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Trotz Ratenkrise und Tonnage-Überangebot setzt die Reederei Krey auf Mehrzweck-Neubauten. Die Leeraner sind überzeugt, dass modernere Schiffe nötig sind und Charterer finden.
Herzstück des künftigen Marktauftritts soll der »Eco-Trader« mit 12.500tdw werden, von dem zwei Einheiten derzeit in China gebaut werden[ds_preview]. Dabei handelt es sich um ein eigenes, mit der ebenfalls in Leer ansässigen Reederei Briese entwickeltes Schiffsdesign, dass auf Basis des in der Branche weit verbreiteten E/F-Typs konzipiert wurde. Schon dieses Design war vor über zehn Jahren vom Reeder Georg Krey konzipiert worden. Der Unternehmensgründer gilt als ausgewiesener Fachmann für Schiffsdesigns. In der Mehrzweck (MPP)- und Projektschifffahrt erfreute sich das Schiff sehr großer Beliebtheit – vom F- und vom E-Typ gab es eine Vielzahl von Nachbauten. Unter anderem der Bremer Reeder Niels Stolberg übernahm einige Frachter dieses Typs für die mittlerweile insolvente Beluga Shipping. »Mittlerweile ist dieser Typ aber veraltet, das ist der Lauf der Zeit«, sagt Prokurist Daniel Grensemann. Der Bedarf an moderner Tonnage ist für ihn wie für Reederei-Geschäftsführerin Birte Hille das wichtigste Argument gegen die Annahme, dass weitere Neubauten dem Markt schaden, weil der ohnehin noch immer unter Überkapazitäten leidet.

Das MPP-Segment hat wie andere Schifffahrtsbereiche mit einem starken Fracht- und Charterratenverfall zu kämpfen. Zu den Ursachen gehören die mittlerweile »altbekannten« Faktoren: ein entschleunigtes Wirtschaftswachstum in China, sinkende Nachfrage nach Stahlprodukten-Transporten sowie vor allem die Entwicklung des Ölpreises. Der führt zwar auch in diesem Markt zu weit geringeren Bunker- und damit Schiffsbetriebskosten. Auf der anderen Seite ist die Öl- und Gasindustrie mit ihren immensen Investitionen in On- und Offshore-Projekte einer der bedeutendsten Nachfrager nach MPP- und Projektverschiffungen. In den vergangenen Monaten hat sich die Situation noch einmal verschärft, weil weitere Öl- und Gasprojekte auf Eis gelegt oder ganz gestrichen wurden, wie beteiligte Akteure bestätigen.

Laderaum gebe es zwar mehr als ausreichend, sagt Grensemann. In der Reederei Krey ist man dennoch der Meinung, dass der Markt neue, moderne Schiffe braucht und will. Und offensichtlich steht man mit dieser Auffassung nicht alleine da. Schließlich haben auch Briese sowie die junge Hamburger Reederei Auerbach Mitte des Jahres 2013 Frachter nach dem neuen Konzept bestellt.

Hille und Grensemann sind sehr optimistisch, dass die Schiffe auf dem Markt sehr gut zu platzieren sind. Sie wurden konzipiert, nachdem es 2012 einen »großen technischen Sprung« (Grensemann) gab und die Bezeichnung »Eco Ship« zunehmend an Bedeutung gewann. Aktuell denkt man sogar stark darüber nach, eine Option für weitere Neubauten zu ziehen, bestätigt der Prokurist: »Es gibt zwar noch keine nachhaltige Belebung im Markt. Das Neubauprogramm ist dennoch äußerst interessant, vor allem in Bezug auf Emissionen, Effizienz und Ladekapazitäten.«

Anfang oder Mitte 2016 sollen die ersten Neubauten abgeliefert werden. Sie zeichnen sich nach Angaben der Entwickler durch eine Vielzahl von technischen Verbesserungen aus. So soll der Verbrauch um 30% auf 15 bis 16t bei 15kn Geschwindigkeit sinken. Erreicht wird die höhere Effizienz unter anderem durch den Einsatz eines innovativen 2-Takt-Motors von MAN. »Wir waren einer der ersten Besteller der 5-Zylinder-Hauptmaschine vom Typ 5G45 mit ultra-langem Hub«, so der Prokurist. Das sei ein entscheidender Vorteil. »Wir sind mit den erreichten Werten der Zeit voraus.« Auch wurde gemeinsam mit der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA) und der DNV-GL-Tochter Futureship viel Arbeit in eine Verbesserung der Rumpflinien sowie in Ruder und Festpropeller gesteckt.

