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Einer der führenden Hersteller von Monopiles für Offshore-Windparks

ist an der Ostsee zuhause: Die EEW Special Pipe Constructions GmbH liefert seit 2008 von Rostock nach ganz Europa. Anne-Katrin Wehrmann berichtet über die Strategie und Zielmärkte
Langsam wird es eng auf dem Betriebsgelände der EEW Special Pipe Constructions GmbH (SPC) im Industriegebiet des Rostocker Hafens: Nach[ds_preview] dem zweifachen Ausbau der Produktionskapazitäten inklusive Neubau zweier Hallen in den Jahren 2010 und 2013 sowie der Erweiterung der Lagerflächen um 26.000m² auf nun 70.000m² im Jahr 2012 stößt das Werk zunehmend an seine Grenzen. Als Erstes fällt dem Besucher ein vor dem Verwaltungsgebäude aufgestelltes riesiges Stahlrohrsegment mit einem Durchmesser von 10m ins Auge – der größte sogenannte Rohrschuss, den EEW SPC bislang (zunächst nur zu Probezwecken) gefertigt hat. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die sich seit einigen Jahren an der Mündung der Warnow abspielt. Als das Unternehmen 2008 anfing, Monopiles für den Bau von Offshore-Windparks zu produzieren, ging die Branche davon aus, dass die Einzelpfahlfundamente in Wassertiefen von höchstens 20m aufgestellt werden könnten. Heute hat sich EEW SPC als einer von nur drei Herstellern einer neuen Generation von XL-Monopiles auf dem Markt etabliert: Die Stahlrohre mit Durchmessern von bis zu 10m, Längen bis zu 120m und Gewichten bis zu 1.500t sollen künftig in Wassertiefen von bis zu 40m einsetzbar sein. Neben den Rostockern können derzeit nur die Wettbewerber Steelwind Nordenham und die niederländische Sif-Group Monopiles in vergleichbaren Ausmaßen fertigen.

Vom Öl- und Gasgeschäft

zur Windenergie

Während auf dreibeinige Gründungsstrukturen spezialisierte Hersteller wie Weserwind in Bremerhaven und die Nordseewerke in Emden schon vor einiger Zeit Insolvenz anmelden mussten, wird die Referenzliste von EEW SPC immer länger. Laut Statistik der European Wind Energy Association hat es das Unternehmen im vergangenen Jahr sogar an die Spitze der Fundamentproduzenten geschafft: 41,1% aller 2015 in europäischen Offshore-Windparks installierten Gründungsstrukturen kamen demnach aus Rostock. Insgesamt hat das Werk an der Ostsee mittlerweile mehr als 1.000 Stahlfundamente ausgeliefert – unter anderem für die Offshore-Windparks »London Array« und »Gwynt y Môr« in Großbritannien, »Northwind« in Belgien, »Gemini« in den Niederlanden und für diverse deutsche Projekte. Aktuell fertigt das Werk die Gründungen für den Nordseewindpark »Veja Mate«, der bis Ende 2017 rund 95km nordwestlich von Borkum in einer Wassertiefe von etwa 40m errichtet werden soll.

Für die Offshore-Branche ist das bezogen auf diese Fundamentart ein Vorstoß in neue Dimensionen: Anfang März verließ das mit einem Gewicht von gut 1.300t, einem Durchmesser von 7,8m und einer Länge von 82,2m bisher größte Monopile der Welt die Produktionshallen in Rostock und wartet nun auf seine Abholung. Als vor acht Jahren alles losging, waren die Ausmaße noch deutlich kleiner. Einer der ersten Großkunden war 2010 der Stromkonzern EnBW, der Gründungen für seinen Ostsee-Windpark »EnBW Baltic 1« bestellte. Deren Länge damals: rund 37m.

