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Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) hat im vergangenen Jahr deutliche Umschlagrückgänge verkraften müssen. Um in Zukunft breiter aufgestellt zu sein, will der Hamburger Terminalbetreiber neue Märkte und Produkte erschließen
Der Containerumschlag der HHLA ist 2015 um 12,3% auf 6,6Mio.TEU zurückgegangen. Die anspruchsvollen Rahmenbedingungen hätten zu den rückläufigen Umschlagmengen geführt[ds_preview], teilte das Unternehmen auf seiner Bilanzpressekonferenz in Hamburg mit. Auch das Betriebsergebnis schrumpfte um 7,5% auf 156,5Mio. €, ebenso der Umsatz, der mit 1,1Mrd. € um 4,8% geringer ausfiel als im Vorjahr.

»Wir sind nicht zufrieden mit dem Jahr 2015, aber durchaus zufrieden mit dem, was wir unter diesen Rahmenbedingungen daraus machen konnten«, sagte Klaus-Dieter Peters, Vorstandsvorsitzender der HHLA. Peters betonte, dass sich die Weltwirtschaft insgesamt bei weitem nicht so entwickelt habe, wie das noch vor wenigen Jahren der Fall gewesen sei. So habe es mit nur 3,1% den geringsten Zuwachs seit dem Jahr 2009 gegeben. Zudem habe sich die Wachstumsdynamik in China, Hamburgs wichtigstem Handelspartner, verlangsamt. Dies hat sich auch negativ auf die weltweite Gesamtentwicklung im Containerumschlag ausgewirkt, der im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2014 nur noch um 1,3% zulegen konnte.

Infrastrukturproblematik

Nach Auskunft der HHLA sind die anhaltenden Restriktionen im Bereich der Infrastruktur neben der allgemeinen weltwirtschaftlichen Lage der Hauptgrund für die schwachen Umschlagzahlen im Hamburger Hafen. Allem voran wirke sich die noch immer nicht erfolgte Fahrrinnenanpassung der Elbe negativ auf die Ergebnisse aus. Der unbefriedigende Zustand des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) sei ein weiterer Faktor. Peters wertete es aber als positives Zeichen, dass diese Defizite nun auch von der Politik erkannt worden seien, die etwa in den Bau der fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel investiere.

Doch auch innerhalb des Hafens gibt es Probleme. Ein unzureichendes Sedimentmanagement führe zu einem Imageschaden des Standorts, denn »zu der bisher ausgebliebenen Fahrrinnenanpassung müssen wir den Reedern nun auch noch erklären, wieso wir die Solltiefen im Hafen nicht herstellen können«, fand Peters deutliche Worte. Hinzu kämen etwa Verkehrsengpässe sowie der schleppende Ausbau der Straßen und des Schienennetzes. Vor dem Hintergrund des verschärften Wettbewerbs zwischen den Häfen hätten all diese Infrastrukturdefizite in Hamburg inzwischen sogar zu nennenswerten Mengenverlusten geführt, erläuterte der HHLA-Vorstandsvorsitzende.

Dem versucht das Unternehmen durch verschiedene Ausbaumaßnahmen und Prozessoptimierungen entgegenzuwirken. Hierzu zählen der Ausbau bestehender Terminals, die Verbesserung der Verkehrssteuerung und die Vergrößerung des Netzwerks. In Budapest beispielsweise investiert der Konzern in den Bau eines neuen Hub-Terminals. Darüber hinaus will die HHLA-Tochter Metrans laut Peters zehn zusätzliche Loks und weitere Waggons erwerben. Allein im vergangenen Jahr seien 20 Lokomotiven von Bombardier hinzugekommen, sodass der Konzern nunmehr über mehr als 50 eigene Loks und rund 2.500 Waggons verfüge. Wöchentlich gibt es mehr als 350 Zugverbindungen, die die 13 eigenen Terminals anfahren.

In Hamburg baut die HHLA ihre Umschlageinrichtungen weiter aus. An der Installation neuer Lagerblöcke werde gearbeitet, überdies seien fünf weitere Großcontainerbrücken bestellt worden – drei für das Container Terminal Burchardkai (CTB) und zwei für das Container Terminal Tollerort (CTT). Ziel sei es, im Jahr 2017 drei Großschiffliegeplätze für Schiffe mit einer Kapazität von jeweils rund 20.000TEU vorhalten zu können, so Peters.

