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Interschalt setzt in der Stauplanung auf eine verbesserte Datenintegration. Der finnische Cargotec-Konzern will davon profitieren und hat das Schenefelder Unternehmen den bisherigen Eignernabgekauft.

Am Ende ging es ziemlich schnell. Zwar hatte der Anbieter von Umschlag- und Terminalanlagen, zu dem auch die Marken Kalmar[ds_preview], MacGregor und Hiab gehören, schon Anfang 2015 Interesse an einem Einstieg bei Interschalt bekundet. Die entscheidende Phase in den Verhandlungen bis zur Unterzeichnung der Einigung dauerte nach Informationen der HANSA dann allerdings nur rund zwei Monate. Mit einer Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörden rechneten die Beteiligten noch im ersten Quartal.

Cargotec übernimmt damit 100% der Anteile an Interschalt. Zuvor lagen 67% beim deutschen Finanzinvestor DPE, der auch erst 2015 über eine Kapitalerhöhung von 10Mio. € eingestiegen war. Interschalt-CEO Robert Gärtner und die Hamburger Großreederei Peter Döhle als Altgesellschafter hielten seither die übrigen 33%. Über den finanziellen Umfang der Transaktion machten die Unternehmen keine Angaben.

Der gelernte Bilanzbuchhalter Gärtner, der auch künftig Geschäftsführer bleiben soll, war selbst 2006 bei dem in Schieflage geratenen Betrieb eingestiegen. Seinerzeit war das 1954 gegründete Unternehmen noch vorrangig ein Anbieter von Schaltanlagen, Hardware also. Kunden waren vor allem deutsche Werften. Doch die Entwicklung auf den Schifffahrtsmärkten und speziell in der deutschen Schiffbaubranche drohte, die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Also entschied man sich zu einem grundlegenden Strategiewechsel. Mit der Zeit wurde aus einem »Hardware«-Produzenten ein Anbieter von Software und Dienstleistungen mit einem Umsatzvolumen von 42Mio. € im Jahr 2014.

Eines der Standbeine ist neben einem umfangreichen Schulungs- und Simulatorsegment das Service-Angebot. Hier fungiert Interschalt als Mittler zwischen Reederei und Schiff einerseits sowie der Zuliefer- und Ausrüsterindustrie andererseits. Anfragen werden von den Schiffen direkt an Interschalt geschickt und dort zu Aufträgen verarbeitet. Die komplette Koordination und Abwicklung der verschiedenen Lieferanten wird übernommen, um den Reedern diesen Aufwand abzunehmen. Aktuell umfasst das Geschäft 380 Schiffe, unter anderem von den Reedereien NSB, NSC, Jüngerhans oder Laeisz.

Ein weiteres, größeres Standbein sind Software-Angebote, beispielsweise für Reporting-Systeme oder Stauplanungen auf Containerschiffen. Ein Markt, der stetig neue Herausforderungen stellt, müssen doch immer mehr Container auf immer größeren Schiffen korrekt, effizient und schnell gestaut werden. In diesem Geschäft hat sich Interschalt mittlerweile zu einem Großakteur entwickelt. Mit dem Ladungsrechner Seacos MACS3 ist man mit 65% Marktanteil sogar Weltmarktführer.

Aktuell sind Gärtner und seine Mitarbeiter dabei, den neuen »Stowman[S]« an den Mann zu bringen. Mit dem Produkt verfolgen sie eine Strategie der besseren Integration verschiedenster Faktoren zur Vereinfachung der Arbeiten von Stauplanern. »Auf dem herkömmlichen Weg dauert es rund sechs Stunden, bis ein Stauplan fertig ist. Stowman[S] liefert eine erste Option nach 30 Sekunden. Nach ca. einer Stunde ist der Plan fertig«, sagt Gärtner, »und zwar inklusive Berücksichtigung hydrostatischer und regulativer Bedingungen.« Das Programm dient als Entscheidungshilfe für den Umgang mit bis zu 65.000 Variablen, die bei einer Schiffsbeladung auftreten können.

Es war zudem einer der Hauptgründe für die Übernahme durch Cargotec. Die Finnen waren auf der Suche nach einem Programm, das die Zusammenarbeit zwischen Terminal und Schiff verbessert, wodurch das Navis- und XVela-Angebot von Kalmar aufgewertet werden soll. Mit der Übernahme vervollständige man das strategische Ziel, »Marktführer bei intelligentem Warenumschlag zu werden«, heißt es in der offiziellen Verlautbarung. »Unser Ziel ist, 40% Umsatz aus Dienstleistungen und Software innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erzielen«, sagte CEO Mika Vehviläinen.

Ursprung des Stowman[S] ist eine sehr tiefe Kooperation mit dem Decision Optimization Lab »Optivation« an der Universität in Kopenhagen, die im vergangenen Jahr Früchte trug. Dem Stowman konnte aufgrund der Arbeit ein »Optimizer« hinzugefügt werden, den Gärtner das »fehlende Puzzleteil« nennt und dessen Algorithmen verschiedenste Komponenten berücksichtigen. Dazu zählen etwa der Trimm, die Stabilität und die Positionierung der Container.

Durch die schnelle Planung ist laut Interschalt-Stauplaner Jes Tom Regner mehr Zeit verfügbar, um an einer Lösung zu arbeiten und die Auslastung zu optimieren: »In der Reederei kann damit schneller und flexibler auf Veränderungen bei Containermengen oder Transportbedingungen reagiert werden, wodurch das Risiko von größeren Verzögerungen bei Schiffsabfertigungen sinkt.« Eine bessere Auslastung bedeute eine höhere Effizienz und damit unter Umständen einen geringeren Bunker-Verbrauch. Auch der Rückgriff auf Ballastwasser soll reduziert werden können, wenn stattdessen das Ladungsgewicht den Trimm optimieren kann.

Gärtner sieht im Stowman[S] ein Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb: »Sie bekommen ein solches Produkt in dieser Form derzeit nicht auf dem Markt.« Entsprechend hofft er, einen großen Kundenkreis aufbauen zu können. Sein Ziel: 70% Marktanteil unter den 30 größten Linienreedereien der Welt. Heute sind es 25%. »Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das schaffen können.«

Unter anderem in der Wachstumsstrategie lagen auch zwei große Schritte im vergangenen Jahr begründet, welche die Struktur von Interschalt nachhaltig neu sortierten. Zunächst der Einstieg von DPE. Die daraus generierten neuen finanziellen Mittel ermöglichten zum einen eine Vertriebsoffensive für Stowman[S]. Zum anderen konnte Interschalt dank der neuen Struktur auch anorganisch wachsen. Ende 2015 übernahm man den Norderstedter Anbieter von Containerstauprogrammen Müller + Blanck. Er brachte etwa die beiden größten deutschen Linienreedereien Hapag-Lloyd und Hamburg Süd mit in den nun gemeinsamen Kundenstamm.

Möglicherweise ergeben sich ohnehin zusätzliche Chancen durch einen Trend, der in der Containerschifffahrt Einzug gehalten hat: die Konsolidierung unter den Linienreedern. Schließen sich Carrier zusammen oder gründen Allianzen, ist eine Einigung auf ein Stauplan-System durchaus von Vorteil. Auf diese Weise konnte zuletzt die arabische Linienreederei UASC als Kunde gewonnen werden. Sie hatte mit CMA CGM – einer der ersten Kunden von Interschalt – und CSCL die Allianz »­Ocean Three« gegründet und war so auf die Schenefelder Software aufmerksam geworden. Die Konsolidierung unter den Linienreedern sieht Gärtner daher als gute Chance für Interschalt.
Michael Meyer