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Der Containerumschlag in Hamburg ist 2015 stark geschrumpft. Von einer Krise will man an der Elbe nichts wissen. Einige Risiken sind aber nicht zu leugnen

Ein Minus von 9,3% mussten die Verantwortlichen von Hafen Hamburg Marketing (HHM) und Wirtschaftssenator Frank Horch für das vergangene Jahr[ds_preview] konstatieren. Mit 8,8Mio. TEU lag Deutschlands wichtigster Seehafen auf dem Niveau von 2012 und 2006. Das ist zwar einerseits mit externen Faktoren wie der Entwicklung in China und den Russland-Sanktionen erklärbar – die zwei wichtigsten Märkte für Hamburg. So auch die offizielle Begründung von HHM. Andererseits ist die Bilanz insofern für den Standort bitter, als dass er dadurch Marktanteile an die direkte Nordrange-Konkurrenz verliert, deren Ergebnisse zum Teil weit besser ausfallen. Le Havre (+0,8%, 2,67Mio. TEU) und Rotterdam (-0,5%, 12,2Mio. TEU) blieben relativ stabil. Bremerhaven rutschte mit 3,6% zwar ins Minus. Mit Ausnahme von Zeebrugge, wo der Abzug von MSC- und Maersk-Diensten im Zuge der 2M-Linienrestrukturierung zu einem Einbruch von 23,8% führte, wurde allerdings kein Nordrange-Hafen so getroffen wie Hamburg. Das beste Ergebnis präsentierte Antwerpen. Aufgrund der geringeren Fokussierung auf Asien und die Zugewinne durch die 2M-Allianz verbuchte man sogar ein Plus von 7,5% auf 9,65Mio. TEU. Dennoch wollen die Hamburger von einer Krise nichts wissen: »Ich warne dringend davor, Krisen herbeizureden. Das schadet unserem Hafen und spielt der Konkurrenz in die Hände«, sagt Horch. Man solle das Image des Hafens nicht durch »falsche Äußerungen« gefährden.

Hamburg kämpft gegen mehrere Faktoren. Der bekannteste ist sicherlich das große Expansionsprojekt »Maasvlakte 2«, mit dem Europas größter Hafen Rotterdam seine Wettbewerbsposition weiter ausbauen will. Auch Antwerpen hat Hamburg mittlerweile relativ deutlich hinter sich gelassen.

Doch nicht nur im Westen wird der Konkurrenzkampf härter, auch der Osten birgt für den Hamburger Hafen umschlagrelevante Gefahren – in Form der aufkommenden Standorte Göteborg und Gdansk. Zwar verzeichneten beide Häfen für 2015 ein Minus – Göteborg verlor 2% auf 820.000TEU, Gdansk 10% auf 1,07Mio.TEU. Allerdings profitieren sie insgesamt vom Trend, immer größere Containerschiffe ohne Umweg über Feederverkehre via Hamburg direkt in die Ostsee zu schicken. Für HHM-Vorstand Axel Mattern ist dies jedoch vor allem ein temporärer Aspekt: »Sobald der Ölpreis sein historisch niedriges Niveau wieder verlässt, lohnt sich das weniger.« Gdansk will sich künftig noch stärker als Hub für Osteuropa-Verkehre etablieren. Hamburg hat 2015 knapp 40% an Umschlag für Polen eingebüßt. Mattern sieht in den Ostsee-Standorten keine Bedrohung. Für die Verkehre mit Russland und Polen erwartet er 2016 keinen weiteren Rückgang, weil es zuletzt bereits wieder leicht aufwärts ging. Transit- und Transshipment-Verkehre seien immer volatil. Vielmehr will man sogar auf die Ostsee-Häfen zugehen. Der Hamburger Hafen – in der Vergangenheit stets auf seine Unabhängigkeit bedacht – strebt Allianzen für Shortsea-Verkehre mit Standorten wie Göteborg und Gdansk an, sagt Mattern. Möglich seien aufeinander abgestimmte Umschlagentgelte, deren Höhe sich beispielsweise an die Nutzung bestimmter Terminals in unterschiedlichen Häfen bemisst. »Man muss heutzutage kreativ sein«, so der Vorstand.

Die Elbvertiefung ist ein Problem, das dringend angegangen werden muss. Tiefgangbeschränkungen und enge Zeitfenster sorgen für Komplikationen. Die Konkurrenten in Ost und West haben in diesem Punkt einen Vorteil. Noch halten zwar die meisten Reeder an Hamburg-Anläufen mit Mega-Carriern fest, da die Elbestadt ein wichtiges Einfallstor für Deutschland, Mittel- und Osteuropa ist. Hinter vorgehaltener Hand ist aber immer wieder zu hören, dass man notfalls auf andere Häfen ausweiche, wenn es nicht bald vorangehe.

An der geographischen Lage lässt sich nichts ändern. Bei allen vorhandenen Risiken kann Hamburg jedoch nach wie vor mit einigen Vorteilen wie der Hinterlandanbindung punkten. Zu den entscheidenden Faktoren für die Wettbewerbsposition gehört neben der Elbvertiefung die Entwicklung der Schiffsgrößen. Sollte sie sich verlangsamen, wäre das sicher von Vorteil für die Hansestadt.


Michael Meyer