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Digitalisierung und Big Data – der maritimen Industrie stehen einige Herausforderungen bevor. Die Klassifikationsgesellschaft DNV GL will ein Innovationstreiber sein und sieht sich mit ihren Projekten sehr gut aufgestellt
An der Erkenntnis und an Forschungsprojekten mangelt es in der mitunter als konservativ bewerteten Schifffahrtsbranche nicht. Angesichts der vielfachen Probleme[ds_preview] infolge der jahrelangen Krise bezweifelt jedoch mancher die finanzielle Möglichkeit, Innovationen umzusetzen. Darüber hinaus sind diverse Initiativen noch in einer sehr frühen Phase und nicht marktreif. Bei der norwegisch-deutschen Klassifikationsgesellschaft sieht man dennoch die dringende Notwendigkeit, Effizienzgewinne zu erreichen – sei es in der Konstruktion von Schiffen oder bei deren Betrieb. Daher will man mit konkreten Projekten vorangehen.

»Die Digitalisierung ist einer der treibenden Faktoren«, sagt Knut Ørbeck-Nilssen, CEO Maritime bei DNV GL, »die Schifffahrt gehörte bislang nicht zu den Vorreitern.« In den kommenden fünf bis zehn Jahren werde die Branche allerdings im digitalen Zeitalter vollends angekommen sein. So würden etwa Schiffe noch besser mit den Beteiligten an Land verbunden sein, um eine bessere Grundlage für mehr Sicherheit auf See zu schaffen. Für DNV GL hat er in diesem Zusammenhang eine führende Rolle vorgesehen: »Wir wollen Innovationstreiber sein.«

Die momentan schwierige Phase mit einem eingebrochenen Neubaumarkt – der für Klassifikationsgesellschaften ein eminent wichtiges Standbein ist – sieht Ørbeck-Nilssen anders als manch anderer als guten Zeitpunkt für entsprechende Vorstöße. Eine zunehmend von Daten und deren Verarbeitung beeinflusste Industrie werde künftig noch stärker auf Dritte angewiesen sein, die die verfügbaren Informationen verifizieren und sichern. »Daher bin ich auch froh über die vollzogene Fusion von DNV und GL. ›Size matters‹ in diesem Fall sehr wohl, wir werden von den Synergien profitieren.« Neben einem erhöhten Sicherheitsbewusstsein bei der Konstruktion hat er auch Fortschritte bei der Aus- und Weiterbildung wie auch beim klassischen Survey-Geschäft im Blick.

Pierre C. Sames, neuer Group Technology and Research Director in Oslo, konkretisiert diese Strategie anhand der Beispiele »Digital Twin«, »IRIS« und des Einsatzes von Drohnen. Während im ersten Fall schon bei der Konstruktion virtuelle Testläufe Aufschluss über Machbares und Problematisches liefern, soll die Helmkamera mit »Indoor Tracking Solution« die Prüfung an Bord anhand passgenauer Bilder und deren Verknüpfung mit einer Software erleichtern (HANSA 03/2016). Die Entwicklung von Drohnen befindet sich noch in einer frühen Phase, da man noch auf der Suche nach einem Hersteller ist, der ein Produkt mitentwickelt, das auf die Schifffahrt abgestimmt ist. Mittelfristig sollen mit den Flugobjekten Inspektionen von schwer erreichbaren Orten wie Tanks, hohen Laderäumen oder Unterwasserbereichen erheblich erleichtert werden. Theoretisch sei auch eine Kombination mit der Technik der Helmkamera denkbar, so Sames. Hilfreich wäre dabei nach Ansicht der DNV GL-Experten ein international geltendes Regime für die Einsatzmöglichkeiten und technischen Anforderungen an Drohnen.

»Ein weiteres Feld ist ›Cyber Security‹«, so der Manager. Dabei geht es ihm sowohl um den Schutz von Schiffen vor Hackerangriffen als auch um einen Schutz vor Manipulation der Daten. Datenqualität ist für Sames ein immens wichtiges Thema: »Alles, was wir erheben, muss korrekt sein. Die Daten sind vielfach schon vorhanden, aber man muss sie so gut auswerten, dass Effizienzgewinne realisiert werden können.« Nötig sei dafür allerdings ein Rückgriff auf modernste Analyse-Techniken, die derzeit noch nicht immer beherrscht würden.

Ähnlich wie Knut Ørbeck-Nilssen bewertet auch der scheidende Executive Vice President Tor Svensen diese schwierigen Zeiten als gut geeignet, um in Forschung und Entwicklung zu investieren, um so schließlich globale Standards zu setzen. Der Norweger spricht sich dafür aus, mit der weltweiten Schifffahrtsgemeinschaft auf Ebene der IMO zu agieren. Regionale Regularien, wie sie beispielsweise die Europäische Union im Saftey-Bereich erlassen hat, sind seiner Meinung nach wenig hilfreich, weil sie zu einer Fragmentierung von Vorschriften führen.
Michael Meyer