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Kaum war die Tinte unter den P&I-Policen trocken, da ließen der UK P&I Club und Britannia die Bombe platzen: Die Due Diligence für eine Fusion läuft bereits. Bis Juni soll ihr Zusammenschluss unter Dach und Fach sein.
In der P&I-Branche zeichnet sich nach diversen gescheiterten Anläufen im vergangenen Jahrzehnt nun doch ein Mega-Merger ab[ds_preview]. Wie die Manager des UK P&I Clubs (Nr. 2 der Branche hinter Marktführer Gard) und des Britannia P&I Clubs (Nr. 4) Ende Februar bestätigten, stehen beide Seiten in Verhandlungen über eine Zusammenlegung.

Mit einer versicherten Eigner-Tonnage von zusammen 230Mio. BRZ (zuzüglich 125Mio. Charter-Tonnage) würde der neue Club die heutige Nr. 1, den norwegischen Versicherer Gard, locker überflügeln. Der gemeinsame Marktanteil von UK und Britannia liegt nach HANSA-Schätzung bei über 21% gegenüber 17,5% für Gard. Sollten sich die Spitzen beider Clubs einig werden und ihre erweiterten Vorstände im April von den Vorteilen überzeugen, müssten noch die Reedermitglieder auf getrennten Hauptversammlungen im Juni ihre Zustimmung erteilen, damit die Fusion eingeleitet werden kann. Bis zu den nächsten P&I-Renewals im Februar 2017 bliebe dann wohl ausreichend Zeit für eine Integration.

Wie John Trew, Direktor bei Britannia und Deputy Chairman des Club-Managers Tindall Riley, gegenüber der HANSA erklärte, haben sich die Geschäftsführungen von UK und Britannia bereits seit dem vergangenen Sommer einander angenähert. »Mit dem Beginn der Due Diligence im Januar dieses Jahres wurde das Vorhaben dann konkret«, sagte Trew. Die Managementfirmen Thomas Miller und Tindall Riley, die die Gegenseitigkeitsvereine im Auftrag der Mitglieder verwalten, sollen im Falle eines erfolgreichen Club-Mergers ebenfalls vereinigt werden. Entsprechende Verhandlungen führen die Manager, deren übrige Produkte und Versicherungskonsortien weitgehend komplementär sind, parallel zu den UK-Britannia-Gesprächen. »Was für die Clubs gut ist, ist auch gut für die Manager. Es gibt fast gar keine Überschneidungen«, so Trew.

Strategisch befinden sich UK und Britannia weitgehend auf einer Linie: Beide konzentrieren sich stramm auf das P&I Geschäft und lehnen es bislang ab, benachbarte Bereiche der Transportversicherung (Seekasko, Offshore-Energie etc.) für sich zu erschließen, wie es die stärker diversifizierten Wettbewerber Gard, Skuld, Standard oder Swedish Club getan haben. Von einer Verschmelzung versprechen sich die beiden von London aus geführten Clubs erhebliche Betriebsgrößeneffekte. Die gemeinsamen Vorteile lägen in einer effizienteren Kapital- und Kostenstruktur und einem noch dichteren weltweiten Standortnetz für die Mitgliederbetreuung und den Vertrieb, unterstrich Trew. »Beide Clubs haben Größe als entscheidendes Kriterium identifiziert. Und mit einem gleichgesinnten Partner kann man die Größenvorteile relativ leicht realisieren.«

Britische Versicherungsmakler schätzen die Erfolgsaussichten für den Merger deutlich höher ein als bei früheren Annäherungsversuchen zwischen Clubs wie zum Beispiel dem Swedish Club mit Skuld oder Standard mit Britannia. »Die Sondierungen sind scheinbar schon weit vorangeschritten«, erklärte ein führender Makler.

Mit seinen erweiterten Ressourcen und Rücklagen von mehr als 1,1Mrd. $ könnte »UK Britannia« (einen offiziellen neuen Club-Namen gibt es noch nicht) viel schlagkräftiger am Markt auftreten. Der Abstand zu den kleineren Mitgliedern der International Group of P&I Clubs, mit denen gemeinsam Rückversicherungskapazitäten eingekauft werden, wäre beachtlich.

In Bezug auf versicherte Tonnage wäre der neue P&I-Riese rund dreimal so groß wie der Steamship Mutual oder West of England, mehr als fünfmal so groß wie der Swedish Club oder der London Club und sogar zehnmal größer als der spezialisierte Shipowners’ Club. Gard läge mit rund 200Mio. BRZ auf Platz 2. Bis Platz 3 gäbe es aber viel Luft: North P&I, der nächstgrößere Club, kommt auf 131Mio. BRZ.

Vermutlich kämen die kleineren Clubs ebenfalls unter Zugzwang. Einerseits werden die Kapitalanforderungen für sie aufgrund der steigenden Retention (Selbstbehalt) – also der Schadenstranchen, die sie allein ins Buch nehmen müssen – immer größer. Andererseits stellt sich grundsätzlich die Frage, wie lange die »Großen« die »Kleinen« überhaupt noch ernst genug nehmen, um mit ihnen unter einen gemeinsamen »Schutzschirm« der International Group zu agieren. Fakt ist: Für die kleineren P&I-Clubs sind die Einkaufsvorteile bei der Rückversicherung ganz erheblich. Für die Großen ist der Nutzen geringer.

Britannia und UK P&I beteuern allerdings, dass sich an ihrer bisherigen Linie als Verfechter des Gegenseitigkeitsprinzips und der International Group nichts ändern werde. »Der neue fusionierte Club wäre der denkbar stärkste Befürworter«, erklärte Trew. Der Verbund der P&I Clubs wäre mit 12 statt 13 Mitgliedern immer noch breit genug aufgestellt, um allen Teilnehmern des Systems Vorteile zu bieten.


Michael Hollmann