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Der Terminalbetreiber Eurogate hat eine gemischte Bilanz für 2015 vorgelegt., Emanuel Schiffer Vorsitzender der Geschäftsführung, spricht im Interview mit der HANSA über Vorteile in Wilhelmshaven, die Unterschiede zur Konkurrenz und die Erwartungen für 2016

Wie zufrieden sind Sie mit dem Jahr 2015?

Emanuel Schiffer:

In Deutschland hatten wir 1,5% Wachstum. Im Vergleich[ds_preview] zu dem Gesamtminus von 1,6% entlang der Nordrange haben wir uns gut geschlagen. In der Summe konnten wir den Jahresüberschuss nach Steuern von 64,8 auf 73,5Mio. € steigern, ein Plus von 13,4%. Das EBIT wuchs von 76,5 auf 91 Mio. €. Das ist keine schlechte Entwicklung in diesen Zeiten.

Was kam Ihnen zugute, während es an anderen Standorten zum Teil einen großen Rückgang gab?

Schiffer:

Wir profitieren von unserer Kundenstruktur. Unser Transshipment-Volumen ist deutlich geringer als bei anderen. Also konnten wir auch nicht viel verlieren. Wir waren dabei auch nicht so stark von ausgelassenen Reisen betroffen.

Welche Erwartung haben Sie für das laufende Jahr?

Schiffer:

Für Hamburg erwarte ich, dass wir mindestens den Vorjahreswert erreichen, weil sich die Verhältnisse nicht groß geändert haben. Mit IRISL haben wir noch ein heißes Eisen im Feuer. Das ist der erste Neukunde seit vielen Jahren. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass sie wieder zum Hamburger Steinweg-Terminal gehen. Aber sie wollen relativ schnell von 2.500-TEU- auf 6.000-TEU-Schiffe wechseln, das wird dann dort nicht mehr gehen. Aktuell wissen wir auch noch gar nicht, wie die Neuordnung der Allianzen ausfällt. Die 2M von Maersk und MSC, unseren Hauptkunden, ist aber vermutlich die einzige Allianz, die stabil bleiben wird.

Bremerhaven hatte ja zuletzt Rückgänge gemeldet, nun steht man mit 5,5Mio. TEU auf Vorkrisenniveau. Glauben Sie, dort jetzt wieder den vormaligen Höchstwert von 6Mio. TEU erreichen zu können?

Schiffer:

Ich glaube, dass sich der Umschlag jetzt stabilisiert hat. Für uns zählen die beiden Standorte ohnehin zusammen, weil wir dort mit Maersk und MSC die beiden gleichen Hauptkunden haben. In der Summe sind Bremerhaven und Wilhelmshaven um 1,9% gewachsen.

Führt aus Ihrer Sicht die Entwicklung zu immer mehr Großschiffen auf den Fernost-Europa-Routen dazu, dass Wilhelmshaven künftig mehr vom Kuchen abbekommt?

Schiffer:

Wir gehen davon aus, dass der Vorteil Wilhelmshavens langfristig bedeutender wird. Ein Anlauf in Hamburg ist eine Frage von Mehrkosten und eine Frage der Zeit. Angesichts des verbreiteten Slow Steamings ist die Zeit kein Problem mehr. Wenn aber die operativen Schwierigkeiten im täglichen Betrieb größer werden – und das sehen wir immer wieder – oder insbesondere in Winterperioden mit Wind die Revierfahrt erschwert wird, dann begünstigt dies Wilhelmshaven.

Am JadeWeserPort gab es zuletzt eine Versechsfachung des Umschlags auf jetzt eine knappe halbe Million TEU. Sind die Startschwierigkeiten damit überwunden?

Schiffer:

Es gab ein Wachstum von 67.000 auf 426.000TEU. Für das letzte Jahr muss jedoch bedacht werden, dass rund 70.000TEU aus Bremerhaven verlagert wurden, die dort nicht umgeschlagen werden konnten, nachdem ein Containerkran auf ein Schiff stürzte. Wenn wir dieses Jahr ohne diesen Effekt das gleiche Ergebnis erreichen, wäre das gut. Unser Ziel für 2016 sind rund 450.000TEU.

Läuft der Betrieb mittlerweile profitabel?

Schiffer:

Nein, wir haben den Break-even-Punkt noch nicht erreicht, damit rechnen wir erst 2018/2019.

Großschiffe führen für den Reeder zu Skaleneffekten, auf der Landseite aber auch zu einer Kostenerhöhung. Wie gehen Sie damit um?