Mutter von EEW SPC ist die Erndtebrücker Eisenwerk GmbH & Co. KG (EEW) mit Sitz im nordrhein-westfälischen Erndtebrück, die seit 1974 längsnahtgeschweißte Stahlrohre für die Öl- und Gasindustrie produziert und Werke auch in Südkorea, Malaysia und Saudi Arabien betreibt. Mit der Investition in den Standort an der Ostsee hat sich EEW ein zusätzliches Standbein im Bereich der erneuerbaren Energien geschaffen. Insgesamt habe die Unternehmensgruppe dort schon mehr als 120Mio. € investiert, berichtet Heiko Mützelburg, Geschäftsführer von EEW SPC. Die Standortbedingungen bezeichnet er als »gut geeignet für Offshore-Projekte«.So verfügt das Werk über einen 194m langen Kai mit einer Wassertiefe von 10m an der Pier und 14,5m im Hafenbecken, wodurch es Schiffen mit einer Länge von bis zu 140m möglich ist, praktisch direkt vor der Produktionsstätte festzumachen. Für Ostsee-Projekte sei der Standort ein enormer Vorteil, sagt Mützelburg – für Nordsee-Projekte ergebe sich hingegen durchaus ein logistischer Aufwand. Immerhin müssen die Monopiles in diesen Fällen zunächst auf Barges gezogen den weiten Weg durch das Skagerrak zu einer Zwischenlagerung im Basishafen des jeweiligen Projekts nehmen, bevor sie weiter ins Baufeld transportiert werden.

Vom Schiffbauer zum Schweißtechniker

Einer der Männer der ersten Stunde ist Michael Drobek, Leiter der Schweißabteilung, der einst von der Neptun Werft zum neuen Nachbarn an der Südseite des Hafens wechselte. Die Ansiedlung des Rohrproduzenten, der heute mehr als 400 feste Mitarbeiter beschäftigt, sei ein Glücksfall für den Standort gewesen, meint Drobek: »Ich bin bei Weitem nicht der einzige ehemalige Schiffbauer, der hier eine Anstellung gefunden hat.« Nun ist er verantwortlich dafür, dass die Schweißnähte der dickwandigen Großrohre den strengen Qualitätsanforderungen entsprechen, die alle Komponenten für Offshore-Windparks angesichts des rauen Umfelds und der geforderten langen Lebensdauer erfüllen müssen. Unter anderem gehört es zu seinen Aufgaben, seinen Kollegen an den Maschinen die Schweißparameter für die unterschiedlichen Rohrschüsse vorzugeben: Dazu gehören neben der Stromstärke und der Spannung auch die Schweißgeschwindigkeit, die Temperatur sowie Anzahl und Dicke der Schweißdrähte.

Beim Rundgang durch die Fertigungshallen erläutert Drobek, dass die Produktionsschritte bei den einzelnen Rohrsegmenten immer gleich verlaufen. Zunächst werden die Schweißnähte vorbereitet, indem die schon fertig zugeschnittenen Stahlplatten in einer Fräse an allen Seiten geglättet werden. Dann werden die Platten in einer Walze zu halbrunden Schalen gebogen und anschließend an zwei Längsnähten mit ihrem jeweiligen Pendant zusammengeschweißt: zunächst an der Innenseite, danach an der Außenseite. Der Nahtüberstand wird im Nachgang maschinell abgefräst. In einem weiteren Schritt werden die einzelnen jeweils etwa 3m langen Schüsse in Rundnähten aneinandergeschweißt, bevor das fertige Rohr schließlich zum Schutz vor Korrosion noch eine Beschichtung erhält.

Automatisierung ja, Industrialisierung nein

Von Anfang an hat EEW SPC darauf gesetzt, die Prozesse im Sinne der Effizienz so weit wie möglich zu automatisieren. Eine industrialisierte Serienfertigung, wie sie zum Beispiel aus der Automobilproduktion bekannt ist, wird es allerdings bei der Herstellung von Fundamenten für Offshore-Windparks niemals geben können. »Bedingt durch die unterschiedlichen Wassertiefen und Bodenverhältnisse wird das immer eine reine Auftragsfertigung bleiben«, erläutert Geschäftsführer Mützelburg. Selbst innerhalb eines Windparks würden für die unterschiedlichen Standorte unterschiedliche Anforderungen gelten: »Wenn ein Kunde zum Beispiel 80 Monopiles bestellt, kann es sein, dass nur fünf oder sechs davon wirklich identisch sind.« Die anderen unterscheiden sich je nach Standortbedingungen in Länge, Durchmesser und Wanddicke.