Neues Terminalbetriebssystem

Um die Prozesse auf den eigenen Terminals effektiver zu gestalten, hat sich die HHLA Anfang dieses Jahres für ein neues Terminalbetriebssystem entschieden. Die Wahl fiel auf das N4 von Navis, das die HHLA in Hamburg künftig auf allen ihrer drei Containerterminals einsetzen will. Mit ausgereiften Multi-Terminal-Funktionen für die Verarbeitung, Planung, Verwaltung und Ausführung von Aufträgen biete das weltweit bereits auf vielen Terminals genutzte N4 der HHLA eine Plattform, um in den kommenden Jahren flexibel auf Technologieanforderungen reagieren zu können, hieß es. »Die Rahmenbedingungen unserer Industrie verändern sich laufend. Wir können diesen Veränderungen nur begegnen, wenn wir die Leistungsfähigkeit unserer Anlagen und Systeme immer weiter verbessern«, so Heinrich Goller, Direktor Betrieb bei der HHLA, über die Beweggründe.

Trotz der schwierigen Marktlage wartete die HHLA aber auch mit positiven Zahlen auf, etwa im Segment Intermodal. Dieses habe sich in den vergangenen Jahren zum zweiten Standbein entwickelt, so Peters. Die transportierten rund 1,3Mio.TEU entsprechen einer Steigerung von 2,7% im Vergleich zum Vorjahr. Hier konnten die Umsatzerlöse um 3,6% auf 364Mio. € gesteigert werden, das EBIT verdoppelte sich in diesem Segment sogar auf 55,2Mio. €.

Ebenfalls positiv zu bewerten ist der signifikante Rückgang der CO2-Emissionen. Seit 2008 seien diese um fast 30% zurückgegangen. Damit hat die HHLA ihr für 2020 gestecktes Ziel nach eigener Aussage bereits fünf Jahre vorher als geplant schon fast erreicht.

Die Zukunft im Blick

Aufgrund anhaltender regionaler Risiken, Infrastrukturdefizite und nicht zuletzt der prognostizierten wirtschaftlichen Entwicklung erwartet der Konzern für das laufende Jahr ein Umschlagergebnis im Bereich von 2015. Beim Containertransport rechnet das Unternehmen mit einer leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr, während der Umsatz in der Größenordnung von 2015 prognostiziert wird. Das Betriebsergebnis (EBIT) werde sich vermutlich zwischen 115 und 145Mio. € bewegen. Darin eingeschlossen sei ein einmaliger Konsolidierungsaufwand im Segment Logistik in Höhe von 15Mio. €, erläuterte der Vorstandsvorsitzende.

Was die Reedereibranche betrifft, sieht Peters in Zukunft viele Fragezeichen. Er ist jedoch sicher, dass es »dramatische Umwälzungen bei den Allianzen geben wird«. Einige Schifffahrtsunternehmen hätten in der jüngeren Vergangenheit bereits Mengen an andere Reeder verloren.

Dieser unsicheren Entwicklung will die HHLA mit einem zusätzlichen Standbein begegnen, denn sie rechnet auch künftig mit einer »nachlassenden Wachstumsdynamik im Bereich Container«. »Um die sich uns bietenden Chancen gezielt zu nutzen und einseitige Abhängigkeiten und Risiken zu reduzieren, haben wir mit unserer Diversifizierungsstrategie zukünftig für den Konzern mehrere tragende Säulen im Blick«. Man strebe ein beschleunigtes horizontales Wachstum durch eine erweiterte Regional- und Produktstrategie an. Konkret machte Peters dazu keine Angaben, deutete aber an, das Unternehmen habe beispielsweise bereits Erfahrung im Breakbulksektor und im RoRo-Bereich.

»Wir werden unsere Suche nach attraktiven Hafenprojekten in Wachstumsmärkten intensivieren und Chancen konsequent nutzen«, kündigte Peters an. Dabei sei man nicht auf Europa fixiert. Die Entscheidung für das Hub-Terminal Budapest etwa sei aus langfristigen strategischen Gründen gefallen. Die Anlage biete die Möglichkeit, sich über Piräus in die New-Silk-Road einzuordnen, einer über 12.000km langen Schienenverbindung für Güterzüge, die mittlerweile zwölf chinesische Städte mit neun europäischen verbindet.
Thomas Wägener