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Das polnische Containerterminal DCT Gdansk entwickelt sich mehr und mehr zu einem Erfolgsprojekt. Für die Zukunft sieht man sich gut gerüstet und fordert die arrivierten Kräfte an der Nordrange heraus

Schon als sich vor einigen Jahren abzeichnete, dass Schiffe und damit einhergehend die Herausforderungen für die Häfen immer größer werden[ds_preview], diskutierten Experten über die künftige Ausgestaltung der Ostseeverkehre. Besprochen wurde auch die Rolle der Häfen in der Region – etwa Gdansk in Polen – als nicht zu vernachlässigende Konkurrenten für die bestehenden Hubs wie Rotterdam oder Hamburg. Mittlerweile zeigt sich: Die »Rahmenbedingungen« spielen dem polnischen Hafen und seinen australischen Mehrheitseignern der Macquarie Group of Companies tatsächlich in die Karten. Auch wenn im ersten Halbjahr ein deftiges Minus im Umschlag verkraftet werden musste, entwickelt sich DCT Gdansk – bei der Inbetriebnahme 2007 ursprünglich nur für Feederdienste vorgesehen – kontinuierlich weiter.

Das Minus ist vor allem eine Folge der wirtschaftspolitischen Sanktionen gegen Russland. Der Tiefwasserstandort profitiert dessen ungeachtet davon, mit den großen Allianzen »2M« der beiden Marktführer Maersk und MSC sowie »G6« zwei wichtige Gruppen von Kunden zu haben. Darüber hinaus wurden kürzlich Kooperationen mit UASC und Hamburg Süd gestartet.

Daher blickt man am DCT zuversichtlich in die Zukunft. »Von Januar bis Juni wurden bei uns 600.000TEU umgeschlagen, was zwar einem Rückgang um 19% entspricht. Dies ist vor allem auf ein rückläufiges Transshipment-Geschäft mit Russland zurückzuführen«, erläutert CEO Maciek Kwiatkowski. Im August habe sich die Situation allerdings bereits wieder verbessert, die »G6«-Allianz bediene den DCT mittlerweile mit einem zweiten Direktanlauf im Fernost-Europa-Verkehr. »Am Ende erwarten wir für 2015 ein ähnliches Ergebnis wie im Vorjahr«, so Kwiatkowski weiter. 2014 waren 1,19Mio. TEU über die Kaikanten gegangen. Zum Vergleich beziehungsweise zur Veranschaulichung der Entwicklung: 2011 waren es noch 897.000TEU, 2008 lediglich 106.000TEU.

Wie auch der schwedische Hafen Göteborg, der durch die »G6«-Dienstanpassung ebenfalls zusätzliche Ladungen generiert, gehört Gdansk zu den Standorten, die heute vermehrt mit Großcontainerschiffen direkt angelaufen werden. Bereits seit 2013 legen dort Einheiten der Triple-E-Klasse von Maersk an. Drei Jahre zuvor hatte das rasante Wachstum mit Anläufen von 8.000-TEU-Schiffen des Weltmarktführers begonnen.

Der Umschlagplatz hat sich zu einem wichtigen Hafen für Mittel- und Osteuropa sowie Russland entwickelt. Neben polnischen Im- und Export-Gütern werden hier Transshipment-Ladungen für Kaliningrad, Tallinn, Klaipeda, St. Petersburg, Riga und Ust-Luga sowie Waren für die Inlandmärkte Weißrussland, Ukraine, Tschechien und Slowakei abgefertigt – Märkte, die unter anderem beispielsweise auch für den Hamburger Hafen wichtig sind.

»Die Kombination von Skaleneffekten bei ULCS mit mehr als 18.000TEU Kapazität und der geografischen Lage des DCT, sehr nahe an den Zielmärkten, macht uns zu einem bedeutenden Akteur in der Region«, betont der CEO. Zusätzliche Vorteile erwartet Kwiatkowski durch das aktuelle Ausbauprogramm. Nach dem für 2016 geplanten Abschluss der Arbeiten steht die Anlage für Frachter mit mehr als 18.000TEU zur Verfügung – inklusive einer 650m langen Kaje erhöht sich die jährliche Umschlagkapazität am DCT auf bis zu 3Mio. TEU. Zu den bereits bestehenden sechs STS- und 17 RTG-Kranen werden fünf beziehungsweise 18 weitere hinzukommen. Die Ausleger der Containerbrücken sind für 25 Reihen konzipiert.

Die Entwicklung der Marktanteile in Nordeuropa ist im Detail schwer vorherzusehen. Viele Experten erwarten eine weitere Verlagerung von der Nordrange in die Ostsee. Der Branchendienst Drewry bescheinigt dem polnischen Hafen das Potenzial, Standorten in Deutschland, den Niederlanden und Belgien Transshipment-Ladungen für Zentral- und Osteuropa abnehmen zu können. Der G6-Anlauf sei ein Signal. »Die wirtschaftliche Stärke wird durch die Containertransporte belegt. Während der Asien-Europa-Verkehr schwächelt, sticht Polen positiv heraus«, heißt es von den Experten.

Nach einer Einschätzung des Bremer Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) betrifft die Verlagerung in die Ostsee im Falle Hamburgs zum allergrößten Teil das Transshipment-Geschäft. In einer Studie kommen die Analysten zu dem Schluss, dass sie zusätzlich zum normalen Marktwachstum bis 2030 weitere 1,2Mio. Standardcontainer umfassen könnte. Davon dürfte wiederum auch Gdansk profitieren
Michael Meyer