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Trotz Schifffahrtskrise, trotz Offshore-Krise und trotz massiver staatlicher Hilfen für ausländische Konkurrenten: Die deutsche Werftindustrie hält sich nach wie[ds_preview] vor im Weltmarkt und kann mit Expertise in kleinen bis mittelgroßen Spezialsegmenten punkten. Unser alljährlicher Schwerpunkt »Ships made in Germany« in dieser Ausgabe zeigt, dass die Unternehmen hierzulande zwar in einem harten Wettbewerb stehen, die Orderbücher aber zumindest zum Teil gar nicht so schlecht aussehen.

Es lohnt sich allerdings ein genauerer Blick: So vorteilhaft ein Fokus auf einen Nischenmarkt auch sein mag, birgt er doch auch immer das Risiko eines Einbruchs, wenn die entscheidende Rahmenbedingung wegfällt. Und ja, da wären dann auch wir wieder beim Ölpreis. Wie lange dauert der Verdrängungskampf der Förderländer noch an? Wie wirkt sich die Aufhebung von Sanktionen gegen den Iran aus? Wir wissen es nicht. Auch nicht, ob die historisch niedrigen 27,88 US-Dollar für ein Barrel der Sorte Brent das Ende der Fahnenstange sind oder ob der Ölpreis weiter sinkt – von einem nachhaltigen Aufwärtstrend ganz zu schweigen.

Sicher ist, dass all diejenigen, die verstärkt auf »Offshore« gesetzt haben, immer größere Probleme bekommen. Viele Investitionen in große Förderprojekte wurden bereits eingestellt, weil sich die Exploration nicht lohnt. Entsprechend schwach ist die Nachfrage nach Offshore-Schiffen und -Plattformen.

Neben den Zulieferern bekommen dadurch ebenfalls einige Werften eine kräftige Breitseite verpasst. Auch in Deutschland gehörte die Offshore-Sparte einst zu den Hoffnungsträgern. Die Aufträge bleiben jedoch aus. Bei allem – berechtigten – Stolz auf das deutsche Know-how ist eine recht starke Konzentration auf gewisse Segmente nicht zu leugnen: Dazu zählen vor allem der Passagierschiffbau und der russische Markt. Letzterer ist für Werften wie Nordic Yards und Pella Sietas enorm wichtig. Die wirtschaftspolitischen Sanktionen gegen Russland machen ihnen das Leben derzeit schwer, Aufträge liegen auf Eis. Auch die Yacht-Werften bauen auf die Kaufkraft russischer Milliardäre, die aber wiederum unter der ökonomischen Entwicklung in ihrer Heimat leiden. Bei Nordic Yards ist man zwar zuversichtlich, von der Flottenmodernisierung Russlands profitieren zu können. Allerdings will man zusätzlich neue Wege gehen. Laut Eigner Vitaly Yusufov versucht man nun, im Kreuzfahrtbereich Fuß zu fassen und führt erste Gespräche.

Für den Standort Deutschland bedeutet dies aber eine noch höhere Abhängigkeit vom Passagierschiffbau. Schon jetzt macht dieses Segment 64% des Auftragsbestandes aus – Tendenz steigend. Die Übernahme der Lloyd Werft durch den Genting-Konzern aus Malaysia und die damit verbundenen Cruise-Order belegen dies. Sollte der Markt irgendwann einbrechen oder nach Fernost abwandern, droht dem deutschen Schiffbau erneut großes Ungemach.

Neue Wege sind mitunter nötig. Sei es durch den Einstieg von Investoren bzw. Konzernen (Lloyd Werft), eine proaktive Expansion (Meyer Werft) oder durch Kooperationen mit ausländischen Partnern, wie es etwa Yusufov betreibt.

Dennoch, auch für die hiesige Werftindustrie gilt: Nichts ist so beständig wie der Wandel, der immer wieder notwendig ist. Das wird schwer genug.

Viel Spaß beim weiteren Lesen wünscht


Michael Meyer