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Maßnahmen in einen Ship Energy Efficiency Management Plan (SEEMP) zu schreiben, ist einfach. Sie tatsächlich umzusetzen, ist es nicht. Dies zeigt die neue Energy-Management-Studie von DNV GL‘s Shipping Advisory.
Mit steigenden regulatorischen Anforderungen und dem Druck der Chartermärkte steht Energieeffizienz auf der Agenda beinahe aller Reedereien ganz oben. Die[ds_preview] tägliche Praxis zeigt jedoch, dass das Thema auf sehr unterschiedliche Weise mit sehr unterschiedlicher Intensität angegangen wird. Ziel der neuen Studie »Energy Efficient Operation – what really matters« war es daher herauszufinden, was erfolgreiche Reedereien anders machen. Was hat gut funktioniert? Was waren die Stolpersteine? Was sind die Erfolgsfaktoren? Was sind die Pläne? Kurz gesagt: Was macht den Unterschied?

Einblick in die Industrie: In der Studie wurden webbasiert 35 Fragen zu allen wesentlichen Aspekten von Energieeffizienz, Brennstoffpreisentwicklungen und Emission Control Areas (ECAs) gestellt. 80 Reedereien, darunter Schiffsmanager, Eigner und Linienbetreiber aus 24 Ländern haben teilgenommen, alle größeren Schiffssegmente sind repräsentiert: Container, Tanker und Bulker durch jeweils mehr als 30 Reedereien, Offshore, Mehrzweckfrachter und Kreuzfahrtschiffe durch jeweils etwa zehn Teilnehmer. Aus anderen Segmenten sind einzelne Antworten eingeflossen. Mehr als drei Viertel aller Teilnehmer sehen Energieeinsparungen als ein wesentliches Thema auf der Agenda ihres Unternehmens. Dabei nennen mehr als 80% den direkten Effekt auf Kosten und Profitabilität als Hauptgrund, und das selbst bei aktuell niedrigen Brennstoffpreisen. Die verbesserte Positionierung der Schiffe am Markt, eine höhere Auslastung und das positive Image eines geringen »Carbon Footprint« sind weitere Gründe.

Mehr Wettbewerbsfähigkeit

Niedrige Ambitionen: Obwohl Energieeffizienz hoch auf der Agenda vieler Reedereien steht, haben sich viele bisher keine ambitionierten Ziele gesetzt. Zwar ist der Anteil der Reedereien ohne quantifiziertes Einsparziel von 44% im Jahr 2013 auf 28% im Jahr 2015 zurückgegangen. Doch knapp ein Drittel ist immer noch ein erschreckend hoher Anteil. Ein weiteres Drittel bleibt unter 5% Einsparungsziel, und lediglich das dritte Drittel hat sich ein Ziel von 5% oder mehr gesetzt. Das durchschnittliche Einsparziel liegt bei 2,8%. Eine interessante Beobachtung mit Blick auf die qualitativen Ziele: 53% der Teilnehmer wollen 2015 ein Performance-Management einführen oder stärken, 33% wollen durch vermehrte Information und Training ihre Teams an Bord und an Land dazu bringen, bewusst ihr Verhalten hin zu mehr Energieeffizienz zu ändern.

Gängige Maßnahmen

Bisher hat die Industrie auf bekannte Maßnahmen mit geringem Investitionsbedarf gesetzt. Neun Maßnahmen wurden von mehr als der Hälfte der teilnehmenden Reedereien adressiert (und teilweise umgesetzt). Die meisten von ihnen betreffen den Schiffsbetrieb oder das Schiffsmanagement; lediglich eine ist technisch. »Performance monitoring and reporting« ist die am häufigsten genannte unterstützende Maßnahme.

Interessant ist der Blick auf »Awareness and/or incentives«. In diesem Bereich wollen 28% der befragten Unternehmen 2015 etwas tun, womit diese unterstützende Maßnahme vom 15. Rang 2014 auf den ersten Rang in diesem Jahr klettert. Das kann als erstes klares Zeichen gedeutet werden, dass die Reedereien Probleme in der Umsetzung der Maßnahmen erkannt haben und nun angehen. Die bei weitem größten Beiträge zu Energieeinsparungen kamen 2014 aus Slow Steaming, der häufigeren Reinigung von Rumpf und Propeller sowie der Optimierung der Reiseplanung.