Schiffer:

Das hängt von der Infrastruktur ab. Wenn man ein Terminal wie in Wilhelmshaven von Anfang an auf 3.000TEU pro Kajen-Meter und Jahr ausgelegt war, können auch Spitzenwerte bewältigt werden, es gibt ausreichend Platz. In Bremerhaven wurde noch vor 10 bis 15 Jahren von einem Umschlag von 850 bis 1.000TEU ausgegangen. Heute sind wir dank der Effizienzsteigerungen bei NTB bei 2.000TEU. In Hamburg ist dies nicht zu schaffen, denn neben den Platzbeschränkungen gibt es weitere Restriktionen. Im Waltershofer Hafen müssen für jedes einlaufende Großschiff alle Containerbrücken hochgefahren werden. Auch die Tideabhängigkeit hat Einfluss auf die Arbeit am Terminal und das Schichtsystem. Dadurch entstehen Wartezeiten und Ineffizienzen.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies will die Kapazität in WHV weiter ausbauen. Aktuell steht einer Kapazität von 2,7Mio. TEU ein Umschlag von 0,5Mio. TEU gegenüber. Das klingt nicht nach besonderer Dringlichkeit.

Schiffer:

Unsere Position ist da eindeutig. Die nominelle Überkapazität in den deutschen Häfen liegt zwischen 8 und 10Mio. TEU. Solange dies so ist, braucht man über neue Terminals nicht nachzudenken. Diese Meinung kennt Herr Lies auch, ein von ihm in Auftrag gegebenes ISL-Gutachten sagt allerdings ein höheres Wachstum voraus. Wir glauben hingegen nicht an Wachstumsraten von 5% und mehr wie früher, sondern rechnen eher mit moderaten 2%.

Die ARA-Häfen haben offenbar kein Problem mit Überkapazitäten, sondern schaffen eher Kapazitäten, z. B. ein Shortsea-Hub in Rotterdam.

Schiffer:

Man muss aber beachten, dass dafür Terminalflächen aufgegeben werden. Auch dort bemüht man sich, Angebot und Nachfrage in Gleichklag zu bringen. Aber das wird noch eine Weile dauern.

Wie bewerten Sie den oftmals kolportierten Wettbewerbsvorteil von Antwerpen oder Rotterdam gegenüber den deutschen Seehäfen?

Schiffer:

Wichtig ist doch der Modal Split. In Rotterdam wurden die entsprechenden Vorgaben weit verfehlt. Die stärkere Ausrichtung der deutschen Seehäfen auf die Bahn trägt nach wie vor Früchte. Man kann sich auch fragen, wie lange die Verbindungen von Rotterdam ins deutsche Hinterland noch laufen werden, wenn die öffentliche Förderung ausläuft. Eigentlich sind die Verbindungen zu den deutschen Seehäfen eindeutig besser. Andererseits muss Rotterdam auf Gedeih und Verderb ins deutsche Hinterland, um die vorhandenen Kapazitäten zu füllen. Im Moment ist der Druck nicht so groß, weil die Maasvlakte 2 noch nicht voll läuft. Aber wenn dies passiert, womit ich nicht vor Ende 2016 rechne, werden die Niederländer versuchen, noch mehr Direktzüge nach Deutschland zu fahren.

Wie beurteilen Sie das Eurogate-Netzwerk, auch im globalen Vergleich?

Schiffer:

Wir sind gut aufgestellt, verfolgen aber auch eine andere Strategie als etwa Hutchison, PSA oder APMT. Diese Global Player kaufen Terminals zu hohen Preisen, um sie langfristig zu betreiben. Das können und wollen wir nicht. Wir investieren in Greenfield-Projekte, die wir selbst entwickeln, wie Tanger in Marokko oder Ust-Luga in Russland. Jetzt haben wir gerade die Konzession für den Hafen Limassol auf Zypern erhalten. Das ist kein Greenfield, passt allerdings zu unserem bestehenden Netzwerk. Wir haben uns – letztlich leider erfolglos – auch in Haifa beworben. Ein hohes Investment in einen einzelnen Standort, beispielsweise in China, ergibt für uns dagegen keinen Sinn.

Befürchten Sie für die Zukunft eine Verlagerung von Gütermengen von der Nordrange ins Mittelmeer? Ihre Muttergesellschaft BLG hat ein größeres Transport-Kontingent an Fahrzeugen von Bremerhaven an Koper abgeben müssen. Droht das auch im Containerverkehr?

Schiffer:

Wann macht das Sinn? Nur, wenn der Dienst im Mittelmeer dreht und nicht nur einen Zwischenstopp einlegt. Ein Beispiel: China Shipping schlägt in Hamburg 6.000 Container um. Es wird noch lange dauern, bis der Carrier die Möglichkeit hat, diese 6.000 Container alternativ über die Schiene nach Deutschland oder Nordeuropa zu bringen.
Krischan Förster, Michael Meyer