstmalig am 17. Juni 2009 ein Nationales Hafenkonzept als zusammenfassendes politisches Grundsatzpapier vom Bundeskabinett beschlossen.

Im Oktober 2015 ist im Zuge der Nationalen Maritimen Konferenz mit einer Neuauflage des Nationalen Hafenkonzeptes zu rechnen, und auch darin wird anhand etlicher Beispiele deutlich werden, dass Hafenkooperation bereits heute aber noch mehr in der Zukunft ein Schwerpunktthema der Hafenpolitik ist bzw. sein wird.

Bereits in der Phase der Erarbeitung des ersten Nationalen Hafenkonzeptes verknüpften sich mit diesem eine Vielzahl von Erwartungen, die in Teilen darauf fokussierten, die im Seeaufgabengesetz geregelte Aufgabenwahrnehmung in den deutschen Seehäfen im Sinne einer stärker überregional koordinierten Hafenentwicklungspolitik zu verändern und so die Rolle des Bundes bei der nationalen Hafenentwicklung zu stärken. Als Argumente für diesen Ansatz wurden neben den hohen Aufwendungen für die Hafeninfrastruktur bei gleichzeitig geringer werdenden finanziellen Handlungsspielräumen in den Küstenbundesländern vor allem ökologische Beeinträchtigungen spezifischer Küstenbereiche durch Hafenerweiterungs- und Ausbaumaßnahmen genannt. Zudem wurde argumentiert, dass die subsidiäre Zuständigkeitsgestaltung im Ergebnis zu einer Fehlallokation öffentlicher Mittel führe. Ferner wurde im Sinne eines überregionalen Planungsansatzes die ohnehin gegebene Verantwortung des Bundes für die see- und landseitige Anbindung der Häfen diskutiert. Dem entgegen stand in erster Linie das Argument, dass sich in den deutschen Seehäfen unter der bestehenden Zuständigkeitsregelung ein ausdifferenziertes und nachfragegerechtes Leistungsangebot entwickelt hat, das bei moderaten Nutzungsbedingungen von außerordentlichem Wert für die außenhandelsorientierte Volkswirtschaft Deutschlands ist.

Unterstützung fand der Gedanke einer stärker überregional koordinierten Hafenentwicklungspolitik aber im europäischen Kontext, wo im Zuge eines inzwischen fast drei Jahrzehnte andauernden Diskussionsprozesses für die künftige europäische Hafenpolitik von unterschiedlichen Akteuren eine stärkere Koordination und Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten eingefordert wurde und weiterhin wird. Und auch im nationalen Rahmen waren auf der politisch administrativen Ebene der Länder bereits seit einigen Jahren Bestrebungen zu einer stärkeren Koordination der Hafenplanung erkennbar. Belege hierfür waren bzw. sind das von Niedersachsen und Bremen gemeinsam initiierte und getragene Entwicklungsprojekt des deutschen Container-Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven sowie unterschiedlichste Absichtserklärungen der zuständigen Ministerpräsidenten bzw. der Landesminister und Senatoren zu Fragen der Hafenkooperation.

Niedersachsen

Niedersachsen, das Küstenland mit der größten Vielfalt von Hafenstandorten im Bereich der deutschen Bucht, ist im Hinblick auf das mit Bremen gemeinsam realisierte Vorhaben des deutschen Container-Tiefwasserterminals, dem JadeWeserPort in Wilhelmshaven, ein aktiver Akteur der norddeutschen Hafenkooperation. Auch die organisierte Zusammenarbeit der landesseigenen Häfen in der Gesellschaft N-Ports und die bisherigen ganzheitlich angelegten Hafenentwicklungskonzepte des Landes tragen kooperative Züge.

Niedersachsen beteiligte sich über N-Ports an der Hafenkooperation Unterelbe (jetzt Elbe Seaports) und bringt sich dort bezogen auf die Standorte Cuxhaven und Stade ein. Zudem arbeitet die Vermarktungsorganisation Seaports of Niedersachsen von Anfang an eng mit der Freien Hansestadt Bremen bzw. den dort für das Hafenmarketing zuständigen Organisationseinheiten zusammen.

