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Indonesien, das Land der 17.508 Inseln mit 270 Mio. Einwohnern und einer weiter wachsenden Bevölkerung. Das erfordert entsprechende Infrastruktureinrichtungen. Dabei steht der maritime Sektor an erster Stelle
Die Umsetzung gestaltet sich jedoch zäh und schwierig. Der im Oktober 2014 angetretene Präsident Joko Widodo kündigte nach seinem Wahlsieg[ds_preview] ein ehrgeiziges Wirtschafts- und Modernisierungsprogramm an. Dies stockt allerdings. Es wird heftig kritisiert, dass von seinen angekündigten Investitionen im Land und von der Wirtschaftserholung noch wenig zu spüren sei.

Insbesondere ausländische Gesellschaften klagen über die sich ständig ändernden gesetzlichen Bestimmungen und einen zunehmenden Protektionismus. Ein neues Halal-Gesetz fällt beispielsweise strenger aus als in vielen arabischen Ländern. Auch soll bereits im Laufe des Jahres 2015 jeglicher Zahlungsverkehr innerhalb Indonesiens nur noch in Rupiah (Rp) durchgeführt werden. Darüber hinaus versuchen die Behörden, die Anzahl der im Land arbeitenden ausländischen Fachleute zu beschränken. Dies trifft gerade ausländische Mittelständler, die mit eigenem Personal Niederlassungen in Indonesien aufbauen möchten, bevor sie expandieren. Die dringende Modernisierung erfordert jedoch ausländische Technologie und Know-how.

Hafenausbau

Mit seinen Tausenden Inseln erstreckt sich der südostasiatische Archipel Indonesiens über 5.000km. Auch durch seine Lage in unmittelbarer Nähe zu einigen der meistfrequentierten Seestraßen der Welt hat Indonesien ein immenses Potenzial im Bereich Seetransport. Bis zum Jahre 2019 sollen 24 neue größere Seehäfen entstehen. Der Medium-Term Development Plan 2015 bis 2019 beinhaltet für den Seeverkehr Investitionen von mehr als 29Mrd. $.

Die Häfen sind ungenügend ausgebaut und die Hinterlandanbindung liegt im Argen. Sogar in der Hauptstadt Jakarta können lediglich Containerschiffe mit einer Kapazität von 6.000TEU abgefertigt werden. Neue Terminals sind im Bau, können jedoch den Bedarf noch nicht decken. Die groß angekündigte »Maritime Autobahn« hat noch wenig Fahrt aufgenommen. Insgesamt sollen bis 2025 laut Masterplan 90 Häfen neu- und ausgebaut beziehungsweise modernisiert werden. Hinzu kommt noch der vom National Development Planning Council federführend betreute Ausbau des Maloy-Hafens in Ostkalimantan. Die Gelder sollen hauptsächlich von privaten Kapitalgebern im Rahmen einer Public Private Partnership (PPP) aufgebracht werden.

Im Vorfeld sind umfassende Planungsarbeiten notwendig, um die Projekte zum Erfolg zu führen. Die Weltbank legte vor Kurzem eine Ausschreibung für Due-Diligence-Prüfungen vor, um die sich Hafenentwickler und Hafen-Ingenieure bewerben können. Dabei geht es um Investitionsprojekte für 15 Häfen. Die Auslegungen und Planungen zum Bau sollen untersucht werden. Zu beachten sind die Charakteristik von Gezeiten, Wellengang, Sedimentation, erforderliche Nassbaggerarbeiten, Küsten- und Fluss-Morphologie, Kaianlagenkonstruktion sowie Belagoptionen für das Hafengelände. Zudem schreibt die Weltbank Dienstleistungen zur Sicherung der Finanzierung dieser Projekte und auch zur Projektplanung sowie für Konzepte für den Hafenbetrieb aus.

Chancen für den Schiffbau

Die asiatischen Großwerften zahlen jetzt die Zeche für den Ausbauwettlauf der vergangenen Jahre vor der schweren Schifffahrtskrise. Doch als Folge des zügigen Ausbaus der Hafeninfrastruktur sehen die Schiffbauindustrie und Unternehmen der maritimen Technik in Indonesien Chancen für Wachstum und neue Geschäfte. Der Umsatz der Werften wuchs 2013 trotz einer Flaute im Transportsektor um 10%. Im Zeitraum von 2005 bis 2013 verdoppelte sich die Zahl der Schiffe auf knapp 13.000, während sich die Gesamttonnage von knapp 6Mio. auf über 18Mio. BRZ verdreifachte.

