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Zu den brennenden Themen für Seekaskoversicherer und Bergungsspezialisten zählen zunehmende Eingriffe seitens staatlicher Behörden bei Havarien in territorialen Gewässern. Häufig[ds_preview] tragen die Interventionen nicht zum Gelingen der Operationen bei, sondern führen zu größeren Problemen, zusätzlichen Kosten oder gar dem Totalverlust des Havaristen.

Auch deutsche Versicherer und Schiffseigner bekommen das am eigenen Leibe zu spüren, wie Kapitän Ralf Bussing, Geschäftsführer des Vereins Hanseatischer Transportversicherer (VHT), vor den IUMI-Delegierten in Berlin ausführte. Bussing veranschaulichte die Konsequenzen an mehreren Beispielen aus der VHT-Schadensbearbeitung.

Als der Mehrzweckfrachter »Thor Commander« zu Jahresanfang in der Nähe des Great Barrier Reef vor Australien einen Maschinenausfall erlitt, musste das Schiff auf Drängen der australischen Schiffssicherheitsbehörde (AMSA) kurzzeitig Schleppassistenz von einem in der Nähe befindlichen chinesischen Bulker (»Xinfa Hei«) in Anspruch nehmen. Die Behörde erteilte den Auftrag dazu – und dass obwohl ein kommerzieller Bergungsschlepper schon kontrahiert und auf dem Weg gewesen sei, so der VHT-Chef.

Folge: Zusätzlich zu den Schlepperkosten sehe sich die Havarie-Grosse-Gemeinschaft (Schiff + Ladung) mit einem beträchtlichen Bergungslohnanspruch des chinesischen Bulker-Eigentümers konfrontiert. Die Reederei der »Xinfa Hei« werde ihrem Kapitän »gratuliert« haben, spöttelte Bussing.

In einem Totalverlust endete gar die Strandung/Grundberührung des im VHT-Markt versicherten Bulkers »Kiani Satu« im Jahr 2013 in Südafrika. Nach erfolgreichem Refloating wurde dem Schiff die Einfahrt in einen Nothafen verweigert. Der Frachter musste auf See hinaus geschleppt werden, wo er nach vier Tagen Sturm schließlich in 1.000 m Tiefe sank.

Vergleichsweise glimpflich für Besatzung und Schiff ging ein Vorfall aus, der wohl rein unter Behördenwillkür fällt und in zwei erklecklichen Bergungslohnansprüchen mündete. Eigentlich eine Lappalie: Ein Bulk Carrier liegt nach Maschinenproblemen sicher vor der Küste Algeriens vor Anker, ein Schlepper ist angefordert, und bei gutem Wetter ahnt niemand etwas Böses. Auf einmal tauchen mehrere Helikopter vor dem Schiff auf, und Kräfte der Küstenwache seilen sich ab und übernehmen das Kommando. Sie schleppen das Schiff, über dessen Identität Bussing mit Blick auf das laufende Verfahren keine Auskunft geben wollte, auf eigene Faust in den Hafen und servieren dem Reeder dann eine Bergungsrechung in Höhe des Marktwerts des Schiffs. »Solche Vorfälle grenzen meiner Meinung nach an staatlich geförderter Piraterie«, so Bussing.