Im politischen Kontext war aus Niedersachsen bereits sehr früh ein erster Ansatz zur Hafenkooperation erkennbar, denn nach der rot-grünen Koalitionsvereinbarung vom 11. Juni 1990 für die 12. Legislaturperiode des Niedersächsischen Landtages strebte die niedersächsische Landesregierung aus »ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten eine vernünftige Kooperation der bundesdeutschen Seehäfen auf der Basis der jeweiligen Standortvorteile« an. Dieser sehr frühe Vorstoß fand im praktischen Regierungshandeln keine Entsprechung, aber dennoch wurde und wird der Küstenraum aus niedersächsischer Perspektive seither von immer mehr Akteuren als Gesamteinheit betrachtet und dargestellt.

So fanden im politischen Kontext immer wieder Formulierungen wie »Hafensystem Deutsche Bucht« oder auch »Neue Hanse« Verwendung. Nach der Neuwahl der niedersächsischen Landesregierung am 20. Januar 2013, die mit einem Regierungswechsel hin zu einer rot-grünen Koalition einherging, wurde der Anspruch an eine neue Hafenpolitik definiert. Dementsprechend findet sich im aktuellen niedersächsischen Koalitionsvertrag die Zielstellung einer engeren Zusammenarbeit in Hafenbelangen in verschiedenen Einzelaspekten wieder. Unter Verweis auf die erwartete wirtschaftliche Perspektive Niedersachsens im Bereich der Offshore Windenergie heißt es beispielsweise: »Oberstes Ziel muss eine enge Abstimmung von Hafenprojekten und Investitionen sein. Die Schwerpunkte der einzelnen Hafenstandorte müssen dabei im Vordergrund stehen.« Hierauf folgt eine Passage, deren Umsetzung allein aus Niedersachsen zwar nicht möglich ist, die aber weitergehend repräsentativ für den Gedanken der Hafenkooperation ist. Demnach will die Regierung »intensiv an einem Ausbaukonzept mit Prioritätensetzung für alle norddeutschen Häfen arbeiten, um einer Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Standorten entgegenzuwirken. Es soll mit jeweiligen Standortstärken die deutschen Seehäfen insgesamt stärken. Denn wegen monetär und umweltbezogen begrenzter bzw. überstrapazierter Ressourcen des Landes, der deutschen Hafenstädte und des Bundes ist ein Ausbau aller Seehäfen mit Hinterlandanbindung und seewärtiger Zufahrt nicht länger zu leisten.« An anderer Stelle wird der Blick auf den übergeordneten, nationalen Rahmen gerichtet: »Aufgrund monetär und umweltbezogen begrenzter und bereits überstrapazierter Ressourcen des Landes, der Hafenstädte aber auch des Bundes können wir uns einen weiteren Ausbau aller deutschen Seehäfen, deren Hinterlandanbindungen und seewärtige Zufahrten nicht länger leisten. Notwendige Prioritätensetzungen bei den Entwicklungsvorgaben sind deshalb erforderlich und lassen sich nur über ein norddeutsches Hafenkonzept erreichen, das die jeweiligen standortbezogenen Stärken nutzt, um die deutschen Seehäfen insgesamt zu stärken. Das bisher verfolgte Universalhafenmodell der einzelnen Häfen ist überall dort zu hinterfragen, wo es zu unnötigen Doppelinvestitionen bzw. Einschränkung der standortbezogenen Wettbewerbsfähigkeit führt.« Deutlich wird auf diese Weise, dass sich die aktuelle niedersächsische Regierung offenbar in einer Rolle sieht, die ihr das Vorausdenken auch für die anderen deutschen Hafenstandorte und Küstenländer zuordnet. Der damit dokumentierte Anspruch wird wie folgt begründet: »Durch eine verbesserte Kooperation ließen sich erhebliche öffentliche Aufwendungen sparen, die dringend für eine leistungsfähige und klimafreundliche Hafenhinterlandanbindung gebraucht werden.« Insofern wird deutlich, dass man davon ausgeht, dass das bestehende System der Hafenentwicklungsplanung in Deutschland mit einer Fehlallokation öffentlicher Mittel einhergeht.

