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Die beiden größten deutschen Seehäfen Hamburg und Bremerhaven haben im Jahr 2015 deutlich weniger Container umgeschlagen als im Vorjahr. Die Konkurrenz aus Rotterdam und Antwerpen fertigte indes mehr Boxen ab
Rückgänge der China- und Russlandladung haben sich insbesondere negativ auf die Umschlagbilanz der deutschen Containerhäfen ausgewirkt. Dies bekamen Bremerhaven und[ds_preview] vor allem Hamburg zu spüren, die Jahr 2015 deutlich weniger Container umgeschlagen haben als ein Jahr zuvor. Insbesondere das schwache erste Quartal habe die Zahlen sehr stark belastet, heißt es.

Im Hamburger Hafen gingen insgesamt rund 8,8Mio. TEU über die Kaikanten. Das entspricht einem Rückgang von 9,5% im Vergleich zum Vorjahr. Dafür verantwortlich sei in erster Linie der Rückgang des Warenaustauschs mit den wichtigsten Handelspartnern, so Hafen Hamburg Marketing (HHM). Beispielsweise konnte der Hafen der Elbmetropole in den ersten drei Quartalen 2015 nur mit einem einzigen der zehn wichtigsten Handelspartner einen Zuwachs erzielten, nämlich mit dem in dieser Statistik auf Rang acht geführten Malaysia (+2,6%). Mit den übrigen Partnern wurde teilweise deutlich weniger Handel betrieben als 2014.

Das Geschäft mit China, der nach Anzahl der Container für den Hafen noch immer bedeutendsten Wirtschaftsregion, ist in den ersten drei Quartalen um fast 15% auf nur noch 1,95Mio. TEU eingebrochen. »In den Monaten August und September blieb das sonst einsetzende Mehraufkommen im Container­umschlag durch die Zulieferung für das Weihnachtsgeschäft nahezu aus«, klagt HHM-Vorstand Axel Mattern.

Mit Singapur, mittlerweile zweitwichtigster Handelspartner Hamburgs, ging der Warenaustausch im gleichen Zeitraum um gut 16% zurück. Im Russland-Geschäft, der drittbedeutendsten Handelsregion im Containerverkehr, gab es mit -36% sogar einen noch größeren Einschnitt. Als Hauptgründe nennt der Hafen die unverändert bestehenden Handelssanktionen, den schwachen Rubel und den niedrigen Ölpreis sowie die in Russland fortschreitende wirtschaftliche Rezession.

»Der Rückgang im Containerverkehr mit Russland in der Größenordnung von mehr als einem Drittel trifft uns besonders hart, weil die Großzahl der Russland-Container im Transshipment via Hamburg auf oder von Großcontainerschiffen umgeschlagen werden«, erklärt Mattern.

Dieser zweite Umschlagvorgang je Box und Transportrichtung vom Feeder auf das Großcontainerschiff oder umgekehrt finde nur noch in geringerem Umfang statt. Auch große Mengen der Container aus China werden per Feederschiff via Hamburg in den Ostseeraum transportiert. Deshalb sei der Rückgang des Warenaustauschs mit China für den Hamburger Hafen ebenfalls schmerzlich, ergänzt der HHM-Vorstand.

Beide Faktoren führen somit zu einem Rückgang der Containerverkehre mit den Häfen der Ostseeregion. Da Hamburg unter den Nordrange-Häfen eine relativ hohe Trans­shipment-Quote aufweist, wirkt sich das hier erheblich stärker aus als in den Wettbewerbshäfen.

Einige von ihnen würden diese Zubringerverkehre gezielt angreifen und Mengen aus Hamburg abziehen, weil die Restriktionen auf der Elbe die Ausnutzung der Transportkapazitäten großer Schiffe einschränkten, verdeutlicht Mattern.

Damit Hamburg auch weiterhin die wichtige Logistikfunktion einer Drehscheibe für Transshipmentladung übernehmen könne, sei die noch immer ausstehende Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe von größter Dringlichkeit, unterstreicht der HHM-Vorstand.

Bremerhaven hat im Container­umschlag 2015 ebenfalls Verluste hinnehmen müssen. Diese sind mit -3,6% auf 5,6Mio. TEU zwar nicht so hoch wie in der Elbmetropole, deuten aber auf einen ähnlichen Trend hin. Auch hier belastete die schwache Weltwirtschaft das Ergebnis. Für Bremerhaven ist der Handel mit China jedoch nicht ganz so bedeutend wie für Hamburg, denn die wichtigste Handelsregion für den Hafen an der Weser ist nach wie vor die USA. Strukturelle Veränderungen in der Linienschifffahrt machten sich in Bremerhaven aber ebenfalls negativ bemerkbar. Gleiches gilt für einen Liegeplatz, der aufgrund eines Unfalls in der ersten Jahreshälfte 2015 nur teilweise genutzt werden konnte. »Der Rückgang im Containerumschlag ist bedauerlich, aber kein Beinbruch«, sagt Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner und verweist auf größere Einbrüche in manchen Wettbewerbshäfen sowie auf den weltweit zurückgehenden Containertransport.

