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Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe rechnet nach einer Stagnation 2015 trotz einiger Herausforderungen mit einem Umschlagwachstum für die kommenden Jahre. Positiv wird ein neuer UN-Vorschlag für Warenkontrollen bewertet
Seit einigen Monaten wird auf UN-Ebene darüber diskutiert, das Internationale Übereinkommen zur Harmonisierung der Warenkontrollen an den Grenzen (Harmonisierungskonvention[ds_preview]) um einen neuen Anhang 10 für Seehäfen zu erweitern. Ein erster Entwurf liegt nun vor. Er enthalte unter anderem Erleichterungen für den Aufenthalt von Schiffsbesatzungen auf internationaler Fahrt, Harmonisierung, Reduzierung und Vereinfachung von Zollkon­trollen durch internationale Zusammenarbeit der Behörden auf der Grundlage von Risikobewertung und Risikomanagement sowie die Vorhaltung von Hafeninfrastruktur und Hinterlandanbindungen durch die öffentliche Hand im Hinblick auf die erwarteten Transport- und Verkehrskapazitäten, heißt es seitens des Verbands. Verbesserungen in Technik und Ausrüstung sollen sicherstellen, dass Fristen verkürzt werden können. Darüber hinaus sollen Dokumentationen unter Berücksichtigung der Anforderungen in den Einfuhr- und Transitländern reduziert und angeglichen werden. Der entsprechende Datenaustausch (z. B. für Hafengebühren und Zölle) soll zukünftig auf elektronischem Wege stattfinden und nicht mehr in Form von Papierdokumentation.

»Aus Sicht des ZDS ist die Erweiterung des Harmonisierungsübereinkommens auf Seehäfen wichtig, um die wachsenden Transportmengen und Warenströme effizienter zu organisieren und die Logistikprozesse in den Häfen weiter zu verbessern«, teilte der Verband mit.

Russland und die IMO haben sich den Angaben zufolge bereits positiv geäußert und vorgeschlagen, sich im Hinblick auf die Harmonisierungsziele an dem IMO-Übereinkommen zur Erleichterung des Seeverkehrs und die damit verbundene Vereinfachung und Minimierung von Formalitäten, Datenanforderungen und Verfahren (IMO FAL-65) zu orientieren. Die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten sehe jedoch noch Überarbeitungsbedarf, insbesondere bezüglich der Überwachung und Kontrollen sowie beim Datenaustausch.

Nach einem befriedigenden Jahr 2014 mit einem Wachstum im Güterumschlag von 2,2% auf 304,1Mio.t rechnet der ZDS für das Jahr 2015 nur noch mit einer stagnierenden Entwicklung. Im ersten Halbjahr wurden laut Präsident Klaus-Dieter Peters 151,8Mio.t und damit 0,1% weniger Güter umgeschlagen als im selben Zeitraum des Vorjahres. Die Gründe hierfür seien die rückläufige Entwicklung in den Russland-Verkehren, resultierend aus den Wirtschaftssanktionen gegen das Land sowie aus dem Ölpreisverfall, die schwächelnde China-Konjunktur sowie die noch immer schwelende Griechenlandkrise.

Die weiteren Verzögerungen bei der Fahrinnenanpassung von Elbe und Weser machten sich ebenfalls negativ bemerkbar. »Es ist fünf nach zwölf«, betonte der ZDS-Vorsitzende Klaus-Dieter Peters jüngst auf der Jahreshauptversammlung. Es dürfe keine weiteren Verzögerungen geben. Der Schaden sei schon jetzt immens, wie auch der Vertrauensverlust. Das Jahr 2016 bezeichnete Peters als anspruchsvoll, denn es gebe viele ungeklärte Fragen, vor allem in den Punkten Weltwirtschaftspolitik und wirtschaftliche Gesamtentwicklung. Allen Widrigkeiten zum Trotz sieht er die deutschen Seehäfen im Nordrange-Wettbewerb durchaus als konkurrenz­fähig an. Damit das auch in Zukunft so bleibe, sei die Umsetzung der seeseitigen verkehrlichen Erreichbarkeit jedoch absolut notwendig. Entsprechend erfreut zeigte sich der ZDS-Präsident über den derzeitigen Investitionshochlauf der Bundesregierung für die Verkehrsinfrastruktur. Der angekündigte Ausbau der seewärtigen Zufahrten und der Hafenhinterlandanbindungen würde den Logistikstandort Deutschland nachhaltig stärken. »Hier werden im wahrsten Sinne des Wortes gerade die richtigen Weichen gestellt«, äußerte er sich auch im Hinblick auf das Sofortprogramm »Seehafen-Hinterland-Verkehr II«, über das 350Mio. € in die Engpassbeseitigung im Eisenbahnverkehr fließen sollen.

Trotz der gegenwärtigen Probleme blicken die Hafenunternehmen an Nord- und Ostsee grundsätzlich optimistisch in die Zukunft. Die Branche rechnet für die beiden Folgejahre mit einem Wachstum im unteren einstelligen Bereich. Diese Wachstumschancen müssten nun konsequent ergriffen werden. Auch die Politik habe das erkannt und trage ihren Teil dazu bei, sagte Peters im Hinblick auf die aus Hafensicht erfreulichen Ergebnisse der 9. Nationalen Maritimen Konferenz im Oktober. Er gibt sich jedoch keinen Illusionen hin: »Ein zweistelliges Wachstum wird es auf absehbare Zeit nicht geben.«

Der Verband setzt auf das fortgeschriebene Nationale Hafenkonzept zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Bedingungen und die Effizienz der Lieferketten, die über die deutschen Seehäfen führen, müssten verbessert werden. Man agiere schließlich in einem Markt, der auch durch den Eintritt neuer Wettbewerber im Ausland hart umkämpft sei. Das Nationale Hafenkonzept setze richtige Impulse. Positiv wurde bewertet, dass der Bund gemeinsam mit der Hafenwirtschaft das Förderprogramm »Innovative Seehafentechnologien« (ISETEC III) weiterhin finanzieren will. »Diese Mittel wollen wir auch einsetzen, um das Projekt ›Hafen 4.0‹ weiterzuentwickeln«, kündigte Peters an. MM/TWG
Michael Meyer, Thomas Wägener