In Zukunft verfolgt die Regierung das Ziel, die Kapazitäten der landesweit rund 200 Werften weiter zu erhöhen. Sie sind in der Regel in der Lage, Schiffe mit einer maximalen Tonnage von 50.000BRZ zu bauen und liegen momentan bei einer jährlich produzierten Bruttotragfähigkeit von etwa 800.000. Durch finanzielle Unterstützung und steuerliche Erleichterungen sollen Kooperationen mit erfahrenen ausländischen Vertretern des Schiffbaus gefördert werden. Mit ihrer Unterstützung soll das Ziel der Regierung erreicht werden, bis zum Jahr 2025 lokal Schiffe mit einer Tragfähigkeit von 200.000t produzieren zu können. Neben Frachtern werden auch zunehmend Schiffe für den maritimen Bergbau nachgefragt. Neue Tiefseeprojekte im asiatischen Raum verlangen verstärkt nach Fahrzeugen, die auch in großen Wassertiefen operieren können.

Kooperation mit Deutschland

Einige deutsche Organisationen und Forschungseinrichtungen unterhalten seit Jahren intensive Kooperationen mit indonesischen Partnern. Mitarbeiter des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HTG) arbeiten in verschiedenen Projekten in Indonesien, darunter dem Tsunami-Warnsystem sowie Untersuchung der Wasserqualität des Brantas-Flusses nahe der Stadt Malang. Im Juni besuchte eine Delegation des indonesischen Außenministeriums das Zentrum, um diese Kooperationen im maritimen Sektor zu erweitern.

Indonesien müsse zu allererst die Fähigkeiten im Bereich der maritimen Forschung ausbauen, so Prof. Dr. Wolfgang Kaysser, Wissenschaftlicher Leiter des HTG. Zudem sei eine fundierte maritime Raumplanung von großer Bedeutung. Große Programme würden wenig nutzen, wenn sie nicht realisiert werden könnten.

Die Oiltanking GmbH, der zweitgrößte unabhängige Betreiber von Tanklagern für Mineralölprodukte, Chemikalien und Gase weltweit, investiert in Tanklager in der Freihandelszone Karimun. Diese Investitionsentscheidung beruhe auf der guten strategischen Lage in der Straße von Malakka, einer der Hauptseehandelsrouten weltweit, so Willem van Velzen, Director East of Suez & Africa.

Internationale Kooperationen

Zu den Niederlanden hat Indonesien noch aus Kolonialzeiten lange und gewachsene Beziehungen. Diese wirken sich auch in einer intensiven wirtschaftlichen Zusammenarbeit aus. Der Hafen Rotterdam schloss dieses Jahr einen Kooperationsvertrag mit dem staatlichen Hafenbetrieb Pelindo I in Medan über die Entwicklung des neuen Tiefwasserhafens Kuala Tanjung. Zunächst wird eine gemeinsame Projektorganisation eingerichtet, welche eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Daraus soll ein Joint Venture zur weiteren Planung und Bau des Hafens entstehen.

Doch die stärksten Wettbewerber dürften aus Südkorea, Japan und vor allem aus China kommen. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang betonte, die Initiative seines Landes zum Aufbau der neuen maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts entspreche der Entwicklungsstrategie Indonesiens. Chinesische Unternehmen möchten umfassend in Indonesien investieren und Kooperationen im Infrastrukturausbau aufbauen. So wie auch japanische oder südkoreanische Projekte können sie auf günstige Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen und werden staatlich unterstützt. Auch aus Thailand, Malaysia und den anderen ASEAN-Ländern sind verstärkte Anstrengungen zu erwarten, beim Ausbau der maritimen Infrastruktur Geschäfte zu machen. Mit Indonesien bildet die ASEAN zum Jahresende eine Freihandelszone für einen Markt von über 620 Millionen Einwohnern. Im Inselstaat sind künftig sicherlich diverse Geschäfte im maritimen Sektor möglich. Doch neben den angesprochenen Hürden stoßen deutsche Unternehmen dort auch zunehmend auf internationale Konkurrenz.

Bessere Bedingungen notwendig

Ausländische Investitionen und ausländische Technologie einwerben und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für ausländische Unternehmen verschlechtern – diese Strategie kann kaum aufgehen. Indonesiens Schiffbauindustrie wird wachsen, das Land muss seine Hafeninfrastruktur für die steigende Bevölkerungszahl ausbauen. Doch um dies mit fremden Geld und ausländischer Technik zu leisten, müssen die Geschäftsbedingungen schnell und umfassend verbessert werden. Die wichtige Messe INDOMARINE findet im November 2016 in Jakarta statt. Bis dahin dürften die genaueren Bedingungen für ein Engagement im maritimen Sektor Indonesiens Gestalt annehmen – weitere Erleichterungen sind zu erwarten.


Thomas Kiefer