Dass der Rückgang in Bremerhaven nicht ganz so drastisch ausgefallen ist, liegt auch an der Betreiberstruktur der Terminals. So ist das North Sea Terminal Bremerhaven (NTB) ein Joint Venture von Maersk Line und Eurogate. Zudem gibt es seit 2004 das MSC Gate Bremerhaven, an dem nach dem Zusammenschluss der beiden Containerlinienreedereien ­Maersk und MSC zu »2M« nunmehr auch ­Maersk-Schiffe abgefertigt werden. Es ist wenig verwunderlich, dass gerade in Zeiten einer Krise Reedereien in erster Linie verstärkt die eigenen Terminals anlaufen. Das zeigt das Beispiel Bremerhaven deutlich. Trotz des Umschlagrückgangs bedeuten die im vergangenen Jahr umgeschlagenen 5,6Mio. Standardcontainer eines der besten Ergebnisse für den Hafen­standort an der Weser.

Der Ende 2012 in Wilhelmshaven in Betrieb gegangene JadeWeserPort scheint indes die schwierige Startphase langsam überwunden zu haben. Im Jahr 2015 wurden am Eurogate Container Terminal Wilhelmshaven (CTW), an dem neben Eurogate die Firma APM Terminals mit 30% beteiligt ist, rund 400.000TEU umgeschlagen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (2014: 67.000TEU) hat sich der Wert fast versechsfacht.

Zuwächse bei der Konkurrenz

Rotterdam und Antwerpen, die beiden Hauptwettbewerber der deutschen Seehäfen, haben 2015 sogar mehr Container umgeschlagen als ein Jahr zuvor. In Rotterdam gingen insgesamt rund 12,4Mio. Standardcontainer über die Kaikanten, rund 1% mehr als im Vorjahr. Dass es nur einen leichten Zuwachs beim Boxenumschlag gab, lag dem Hafenbetrieb Port of Rotterdam zufolge ebenso wie in Hamburg an dem verringerten Warenaustausch mit China und der Verschlechterung der russischen Wirtschaft. Ein weiterer Faktor sei das geringere Wirtschaftswachstum in Schwellenländern wie Brasilien. Zudem arbeiteten die beiden im Jahr 2015 in Betrieb gegangenen großen Containerterminals auf der zweiten Maasvlakte noch nicht mit voller Leistungsstärke. Die Auslastung der Terminals auf der Maasvlakte 1 sei indes hoch und die hier vorhandenen Kapazitäten reichten aufgrund der schwierigen Situation in der Weltwirtschaft derzeit noch aus, so der Hafenbetrieb.

Das – wenn auch geringe – Wachstum im Containerumschlag ist nach Einschätzung der Niederländer auch auf die steigende Zahl an Shortseaverkehren zu den britischen Inseln zurückzuführen, die, wie es heißt, von einer starken Wirtschaft Großbritanniens profitieren würden. Rotterdam will in Zukunft die Transshipmentverkehre weiter intensivieren, ein Segment, das lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle im größten europäischen Seehafen gespielt hat. Ferner werben die Niederländer bei den Linienreedereien für Doppelanläufe.

Die Großcontainerschiffe sollen demnach, von Asien kommend, zunächst in Rotterdam festmachen und einen Großteil der Ware dort löschen. Nachdem sie mit der Restladung in die übrigen Häfen der Nord­range gefahren sind, sollen sie vor der Rückkehr nach Asien erneut den niederländischen Hafen anlaufen, um hauptsächlich Container für Fernost an Bord zu nehmen, so das Bestreben der Rotterdamer. Das Werben scheint bereits Erfolg zu haben, denn erste Reedereien praktizieren die Doppelanläufe schon.

Probleme mit zu seichtem Fahrwasser gibt es in Rotterdam ebenfalls nicht, denn Containerschiffe können tidenunabhängig ein- und auslaufen. Ähnlich wie in Bremerhaven betreibt Maersk über die Tochter APM Terminals auch in Rotterdam eigene Umschlaganlagen, darunter das im April 2015 eröffnete Terminal auf der zweiten Maasvlakte.

Prozentual gesehen konnte der Antwerpener Hafen im Containerumschlag von den Häfen der Nordrange am stärksten zulegen. Der Umschlag steigerte sich um etwa 7% auf rund 9,6Mio. TEU (2014: 9,0 Mio. TEU). Auf nahezu allen Handelsrouten konnte Antwerpen nach eigenen Angaben Marktanteile gewinnen. Selbst im Asien-Geschäft, das in vielen Wettbewerbshäfen die guten Vorjahre nicht bestätigen konnte, seien in den ersten neun Monaten 2015 6,2% mehr Container umgeschlagen worden als ein Jahr zuvor.

Auch in Belgiens größtem Seehafen gewinnen Transshipmentverkehre an Bedeutung. So berichtete Port of Antwerp jüngst von einem seit Oktober neu gestarteten Feederservice zwischen Antwerpen und den Häfen im baskischen Teil Spaniens. Betreiber der wöchentlichen Verbindung ist die TKN Shipping Line, während ICO Terminals als Agent für Antwerpen fungiert.

Der wichtigste Kunde im Containergeschäft ist für die Belgier seit Jahren die Reederei MSC. Diese betreibt dort ebenfalls eigene Terminals, die selbst in Krisenzeiten und vor allem nach dem Zusammenschluss mit Maersk zu »2M« sehr gut ausgelastet sind.

Die Umsiedlung des MSC Home Terminals vom Delwaidedok am rechten Ufer der Schelde zum linksseitig des Flusses gelegenen Deurganckdok, das im Gegensatz zum vorherigen Standort von den Schiffen ohne eine vorherige Schleusung erreicht werden kann, wird sich in Zukunft vermutlich ebenfalls positiv für Antwerpen auswirken.


Thomas Wägener