Hamburg

Im Vergleich zu Bremen und Niedersachsen ist die Hamburger Hafenentwicklungspolitik stärker auf den eigenen Standort fokussiert, was mit der Größe des Hafens, dem wirtschaftlichen Potenzial und den vor Ort gegebenen Entwicklungsperspektiven begründet werden mag. Gleichwohl setzt Hamburg ergänzend zur Entwicklung des eigenen Hafens auch auf Kooperationen in unterschiedlich­sten Bereichen.

So bestand in Hamburg Anfang der 2000er-Jahre unter der damaligen SPD-Regierung die politische Bereitschaft an einer direkten Beteiligung am Projekt JadeWeserPort. Und auch mit dem im Jahr 2001 vollzogenen Regierungswechsel hin zu einer Koalition aus CDU, Partei Rechtsstaatlicher Offensive (Schill-Partei) und FDP wurde die norddeutsche Zusammenarbeit in Hafenfragen nicht gänzlich aufgegeben. Konkret hieß es in dem damaligen Koalitionsvertrag, dass »der Bau eines ergänzenden gemeinsamen Tiefwasserhafens der norddeutschen Länder… unter Wahrung der Hamburger Interessen, aber in kooperativer Absprache mit den Nachbarländern« erfolgen solle.

In der 18. Legislaturperiode von 2004 bis 2008, einer Phase der absoluten Mehrheit der CDU, waren im Hamburger Regierungsprogramm keine Aussagen zum Themenfeld der Hafenkooperation enthalten. Anstelle dessen fanden sich hier sehr allgemeine Hinweise zur Kooperation im norddeutschen Raum: »Die norddeutschen Länder können national wie international durch verstärkte Kooperation an Gewicht gewinnen und ihre Position im Wettbewerb verbessern. Wir streben deshalb eine Intensivierung der Zusammenarbeit sowohl mit den umliegenden Landkreisen der Metropolregion als auch mit den Nachbarländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen an. Wir werden die erfolgreich begonnene bilaterale und multilaterale norddeutsche Zusammenarbeit fortsetzen und auf neue Kooperationsfelder ausweiten.« Tatsächliche Akzente zur engeren Zusammenarbeit in Hafenfragen waren in diesem Zeitraum aus Hamburg heraus konsequenter Weise nicht zu beobachten.

Die 19. Legislaturperiode mit einer Regierungskoalition aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen brachte dann zumindest in der Perspektive eine stärkere Hinwendung zum Themenfeld der Hafenkooperation. So wurde zum Beispiel in der damaligen Koalitionsvereinbarung erklärt, dass Hamburg kurzfristig in Gespräche mit Niedersachsen und Bremen über eine strategische Zusammenarbeit der Häfen eintreten werde. In der 20. Legislaturperiode mit einer SPD-Alleinregierung wiederum fanden sich keine Hinweise auf die Aspekte der Hafenkooperation im Regierungsprogramm. Die »Handschrift« der Grünen zeigt sich erneut im aktuellen Koalitionsvertrag: »Die Koalitionspartner verständigen sich darauf, einen politisch unterstützten Prozess mit den Konkurrenzhäfen in der deutschen Bucht sowie der Nordrange in Gang zu setzen, um eine Verbesserung von ökologischen Standards – insbesondere mit dem Ziel einer Verbesserung der Luftqualität – und von ökonomischen Parametern sowie bei innovativen Seehafentechnologien zu erreichen.«

