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Auf der Suche nach nachhaltigen Energieträgern könnte sich regenerativ erzeugter Wasserstoff zu einer neuen Option entwickeln. Die maritime Branche zeigt sich interessiert – und wartet ab
Neue Ideen und Anwendungen für regenerativ erzeugten Wasserstoff in der maritimen Industrie erarbeiten und notwendige Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit[ds_preview] identifizieren – das hatten die Initiatoren des Projekts »Wasserstoff für die maritime Wirtschaft« zum offiziellen Start vor einem Jahr (s. HANSA 2/2015) als wesentliche Projektziele definiert.

Drei Workshops später zieht Günter Schumacher vom koordinierenden Technologie-Transfer-Zentrum (ttz) Bremerhaven eine prinzipiell positive Bilanz: »Wir wollten die Idee in die maritime Wirtschaft tragen und diese mit der Energiewirtschaft und den Herstellern von Wasserstofftechnologien vernetzen«, erläutert der Projektleiter des ttz-Umweltinstituts.

»Das ist uns gelungen.« Es sei in den vergangenen Monaten deutlich geworden, dass es durchaus ein Interesse an dieser nachhaltigen Form der Energieversorgung gebe. Eine konkrete Initiative für einen Praxistest in einem der Häfen in der Nordwestregion sei daraus allerdings bislang nicht erwachsen, ergänzt er.

»Die Teilnehmer wollen jetzt erst einmal die erhaltenen Informationen auf sich wirken lassen und die Entwicklung des Marktes weiter beobachten, bevor sie irgendwann vielleicht selbst aktiv werden«, sagt Schumacher.

Zwei Studien zeigen Potenziale

für Region Nordwest auf

 

Um interessierten Terminalbetreibern und Reedern zu zeigen, welche Möglichkeiten es beim Einsatz von Wasserstoff schon jetzt gibt, wurden im Rahmen des von der Metropolregion Nordwest geförderten Projekts zwei Studien erstellt. Eine beleuchtet Potenziale der erneuerbaren Energien in der Region sowie die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das zweite Papier behandelt den derzeit aktuellen Stand der Technologieoptionen.

»Die Entwicklung der maritimen Wasserstoffwirtschaft muss in die aktuelle energie- und klimapolitische Debatte eingeordnet werden«, betont Professor Ulrich Scheele von der Arbeitsgruppe für Regionale Struktur- und Umweltforschung (ARSU), die für die Erneuerbare-Energien-Studie verantwortlich zeichnet. Angesichts des prognostizierten Anstiegs der globalen Handelsströme gebe es für die Häfen und die Schifffahrt einen dringenden Handlungsbedarf, wenn die globalen und nationalen klimapolitischen Ziele erreicht werden sollten.

In einigen Regionen Norddeutschlands erreicht der Anteil erneuerbarer Energien laut Scheele schon heute Größenordnungen, die für Deutschland insgesamt erst für 2050 als Ziel ausgegeben sind. Die Überkapazitäten der Windenergie, die das Netz nicht aufnehmen könne, würden voraussichtlich weiter ansteigen und könnten u.a. für die Erzeugung »grünen« Wasserstoffs genutzt werden.

»Das ist aber nur eine von mehreren Möglichkeiten, mit denen sich ein Ausgleich von fluktuierender Einspeisung und Stromnachfrage erreichen lässt«, betont der Fachmann.

»Wasserstoff steht da in Konkurrenz zu anderen Flexibilitätsoptionen wie Netzausbau, Lastmanagement oder auch Energiespeicherlösungen, die vermutlich kostengünstiger umzusetzen sind.«Aus seiner Sicht könnten Pilotprojekte aber ein wichtiger Schritt sein, die Wasserstofftechnologie langfristig zu einem bedeutenden Baustein eines nachhaltigen und klimaverträglichen Energiesystems zu machen.

Bislang nur Pilotprojekte

für die Hafenlogistik

Das glaubt auch Klaus Stolzenburg, einer der Autoren der zweiten Studie. Der Geschäftsführer des Ingenieurbüros ­PLANET Planungsgruppe Energie und Technik hat auf 54 Seiten herausgearbeitet, dass es die wesentlichen Technologien zum Aufbau einer Versorgungskette für Wasserstoff aus erneuerbaren Energien bereits gibt. »Allerdings wäre das heute noch relativ teuer und die Lebensdauer einzelner Komponenten wäre noch nicht so hoch wie bei konventionellen Systemen«, meint er. Praxiserfahrungen gebe es vor allem mit Brennstoffzellen-Autos und -Bussen sowie im Bereich der Logistik mit wasserstoffbetriebenen Gabelstablern: Für die hafenspezifische Logistik lägen derzeit hingegen nur konzeptionelle Arbeiten vor – und bei der Nutzung von Wasserstoff auf See gehe es bisher weniger um den Schiffsantrieb als um die Bordstromversorgung.

Stolzenburg empfiehlt für den Anfang kleinere Flottenversuche in der Hafenlogistik, zum Beispiel mit Gabelstablern oder Van Carriern: So ließe sich nach seiner Einschätzung in überschaubarem Rahmen zeigen, dass und wie das Ganze funktioniert. »Wenn ein relevanter Akteur aus der Branche einen solchen Versuch startet, könnte das das Interesse anderer Akteure wecken und zu einer Netzwerkbildung führen.«
Anne-Katrin Wehrmann