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Andreas Wellbrock ist neuer Geschäfts­führer

der Windenergie-Agentur WAB. Die HANSA sprach

mit dem früheren BLG-Vorstand über seine Ziele
Was sind Ihre Pläne als neuer Geschäftsführer der WAB?

Wellbrock: Dass wir mehr auf unsere Mitglieder zugehen. Wir[ds_preview] haben einen sehr heterogenen Mitgliederkreis: Vom familiengeführten Ingenieurbüro bis zum Großkonzern, und alle haben unterschiedliche Interessen. Wir wollen darum im Rahmen einer Befragung klären, wo sie künftig die Schwerpunkte der WAB-Arbeit sehen. Zusätzlich habe ich mir vorgenommen, einen repräsentativen Querschnitt der Unternehmen auch zu besuchen und im persönlichen Gespräch herauszufinden, was für sie wichtig ist. Wir wissen aus der bisherigen Arbeit, dass für große Unternehmen die Lobbyarbeit in Berlin eine große Rolle spielt. Kleinere Unternehmen haben möglicherweise ganz andere Interessen, und das wollen wir herausfiltern, weil wir ja nach innen auch einen Dienstleistungs- und Serviceauftrag haben.

Was leistet die WAB für ihre Mitglieder?

Wellbrock: Wir leisten ja schon eine ganze Menge. Wir haben unsere WAB-Stammtische, die nach wie vor als hervorragende Möglichkeit zum Networking gesehen werden. Wir haben die »Windforce« als qualitativ hochwertige Fachkonferenz, die wir dieses Jahr wieder in Bremen ausrichten. Und wir werden uns Gedanken darüber machen, wie wir diese Veranstaltung weiterentwickeln können – oder ob es vielleicht Sinn macht, weitere Dienstleistungen und Veranstaltungen anzubieten. Für den Ostsee-Bereich gibt es ja schon die »Windforce Baltic Sea«, wo wir in andere Länder gehen und das Thema durch Europa tragen. Da wird sich mit Sicherheit in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, in welche Richtung wir weitermachen.

Im März wurde der geplante Messeteil der »Windforce« abgesagt. Hat das mit der Konkurrenz durch WindEnergy Hamburg, Husum Wind und Hannover Messe zu tun?

Wellbrock: Als wir die Konferenz damals um die Messe erweitert haben, gab es in Deutschland keine reine Offshore-Messe. Jetzt hat sich aber die Frage gestellt, ob so viele Windmessen tatsächlich sinnvoll sind. Wir haben uns entschieden, uns bei der »Windforce« wieder auf die Konferenz-Inhalte zu fokussieren und unsere Messeaktivitäten auf Hamburg zu konzentrieren. Dort werden wir bei der WindEnergy im September einen Gemeinschaftsstand organisieren, an dem sich unsere Mitglieder beteiligen können. Unabhängig davon haben aber ohnehin schon mehr als 100 WAB-Mitglieder einen eigenen Messestand in Hamburg geordert. Ich halte es für wichtig, dass wir an der »Windforce« als Konferenz festhalten, weil da einfach die Offshore-Windenergie im Mittelpunkt steht. Wir bekommen immer wieder gespiegelt, dass auf diesem Niveau auf keiner anderen Veranstaltung Vorträge gehalten werden, aber auch über aktuelle Themen diskutiert werden kann. Das ist so etwas wie der Familientreff der Offshore-Windbranche, und darauf können wir im Moment nicht verzichten – und das wollen wir auch nicht.

Wo steht die Branche heute?

Wellbrock: Wir sind an einem Punkt, an dem sich zum einen entscheidet, ob die Bundesregierung es mit der Energiewende wirklich ernst meint. Und zum anderen wird sich jetzt herausstellen, ob zukünftig noch viel am Industriestandort Deutschland produziert wird. Wenn Marktteilnehmer aus diesem Thema aussteigen oder Produktionsstätten ins Ausland verlagern, dann müssten wir uns in Zukunft vermehrt Komponenten zuliefern lassen: Und dann würde das, was sich hier in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, wieder schrumpfen und wäre vielleicht irgendwann nicht mehr überlebensfähig.

Wie beurteilen Sie die Rivalität einzelner Hafenstandorte?

Wellbrock: Ich glaube, dass es diese Rivalitäten vielleicht bei lokalen Entscheidern oder auf Unternehmensebene gibt. Insgesamt sollte man eher darauf blicken, und das machen ja auch die Ministerpräsidenten ganz deutlich, dass die fünf norddeutschen Küstenländer da an einem Strang ziehen. Das ist ein Gesamtthema für unsere Region hier im Norden, und da spielt es weniger eine Rolle, wo sich ein Unternehmen ansiedelt. Viel wichtiger ist, dass es sich ansiedelt.

Welches die größten Herausforderungen?

Wellbrock: Die größte Herausforderung ist nach wie vor das Thema Erneuerbare-Energien-Gesetz, und zwar dahingehend, dass es für die Offshore-Windindustrie eine möglichst zukunftsgerichtete Planungssicherheit geben muss. Die Projekte dauern in der Umsetzung sehr lange, vier Jahre und länger: Wer hier investiert, muss heute schon wissen, was ihn in einigen Jahren erwartet. Es darf auch nicht sein, dass durch die Deckelung des Ausbaus der Markt so klein wird, dass hinterher nur noch ganz wenige Player übrig bleiben: Dann wird es keine Kostensenkungen geben. Stattdessen brauchen wir eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung, um die Industrialisierung der Fertigungsprozesse voranzutreiben und so zu Skaleneffekten zu kommen. Wenn ich immer weniger produziere, dann kann ich nicht günstiger werden. Und nicht zuletzt wird es wichtig sein, das Modell der neuen Ausschreibungen, mit denen künftig die Einspeisevergütungen bestimmt werden sollen, nicht jetzt schon zu fixieren. Wir brauchen da eine Übergangsphase, in der man sehr genau beobachtet, ob das so am Ende tatsächlich zielführend ist. Was bringt es, wenn man plötzlich um 180 Grad umschwenkt und dann irgendwann merkt, dass man auf dem Weg alle Teilnehmer verloren hat und die Ziele nicht erreicht?
Anne-Katrin Wehrmann