Losgelöst von der Programmatik der politischen Parteien ist in Hamburg bzw. aus Hamburg heraus in den letzten Jahren auch eine wirtschaftlich geprägte Tendenz zur engeren Zusammenarbeit in Hafenfragen erkennbar. Exemplarisch dafür steht der als »Hafenkooperation Unterelbe« gegründete und inzwischen als Elbe Seaports firmierende Verbund der Unterelbehäfen Cuxhaven, Brunsbüttel, Glückstadt, Stade und Hamburg. Ziel ist es, die Zukunft des Wirtschaftsraums Unterelbe gemeinsam zu gestalten, wozu zwischen den verantwortlichen Stellen ein regelmäßiger und vertrauensvoller Austausch über Hafen- und Verkehrsthemen, nautische Fragen, die Entwicklung im Seegüterumschlag, Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren, Fragen des Sedimentmanagements, der integrierten Bewirtschaftungsplanung oder Umwelt- und Verwaltungsthemen erfolgen soll. Zudem soll die Zusammenarbeit »dazu führen, dass Geschäfte in der Unterelberegion gehalten und Potentiale des Seeverkehrswachstums für die Region gesichert werden.« Erhofft wird sich gegenüber dem als Hauptkonkurrenten definierten Standort Rotterdam »ein besseres Gegengewicht (zu) schaffen als bislang.«

Bremen

Im Kontext der norddeutschen Hafenkooperation nimmt das Land Bremen fast schon traditionell eine Vorreiterrolle ein. Ausweislich der aktuellen Koalitionsvereinbarung sieht sich Bremen als »Motor für eine nationale Hafenkooperation.« Eine Triebfeder hierfür ist sicherlich in der räumlichen Begrenzung zu sehen, denn auf die sich beständig verändernden Rahmenbedingungen der Hafen- und Logistikwirtschaft ließen und lassen sich nur sehr begrenzt lokale Antworten auf die mit den globalen Schifffahrts- und Logistiktrends verbundenen Herausforderungen finden. Zentraler Beleg für die aus Bremen heraus durchaus ernst gemeinte länderübergreifende Hafenkooperation ist das von Beginn an starke Engagement bei der Planung, Entwicklung und Realisierung des JadeWeserPorts.

Dass die Thematik der Hafenkooperation im politischen Themenspektrum Bremens schon länger eine besondere Rolle einnimmt, belegt ein Blick in die Koalitionsvereinbarungen der letzten Jahre. So heißt es in der zwischen der SPD und der CDU geschlossenen Vereinbarung für die 16. Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft von 2003 bis 2007, dass die Kooperation mit dem Land Niedersachsen »in Fortentwicklung des alten Vertrags zwischen Preußen und Bremen von 1930 (»… als ob keine Landesgrenzen vorhanden wären«)« verstärkt werden soll. Bezogen auf den Hafenbereich wird dort ausgeführt, dass mit dem Bau des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven das zentrale gemeinsame Projekt für die gesamte Küstenregion Nordwest in Angriff genommen wurde und hieran anknüpfend »die im Rahmen der Regionalen Arbeitsgemeinschaft eingeleitete Positionierung der Gesamtregion als »maritimer Nordwesten« durch eine gemeinsame umfassende Entwicklungsstrategie beider Landesregierungen, unter Beteiligung der kommunalen Instanzen, fortzuführen und durch weitere gemeinsame strukturpolitische Initiativen der beiden Länder Bremen und Niedersachsen zu unterstützen« ist. Nach einem Regierungswechsel wurde in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Die Grünen/Bündnis 90 festgeschrieben, dass die Kooperation mit dem JadeWeserPort im Rahmen der Gemeinsamen Nationalen Seehafen-Plattform des Bundes und der Küstenländer intensiviert werden solle. Zudem sollte »eine Initiative zur stärkeren Berücksichtigung norddeutscher Verkehrsinfrastrukturprojekte bei entsprechenden Bundesplanungen« ergriffen werden. Auch die rot-grüne Koalition von 2011 bis 2015 trat für »eine enge Kooperation der norddeutschen Häfen ein, um Investitionen sinnvoll zu steuern und Natureingriffe so weit wie möglich zu beschränken.« Zudem sollten »im Rahmen eines nationalen Hafenkonzepts (…) die Kooperationsmöglichkeiten in der Deutschen Bucht genutzt sowie neue Finanzierungsalternativen für die Kosten der Häfen erschlossen werden«.