Im Vergleich zum Vorgängermodell bekommen die Neubauten einen großen sowie einen kleinen statt drei kleiner Laderäume. Dadurch ist er noch stärker für Projektladung statt für kleinere Einheiten optimiert.

So können Charterer einem Problem aus dem Weg gehen, das aus der extrem schwierigen Situation im Bulker-Segment resultiert. Die Branche ist von enormen Tonnage-Überkapazitäten geprägt. Rutscht die Tagesrate etwa für kleine Bulker unter eine bestimmte Marke im vierstelligen Dollar-Bereich – und dort liegt sie bereits seit einiger Zeit – werden die Schiffe immer wieder auch für Stückgut- oder Projektverschiffungen angeboten. Das belastet den MPP-Markt zusätzlich.

Der Innenboden des »Eco-Trader« weist eine maximale Belastbarkeit von 25t/m2 auf, die Decksfläche wurde durch die Installation seitlicher »Cargo Rails« optimiert. Die 76,5m lange und 17,6m breite Ladeluke ermöglicht die Aufnahme extrem großer Windenergie-Rotorflügel unter Deck. Zusätzlich wurde die Kapazität der modernen Kräne auf bis zu 550t kombinierte Hebelast erhöht, wobei kein Stabilitätsponton notwendig ist. Durch die Erhöhung des Deckshauses können auch besonders großformatige Ladungsteile transportiert werden, ohne dass die Sicht der Brückenbesatzung wesentlich beeinträchtigt wird. Neben der wirtschaftlichen wurde auf die ökologische Effizienz großer Wert gelegt. Nach Angaben der künftigen Eigner erfüllt der »Eco-Trader« bereits die ab 2025 geltenden Vorgaben des EEDI (Energy Design Efficiency Index).

Mit Bedacht wurde die Größe der Frachter gewählt. In der Branche gibt es dazu sehr unterschiedliche Strategien. Akteure wie Rickmers oder AAL setzen zum Teil auf große Einheiten mit 30.000tdw, etwa für Liniendienste. Dieser Markt kämpft allerdings ebenso mit einem schwachen Ratenniveau. Ähnlich sieht es dem Vernehmen nach bei P2-Typen mit rund 20.000tdw und bis zu 1.400t Krankapazität aus, wie sie Hansa Heavy Lift betreibt. Auf der anderen Seite weist gerade der Markt kleinerer MPP-Schiffe eine enorm große und veraltete Flotte auf – mit entsprechenden Betriebskosten und hohem Druck auf den Raten.

Bei Krey ist man vom Erfolg größerer Schiffe nicht überzeugt und glaubt nicht daran, dass beispielsweise Liniendienste damit dauerhaft tragbar sind. Grensemann: »Uns war bei der Neubauprojektierung wichtig, MPP-fähig zu sein.«

Für die Leeraner spielt der Zeitpunkt der Bestellung eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Kaufpreis der Schiffe soll bei 18,5Mio. $ gelegen haben. Zum Vergleich: Vor der Krise wurden für derartige Projekte in der Spitze durchaus bis zu 30Mio. $ aufgerufen. »Viele Akteure wollten, konnten aber nicht nachziehen, weil Ihnen durch die Krise das nötige Kapital fehlte«, sagt Grensemann. Bei Krey selbst war es anders. »Wir haben unser Kapital zusammengehalten und den Order-Boom ab 2005 nicht mitgemacht.« So hatte die Reederei keine Schiffe im Bau als die Schifffahrt nach den Höchstständen 2007 und 2008 in eine schwere Krise gezogen wurde. Vor allem Georg Krey lehnte jede Neubauprojektierung zu diesem Zeitpunkt ab. »Wir haben uns durch eine natürliche Entwicklung, also dem Wegfall alter Tonnage, gesundgeschrumpft und sind so relativ gut durch die ersten Krisenjahre gekommen.« Zusätzlich wurden einige Frachter verkauft, bis die Flotte zwischenzeitlich neun und mittlerweile noch sieben Einheiten umfasste. Laut Hille musste in der Krise keine Schiffsgesellschaft Insolvenz anmelden.