Unklare Verantwortlichkeiten

Energieeffizienz ist bisher vielfach nicht wirkungsvoll in der Organisation der Reedereien verankert. Nicht einmal ein Drittel aller Reedereien hat einen nur auf dieses Thema fokussierten Energy Manager oder gar ein Team. Die meisten Reedereien haben die Verantwortung noch jedem Kapitän, Chief Engineer oder Inspektor umgehängt. In der Praxis bedeutet das, dass das Thema neben den anderen täglichen Aufgaben häufig hinten über fällt.

Ein wirklungsvolles Performance-Management hat sich als wichtigste der unterstützenden Maßnahmen herausgestellt. Das beinhaltet eine fortlaufende Transparenz über den Brennstoffverbrauch und seine wesentlichen Einflussgrößen ebenso wie die Fähigkeit, Hindernisse auf dem Weg zur Realisierung der gesteckten Ziele früh zu erkennen und aktiv Maßnahmen zu ergreifen. »Verlässliche Datenerhebung, Datenüberwachung und -analyse sind Voraussetzungen, um die eigenen Schiffe zu benchmarken und die selbst gesteckten Ziele zu erreichen«, sagt einer der Studienteilnehmer.

Dennoch erfolgt in einer Vielzahl von Reedereien die Datenerfassung noch gänzlich oder teilweise manuell – und die Methoden der Datenaufbereitung unterscheiden sich sehr. Regelmäßige Berichte sind bisher meist noch eher manuell denn automatisch generiert, wenn überhaupt. Die erfolgreichen Reedereien setzen auf eine Kombination aus einem IT-basierten Performance-Management-System mit einer Performance-Management-Kultur im Büro und auf den Schiffen.

Menschen machen Unterschied

Neben der Begrenztheit finanzieller Ressourcen und dem Fehlen von Zeit werden das Fehlen von Kompetenzen und Widerstand gegen Veränderungen als größte Hürden genannt. Die Teilnehmer der Studie fordern, dass das Bewusstsein von Crews und landseitigem Personal für Energieeffizienz ebenso gestärkt werden muss wie deren Fähigkeiten zur Umsetzung. »Alle in den täglichen Schiffsbetrieb involvierten Personen sollten Bewusstsein und Willen entwickeln, energiesparende Maßnahmen zu ergreifen – vom Öler im Maschinenraum bis hin zum Geschäftsführer in der Unternehmenszentrale«, sagt einer der Teilnehmer. Im Jahr 2015 will immerhin ein Drittel der Reedereien durch Stärkung von Bewusstsein und Fähigkeiten der Mitarbeiter an Land und an Bord Verhaltensänderungen auslösen.

Der Blick auf die Zielerreichung zeigt ein gemischtes Bild: Zwar hat knapp ein Drittel der Reedereien die für 2014 gesteckten Ziele weitgehend erreicht, doch ein Viertel hat die Ziele weitestgehend verfehlt, während knapp die Hälfte der Teilnehmer bei 25% bis 75% Zielerreichung landet. Wie beinahe zu erwarten, spiegelt der Grad der Zielerreichung in gutem Maße die Umsetzung der vorgenannten Erfolgsfaktoren wider.

Eine hohe Zielerreichung korreliert insbesondere mit der organisatorischen Verankerung von Energieeffizienz (Energy Manager, Verankerung von Energieeffizienz in allen Rollen), mit Aktivitäten im Bereich Bewusstsein/Fähigkeiten/Verhalten (Information, Training, Anerkennung, Anreize) sowie mit dem Vorhandensein eines Performance-Management-Systems (Kultur und IT).

Zeit gekauft

Die sich verschärfenden Anforderungen in Emission Control Areas (ECA) stellen Reedereien vor eine Entscheidung: Sollen sie sich für schwefelarme Brennstoffe wie MGO, MDO oder LSHFO entscheiden, Scrubber auf ihren Schiffen installieren oder Alternativen wie LNG nutzen? Die Studie zeigt, dass derzeit die meisten Reedereien (91%) schwefelarme Brennstoffe nutzen. Es scheint, als hätten sie sich Zeit für eine spätere Investitionsentscheidung gekauft. Lediglich 6% der Teilnehmer haben bisher Scrubber installiert, die Umrüstungen auf LNG stehen bisher aus. Anders sieht der Blick in die Zukunft aus: 25% der Teilnehmer geben an, künftig Scrubber installieren zu wollen, 24% zielen auf den Einsatz alternativer Brennstoffe wie LNG.

Autor:

Dr. Jan-Henrik Hübner

Global Head of Shipping Advisory

DNV GL Maritime

Jan-Henrik.Huebner@dnvgl.com


Dr. Jan-Henrik Hübner