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Der Schiffbau ist von Einzelanfertigungen und Kleinserien geprägt, das zieht sich bis in die Materialbeschaffung. Das Stahl­handelsunternehmen Klöckner & Co[ds_preview] arbeitet mit seinen Kunden daher an einer Optimierung der Abläufe. Mit 220 Standorten weltweit sind die Duisburger nach eigener Aussage einer der größten »key supplier« für Werften und Autobauer. Wichtiger Klöckner-Kunde ist die Meyer Werft, deren aktuelles Auftragsvolumen von 5Mrd. € laut Ralf Sempf, Leiter Einkauf und Materialwirtschaft, etwa 300.000t Stahl entspricht. Für den effizienten Betrieb müsse deshalb das Material in der richtigen Menge und Qualität zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein – nicht im Lager, sondern am Einbauort.

Die mit Porsche Consulting aufgebaute Fließfertigung zeige, dass Schiffbau durchaus wie die Autoindustrie funktionieren könne. Dazu müsse aber die Stahlkette komplett »durchgetaktet« sein, sagt Sempf, was eine hundertprozentige Materialverfügbarkeit verlange. So hat die Werft mit Klöckner ein Konsignationslager für Bleche und Profile eingerichtet. Klöckner garantiert die Verfügbarkeit und übernimmt Einkauf und Disposition, ein Mitarbeiter sitzt bei Meyer in der Planung. Bezahlt wird jeweils nur das im Vormonat aus dem Lager entnommene Material. Gemeinsam haben die beiden Firmen auch in eine Strahl-, Richt- und Primeranlage investiert. So ist eine »Just-in-time«-Produktion ohne Lager möglich.

Der Schiffbauer Lürssen arbeitet ebenfalls an der Optimierung seiner Prozesse. Laut Uwe Kessen, Leiter zentrale Planung, ist die Herausforderung, industrielle Prozesse mit dem im Yachtbau wichtigen Manufakturcharakter zu vereinen. Für die Yachten verbraucht Lürssen ca. 5.000t Stahl im Jahr, im Marineschiffbau ein Vielfaches. Zunächst optimierte man die Vor- und Sektionsfertigung, die Vorausrüstung und die Rohrfertigung, danach Einkauf und Planung. Allein die bedarfsgerechte Anlieferung von Blechen habe die Durchlaufzeiten um 38% verringert. Früher blockierten die auf einen Haufen in der Halle abgeladenen Bleche den Betrieb. Heute kommen sie vom Lkw direkt auf die Brennmaschine.

Prof. Günther Schuh, einer der Leiter des Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen und des Fraunhofer IPT, fordert die Schiffbauer auf, noch einen Schritt weiter zu gehen. Er hat mit dem Autobauer VW den sogenannten Standardbaukasten entwickelt und sieht Potenziale für Modularisierung in jeder Industrie. »Es gibt heute keine Branche mehr, die ohne Kommunalitätsbasis auskommt«, sagt er, und meint damit den kleinsten gemeinsamen Nenner, den z. B. verschiedene Fahrzeugmodelle eines Herstellers haben. Man solle sich immer fragen, ob ein Unterschied einen spürbaren Nutzen bringe oder nur unnötige Komplexität. »Wenn wir zu viel Grips in Unikate investieren, geht die Innovationsleistung verloren«, sagt Schuh. Das treibende Element der Produktentwicklung müsse das modularisierte Bauteil sein. Dieses eine »konstituierende Merkmal« zu finden sei der Anfang, die Baukastenlogik erstrecke sich aber auch auf Prozessstandards und die Abstimmung von »Produkt- und Prozessbaukästen«. Daran müssten sich auch die Zulieferer anpassen. Am Beispiel Auto zeige sich, dass viele Änderungen für die Hersteller integral, für die Kunden aber völlig egal seien.
Felix Selzer