Nach einigen Jahren dachte man erstmals wieder über Neubauten nach und bestellte schließlich »antizyklisch«.

Ein gesundes, limitiertes Flottenwachstum ist durchaus erwünscht, jedoch schwierig. Vielmehr legt man den Fokus auf eine Modernisierung, durch Neubauten und altersbedingt ausscheidende Tonnage, aber auch durch Umrüstungen. »Ein Qualitätsmerkmal von kleinen Reedereien ist eben auch die Wartung«, sagt Grensemann. Könne man dies nicht leisten, habe man nichts vorzuweisen. Um den Betrieb der Reederei aufrechterhalten zu können, falls zu viele ältere Schiffe wegfallen, zieht Hille auch die Bereederung von Dritttonnage in Betracht. Die Kompetenz sei dafür im Haus zweifellos vorhanden. Ihrer Einschätzung nach wird es immer schwieriger, sich als Reederei zu erneuern, weil es auch immer schwieriger wird, an frisches Eigenkapital zu kommen.

Vor allem für größere Reedereien ist diesbezüglich eine Kooperation mit einem Finanzinvestor eine attraktive Alternative. Bislang ist die große Welle von Investoren-Einstiegen allerdings ausgeblieben. Zu sehr und zu oft unterscheiden sich Strukturen und Vorstellungen kleinerer Reedereien von den Anforderungen möglicher Kapitalgeber.

Krey finanziert Schiffe vorrangig in KG-Projekten mit »nahestehendem Kapital«, nicht wie in der Vergangenheit üblich mit einer Vielzahl von Kleinstanlegern, sondern mit wenigen Personen. Wichtiges Standbein ist dabei Gründer Georg Krey. Das sei natürlich auch nicht die Zukunft, so Grensemann. Man müsse sich umschauen und hoffen, Investoren zu finden.

Als mögliche Alternative ziehen die Verantwortlichen eine mehr oder weniger enge Kooperation mit anderen Marktakteuren in Betracht. Das gab es bereits in der Vergangenheit. Mit der Reederei Bockstiegel hatte man im Jahr 2000 die EMS ConBulk Befrachtungs GmbH gegründet. Vor einigen Monaten stieg man allerdings aus, wodurch die Reederei Bockstiegel 100% der Anteile übernahm. 50% davon gab sie schließlich an die Bremer Neugründung Zeaborn ab. Prinzipiell seien Zusammenschlüsse jedoch bei allen Akteuren »sehr präsent«, sagt Grensemann, auch, weil vielen kleinen Reedereien von den Banken ob ihrer Größe das Existenzrecht abgesprochen wird. »Wir sehen das anders. Aber wir müssen sehr wohl darüber nachdenken, ob wir mit Partnern zusammengehen oder ein Joint Venture gründen.« Jeder tue dies, weil es nötig sei. Wenn die Situation, wie von einigen Experten beurteilt, nicht mehr wirklich ein Krisenmodus, sondern ein »neues Jetzt« ist, müsse man langfristig betrachtet eine derartige Option ziehen.

Diesen Weg sind bereits einige Akteure gegangen, zuletzt etwa die Hamburger Reederei Peter Döhle und die zur Schöller-Gruppe gehörende AAL Shipping mit Firmenzentrale in Singapur.

Das Krey-Management führt generelle Gespräche mit möglichen Partnern, bestätigt Grensemann. »Wir haben Stärken in der Bereederung, sind aber nicht so stark in der Befrachtung. Daher sprechen wir mit Reedereien, bei denen es eher umgekehrt ist.« Wichtig ist ihm, dass die Identität der Krey Schiffahrt weiter erhalten bleibt. »Wir müssen schlagkräftiger werden, wollen uns aber nicht aufgeben, sondern als Marke im Markt vertreten ­bleiben.«


Michael Meyer