»Perspektivlosigkeit macht mich wütend«

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Im Sommer 2014 habe ich die Ausbildung mit 60 weiteren engagierten jungen[ds_preview] Menschen abgeschlossen. Damals wie heute macht mich die Perspektivlosigkeit als SchiffsmechanikerIn (aber auch für deut- sche Seeleute überhaupt) wütend, das Handeln der Reedereien fassunglos. Schon während der Ausbildung mussten viele von uns erfahren, wie die ohnehin schon weiche Regelung, zwei Auszubildende anstelle einer Fachkraft auf Seeschiffen fahren zu lassen, von den Lehrbetrieben sehr kreativ ausgenutzt wurde. Viele von uns sind über weite Strecken völlig ohne ausgelernte Schiffsmechaniker oder überhaupt Personal gefahren, das unser angestrebtes Berufsfeld kennen könnte.

Es ist der traurige, aber ehrliche Rat eines höheren Prüfungsbeauftragten gewesen, der mir besonders im Ohr geblie- ben ist: »Bleibt so lange wie möglich in der Ausbildung, danach wird kaum einer von euch eine Stelle finden.« Das ist die Wahr- heit, mit der wir schon vor zwei Jahren konfrontiert waren.

Dass sich die Lage zuspitzen würde, war abzusehen, dennoch ist das Ausmaß schockierend. Es ist eine Frechheit, wie der Verband Deutscher Reeder als alleini- ger Sieger aus der Debatte herausgeht. Es ist ein Armutszeugnis, dass die Gewerkschaft ver.di keine Stimme hat unter den

Seeleuten – und sich offenbar völlig aus der Verhandlung zurückgezogen hat. Und es ist bitter, wie sich die Bundesregierung für dumm verkaufen lässt.

Ich habe unverschämtes Glück. Dank meines Abiturs und einer breiten Interessenslage ist es mir möglich, heute et- was außerhalb der Seefahrt zu studieren. Darüberhinaus konnte ich während der Ausbildungszeit in der Forschungsschiff- fahrt Kontakte knüpfen. Aber das kann nicht Sinn des Ganzen sein. Wie viele an- dere habe ich meinen Beruf mit großer Leidenschaft erlernt. Wir haben uns für Containerfracht und Stück-, Schwer- und Schüttgut begeistert, für Tanker jeder Art, für Personenbeförderung und für Schlep- per. Doch kaum einer von uns kann die- se Vielfalt der Möglichkeiten ausschöpfen. Vielen Dank für Ihren mutigen Bericht. Dank auch der HANSA, die solche Äußerungen zulässt.
Fenna Klebert