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Die EU-Kommission hat den Umbau der HSH Nordbank genehmigt. Sie wird erst von Altlasten befreit und später privatisiert. Die finanzielle Last schultern die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Aber auch die Schifffahrt, gerade in Deutschland, muss die Folgen fürchten.
Das Jahr hatte vergleichsweise gut begonnen. Bereits in den ersten sechs Monaten konnte die HSH Nordbank sechs ihrer sogenannten »Nautilus[ds_preview]«-Geschäfte abschließen, darunter das mit der Navios-Gruppe. Das krisenbehaftete Schifffahrts­portfolio konnte somit um weitere 1,1 Mrd. $ reduziert werden. Auch die Halbjahresbilanz fiel mit einem Vorsteuergewinn von 147 Mio. € zufriedenstellend aus. Doch schon damals forderte der HSH-Vorstandschef Constantin von Oesterreich »eine substanzielle Entlastung der Bilanz«. Dieses tritt nun ein.

Mehr als zwei Jahre lang haben die Verhandlungen zwischen der EU und den Ländern beziehungsweise Mehrheitseignern der HSH, Hamburg und Schleswig-Holstein (85 %), um die nötigen Ländergarantien gedauert. Nun endlich ist eine Entscheidung im Beihilfeverfahren gefallen. Die offizielle Genehmigung aller Beteiligten steht noch aus, aber das ist wohl nur Formsache.

In einem ersten Schritt sollen und werden Hamburg und Schleswig-Holstein bis zu 6,2 Mrd. € an Krediten übernehmen und diese in eine eigens zu gründende Zweckgesellschaft auslagern. Weitere Assets im Wert von 2 Mrd. € darf die Bank direkt in den Markt frei verkaufen. Damit ist die Gesamtsumme bei Weitem nicht so groß wie von der HSH ursprünglich erhofft. Denn insgesamt hat die Bank sogar bis zu 15 Mrd. € an »faulen« Krediten in den Büchern, vornehmlich im Schifffahrts-Portfolio.

Zudem ergeben sich aus diesen Verkäufen absehbar erhebliche Verluste für die Anteilseigner, weil die Kredite in der Bilanz weitaus höher bewertet sind, als dafür beim Verkauf derzeit zu erzielen ist. Die Länder dürfen jedoch nur zu aktuelle Marktpreisen verkaufen, weil alles andere aus Sicht der EU einer Subvention gleich käme. Die Verluste fallen somit automatisch unter den 10-Milliarden-Risikoschirm der Länder – und dürften sich folglich zum Kaufpreis addieren.

»Eine Abwicklung der HSH wäre für die Länder noch teurer geworden und würde viele zusätzliche, unwägbare Risiken bedeuten«, hatte Hamburgs SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher bereits im Vorfeld erklärt. Heißt: Besser die HSH am Leben erhalten als komplett abwickeln. Das Aus als Landesbank scheint jedoch besiegelt.

Konkret wurde vereinbart: Die HSH Nordbank wird in eine Holding-Gesellschaft und eine operative Tochtergesellschaft aufgespalten, letztere soll das laufende Geschäfte der Bank weiterführen – muss allerdings nach dem Willen der EU bis 2018 verkauft werden, durchaus auch an andere Landesbanken, wie verlautete.

Die beiden Länder dürfen danach für weitere vier Jahre maximal noch 25 % der Anteile halten. Gelingt der ausgehandelte Plan nicht, müsse die HSH alle Neugeschäftsaktivitäten einstellen und »ihre Vermögenswerte dann in einer Weise verwalten, die nur noch ihrer Abwicklung dient«, ließ EU-Kommissarin Margrethe Vestager aus Brüssel verlauten.

Bei der HSH selbst herrscht zunächst Erleichterung: Das Ausmaß der ausfallgefährdeten Kredite (non-performing loans) werde durch die Auslagerung um mehr als die Hälfte sinken, ließ sich Finanzvorstand Stefan Ermisch zitieren. Auch die Gebühren, die das Institut für die Länder-Garantie zahlt, reduziere sich dann deutlich von heute 400 Mio. € im Jahr auf nur noch etwa 100 Mio. € per annum. Das dürfte eine bessere Einstufung bei Ratingagenturen und damit günstigere Refinanzierungsbedingungen zur Folge haben. Von dieser Fußfessel befreit sieht sich das Geldinstitut jetzt wieder handlungsfähig. »Die Bank wird ihre Leistungsfähigkeit befreit von wesentlichen Altlasten besser entfalten können«, sagt der HSH-Vorstandschef von Oesterreich.

Allerdings enthält die Rechnung noch mehrere Unbekannte, vor allem die Höhe des Verkaufserlöses: Endgültig abgerechnet wird erst nach dem geforderten Verkauf der Tochtergesellschaft. Sorge herrscht zudem bei den vielen Kunden der HSH, die in Boomzeiten nahezu jede Schiffsfinanzierung großzügig genehmigt haben soll. Zum einen besteht die Angst, dass unter dem neuen Szenario bestehende Kredite ultimativ fällig gestellt werden könnten –was für manchen Reeder den Genickbruch bedeuten könnte.

Zum anderen würde der radikale Verkauf eines 2-Mrd.-Portfolios zu Niedrigpreisen nicht nur die betroffenen Reedereien schwer treffen, sondern hätte auch globale Auswirkungen auf die Schifffahrt, weil zusätzlich zum längst bestehenden Überangebot weitere Billig-Tonnage auf den Mark geworfen würde, die das Charterraten-Niveau weiter drücken könnte. »Das wäre für uns eine Katastrophe«, lautet der Kommentar eines deutschen Trampreeders.
Krischan Förster