Je nach Größe der zu produzierenden Gründungsstrukturen schafft das Werk zwei bis acht Monopiles pro Woche, was aktuell zu einer Jahresproduktion von 200 bis 250 Stück führt. Man habe die Prozesse bereits sehr effizient gestaltet, sagt Mützelburg. »Aber natürlich arbeiten wir daran, durch standardisierte Abläufe und technologische Weiterentwicklungen die Effektivität kontinuierlich zu erhöhen.« Bewährt hat sich in den vergangenen Jahren die enge Zusammenarbeit mit dem dänischen Stahlbauspezialisten Bladt Industries, der ebenfalls Fundamente für Offshore-Windparks herstellt. Im Konsortium nehmen beide Unternehmen regelmäßig an europaweiten Ausschreibungen teil und setzen im Erfolgsfall viele Aufträge auch gemeinsam um. Mittlerweile gebe es eine klare Aufgabenteilung, berichtet Mützelburg. Da Bladt keine Monopiles in den neuerdings angefragten Ausmaßen fertigen könne, übernehme EEW SPC die Produktion der Fundamente. Die Dänen wiederum seien für die Herstellung der Transition Pieces, also der Verbindungsstücke zwischen Monopile und Turm, zuständig. Im vergangenen Herbst haben die Partner im Nordosten Englands das Joint Venture »Offshore Structures Britain« aus der Taufe gehoben, um mit gebündeltem technologischen Know-how die Präsenz auf dem wichtigen britischen Markt zu stärken.

Bleibt das Monopile die Nummer eins?

»England ist in Sachen Offshore-Wind nach wie vor der Hauptmarkt«, macht Mützelburg deutlich. Natürlich habe Deutschland für EEW SPC eine gewisse Priorität: »Aber wir fokussieren uns nicht auf ein bestimmtes Land, sondern schauen auf den gesamten europäischen Markt.« Angesichts der politischen Unsicherheiten bei der Förderung der Offshore-Windenergie sei das auch gar nicht anders möglich. Die anstehende Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit dem gesenkten Ausbaudeckel und den geplanten Ausschreibungen zur individuellen Bestimmung der künftigen Einspeisevergütungen sei jedenfalls »kontraproduktiv für die Entwicklung der gesamten Branche«.

Bislang sind die mit Abstand meisten Offshore-Windparks in Europa mit Monopile-Fundamenten umgesetzt worden. Ob das so bleiben wird, muss die Zukunft zeigen. Fest steht, dass die Turbinen perspektivisch immer leistungsstärker und damit auch immer größer und schwerer werden. »Die spannende Frage wird sein, wie sich bis dahin das Monopile entwickelt«, meint der Geschäftsführer. Er hält es für gut möglich, dass künftig die fachwerkartigen und dadurch leichteren Jacket-Fundamente noch einmal verstärkt ins Spiel kommen. Früher sei man davon ausgegangen, dass Jackets etwa 30 % teurer seien als Monopiles, so Mützelburg. »Heute hören wir, dass sich die beiden Fundamenttypen im Preis angeglichen haben sollen.« Die EEW-Gruppe sei auch für Jacket-Projekte gut gerüstet und verfüge über technologisches Know-how sowie entsprechende Referenzen. »Das Rennen ist also eröffnet – aber wir werden alles daransetzen, unsere Position im Monopile-Segment zu verteidigen und sind überzeugt davon, dass sich das Monopile auch weiterhin als zukunftsfähiges Fundament auf dem Markt behauptet.«
Anne-Katrin Wehrmann