Schleswig-Holstein

Auch in Schleswig-Holstein wird der Thematik in jüngerer Zeit eine große Bedeutung beigemessen. Wesentlicher Beleg hierfür ist die mit Blick auf die erwarteten Potenziale der Offshore-Windenergie seit 2010 vorangetriebene Hafenkooperation Offshore-Häfen Nordsee SH. Dieser Verbund verfolgt das Ziel, den Betreibern der Offshore-Windparks ein allumfassendes maritimes Angebot zur Installation und Versorgung der Windparks zu offerieren. Den potenziellen Kunden soll auf diese Weise ein Gesamtangebot dargestellt werden. Daneben sind die schleswig-holsteinischen Westhäfen Brunsbüttel und Glückstadt von Beginn an, also seit 2009, als aktive und gestaltende Partner an der Hafenkooperation Unterelbe (jetzt: Elbe Seaports) beteiligt. Dieser Verbund strebt eine wirtschaftliche Stärkung der Region Unterelbe an und damit letztlich eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Seehäfen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen.

Auch auf der politischen Ebene Schleswig-Holsteins ist eine aktive Verfolgung kooperativer Ansätze im Hafenbereich zu erkennen. So heißt es beispielsweise im aktuellen zwischen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband geschlossenen Koalitionsvertrag: »Wir ergreifen die Initiative für ein gemeinsames Nordsee-Hafenkonzept der Länder, Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Angestrebt wird, dass die Häfen gemeinsam vermarktet werden und so keine Konkurrenzsituationen zwischen ihnen entstehen kann.« In der vorherigen »Koalition des Aufbruchs« zwischen der CDU und der FDP fand sich dagegen kein ausdrücklicher Hinweis auf eine Zusammenarbeit der Häfen. Schaut man wiederum weiter zurück, sticht neben einer Erklärung der Regierungschefs von Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 17. Juni 2007, in der diese sich für eine gemeinsame norddeutsche Hafen- und Infrastrukturpolitik stark machen, vor allem ein im März 2007 von den Abgeordneten des SSW im Landtag vorgebrachter Antrag zur »Norddeutschen Nordsee-Hafenkooperation« hervor. Darin wurde die Landesregierung aufgefordert, eine Initiative zur verbesserten Kooperation der norddeutschen Nordsee-Häfen zu starten. Aufbauend hierauf wurde die schleswig-holsteinische Landesregierung in einem weiteren Antrag der CDU und SPD Fraktion im Mai 2007 aufgefordert, über die Situation und Entwicklung der wichtigen schleswig-holsteinischen Häfen an der Westküste zu berichten. Dieser Bericht, der im August 2007 vorgelegt wurde, enthält umfangreiche Aussagen sowohl zu den Möglichkeiten der Kooperation der Häfen untereinander sowie zu möglichen Kooperationen mit den anderen deutschen Nordseehäfen. In dem Bericht wird dargelegt, dass »Kooperationen im Hafenbereich primär in der unternehmerischen Verantwortung der jeweiligen Hafenunternehmen« liegen. Das Potenzial für eine Kooperation der schleswig-holsteinischen Häfen mit anderen deutschen Nordseehäfen wird als »begrenzt« dargestellt. Ein Jahr später im September 2008 wurden die Kooperationspotenziale dann optimistischer eingeschätzt. In einem erneuten Bericht der schleswig-holsteinischen Landesregierung, der auf die ursprüngliche Anfrage der Fraktion des SSW zurück ging, wurde nun dargelegt, dass die Landesregierung »einer Hafenkooperation grundsätzlich positiv gegenüber« stehe. In einer zum Thema Hafenkooperation außergewöhnlich detaillierten Darstellung wurde hier aufgezeigt, auf welchen Feldern, in welchen Gütersegmenten bzw. zwischen welchen Standorten und Unternehmen Kooperationen denkbar waren. Ein wesentliches Feld beinhaltete dabei der Bereich der Hinterlandanbindung, da die Häfen diesbezüglich nahezu identische Interessen verfolgen. Auch im Kontext mit dem zu erklärenden Einvernehmen zur Anpassung des Elbfahrwassers war die Thematik der Hafenkooperation auf der politischen Bühne Schleswig-Holsteins intensiv diskutiert worden.

Mecklenburg-Vorpommern

Anders als in den anderen deutschen Küstenländern sind Elemente der länderübergreifenden Hafenkooperation im politischen Spektrum Mecklenburg-Vorpommerns bislang kaum ausgeprägt. Dies ist insoweit nicht überraschend, als dass die Marktorientierung und Perspektive der Häfen zu den deutschen Nordseehäfen wenige und auch zu den schleswig-holsteinischen Ostseehäfen nur begrenzte thematische Schnittmengen bietet. Und auch dadurch, dass das Land über keine eigene Hafenverwaltung, sondern nur über Minderheitsbeteiligungen an drei kommunalen Häfen verfügt, sind die unternehmerisch geprägten Gestaltungsmöglichkeiten vergleichsweise gering.

Fazit

Die Darstellungen zu den aktuellen Sachständen in den Küstenländern belegen, dass Hafenkooperation inzwischen einen wesentlichen und festen Bestandteil im politischen Forderungskatalog nahezu aller Parteien und Landesregierungen ausmacht, so dass Hafenkooperation analog zum internationalen coopetition Ansatz inzwischen als eine eigenständige Hafen-Entwicklungsstrategie in Deutschland verstanden werden kann. Sie steht allerdings keineswegs allein oder ersetzt gar die bisherige Hafenstrategie der Länder, sondern bildet hierzu eine Ergänzung. Die hauptsächliche Zielsetzung der Länder, ihre jeweiligen Häfen entsprechend deren Stärken und Marktausrichtung weiter zu entwickeln und im Interesse der regionalökonomischen Entwicklung auch neue Chancen und Marktsegmente zu erschließen, bleibt von der Hafenkooperation unberührt. Insoweit überrascht es nicht, dass tatsächliche Gemeinschaftsvorhaben oder länderübergreifende Hafenprojekte bisher die Ausnahme bilden.

Bei einer kritischen Würdigung der bisherigen Aktivitäten ist festzustellen, dass sich diese bislang vor allem auf den fachlichen Austausch auf den Ebenen der Verwaltungen, der Unternehmen und der Politik stützen. Inhaltlich kommt den Hinterlandanbindungen der Häfen die wichtigste Rolle zu, denn in den gemeinsamen Erwartungen an den Bund bestehen abgesehen von regionalspezifischen Besonderheiten die mit Abstand größten Gemeinsamkeiten zwischen den Ländern. Die größte Sichtbarkeit der Hafenkooperation besteht bisher im Bereich des Hafenmarketings, denn in diesem Feld lässt sich mit einem relativ geringen Ressourceneinsatz und ohne allzu ernsthafte Verpflichtungen eine verhältnismäßig große Wirkung erzielen.

Festzustellen ist aber auch, dass der Prozess der Annäherung der Küstenländer in Hafen- und Hinterlandverkehrsfragen noch immer am Anfang steht und langfristig orientiert ist, weshalb mögliche Erwartungen im Hinblick auf gemeinsame Entwicklungsplanungen bzw. gegebenenfalls auf den Verzicht eigener Vorhaben der Länder zugunsten eines anderen Landes zumindest kurzfristig nicht realistisch erscheinen. Hafenkooperation ist dabei aber kein vorübergehendes Phänomen, sondern als Schwerpunktthema der aktuellen und zukünftigen Hafenpolitik wegweisend für die kommenden Jahrzehnte.

Autor: Iven Krämer

Referat Hafenwirtschaft und -infrastruktur, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Bremen

iven.kraemer@wuh.bremen.de


Iven Krämer