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Die Anforderungen an die Antriebstechnik von Schiffen werden zunehmend komplexer. Neben einer hohen Effizienz soll sie möglichst wenig Geräusche und Vibrationen verursachen.


Schiffstypen, für die Kunden einen möglichst leisen Antrieb wünschen, sind vor allem Marinefahrzeuge und Yachten. Die Gründe liegen auf der[ds_preview] Hand. Während Marineschiffe, insbesondere U-Boote, schlichtweg von feindlichen Schiffen nicht aufgespürt werden sollen, wollen Yachtbesitzer durch weniger Motorengeräusche in erster Linie den Fahrkomfort erhöhen.

»Der Antriebsstrang ist die Hauptlärmquelle«, erklärte Dietrich Wittekind von DW Ship Consultant, auf dem vom Augsburger Unternehmen Renk ausgerichteten Symposium »Innovative Trends in Marine Drive Trains« Mitte Mai in der Fuggerstadt. Dort trafen sich rund 100 Antriebsexperten, um über anstehende Projekte, Anforderungen und den aktuellen Stand der Technik zu diskutieren. »Elektroantriebe sind ein Muss, wenn man einen leisen Antrieb haben will«, so Wittekind.

Friedrich Wirz von der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) informierte über die Auswahlkriterien für hybride und für elektrische Antriebssysteme. Ein hybrides Antriebssystem sei eine Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmaschinen, die parallel angeordnet seien. Ein Diesel- und ein Elektroantrieb in Reihe seien indes grundsätzlich ineffizient, würden aber Vorteile beim Manövrieren und in Sachen Flexibilität bieten. Darüber hinaus könne eine solche Anordnung die Vibrationen verringern. Wirz erläuterte drei Modelle, zuerst einen reinen dieselelektrischen Antrieb. Dieser habe den Vorteil, dass er besonders Effizient durch den bedarfsgerechten Einsatz von Dieselgeneratoren sei. Im zweiten Modell ging es um einen Dieselantrieb mit Power Take Off (PTO-Generator). Hier sieht der Experte den Vorteil in der optimalen Belastung der Hauptmaschinen. Im dritten Modell veranschaulichte Wirz einen Hybridantrieb. Hier hätten alle Maschinen eine optimale Belastung, stellte er heraus.

Im Ergebnis sollte man sich für einen dieselelektrischen Antrieb entscheiden, meinte Wirz, wenn das Verbrauchsverhältnis von Bordstrombedarf und Antriebsleistung hoch und variabel sei, die Anlage über mehrere Dieselgeneratoren verfüge, die von Motor ausgehenden Vibrationen beschränkt werden sollten, und wenn die Manövrierfähigkeit von hoher Bedeutung sei. Die Wahl sollte auf ein Hybridsystem fallen, wenn die Drehzahl bzw. das Lastprofil variabel sei und die vom Motor verursachten Schwingungen bei bestimmten Betriebsarten beschränkt werden sollten. Bei der Auswahl und Dimensionierung eines solchen Antriebssystems sei es aber unabdingbar, gründliche Kenntnisse über das Betriebsprofil des Fahrzeugs zu haben. Der Antrieb durch Batterien würde Vorteile bieten, wenn die durch den Motor übertragenen Vibrationen vermieden werden sollten, die gespeicherte Energie begrenzt sei, d.h. wenn es niedrige Anlagenbelastungen für kurze Zeiträume gebe und wenn Lastschwankungen gepuffert werden könnten.

Neuer Antrieb und Prüfstand

Bernhard Vollmer, Head of Marine Sales bei Renk, sieht eine erhöhte Nachfrage nach elektrischen Antrieben, insbesondere für Forschungsschiffe, Megayachten und Marinefahrzeuge. Aus diesem Grund hat das Unternehmen den sogenannten Advanced Electric Drive (AED) entwickelt. Dieses Antriebssystem soll eine Alternative zu den schweren und viel Bauraum beanspruchenden E-Antrieben sein, die mit Propellersystemen drehen.

Die Neuentwicklung vereint Elektromotor und Getriebe auf einem gemeinsamen Rahmen. Dank einer Lagerung auf weich­elastischen Dämpfungselementen und mit einer hochelastischen Propellerkupplung, führe dies zu einem sehr leisen Lauf, so der Hersteller. Auch der Kühlmantel des wassergekühlten E-Motors und das doppelschrägverzahnte Untersetzungsgetriebe würden dazu beitragen. Vollmer zufolge wiegt der AED zudem rund 40% weniger als ein herkömmlicher Dieselantriebsmotor. Mit einer Leistung von 3,7 MW bringe der AED 37 nur 23t auf die Waage. Darüber hinaus sei die Einbauhöhe der für Fest- und Verstellpropeller geeigneten Antriebseinheit relativ gering.

Das Antriebssystem ist modular aufgebaut und in vier Größen von 1,4 bis 6 MW Leistung lieferbar. Die mit niedrig oder Mittelspannung arbeitenden Motoren sind je nach Antriebsgröße für maximale Propellerdrehzahlen von 190 bis 450 Umdrehungen pro Minute ausgelegt.

Bei Neubauten wird heute verstärkt auf geräuschärmere Motoren geachtet. Im Marinebereich verfolgen gleich mehrere Staaten das Ziel, ihre Flotte zu erneuern und mit solchen geräuschärmeren Antriebseinheiten auszustatten. Jeffrey Zamarin von der U.S. Coast Guard stellte die neue Schiffsgeneration der amerikanischen Küstenwache vor, die die Fahrzeuge der 1967 bis 1972 gebauten 378-Fuß-Klasse sukzessive ersetzen sollen. Insgesamt sind neun neue Fahrzeuge geplant. Fünf davon sind bereits in Betrieb, eines steht kurz vor der Inbetriebnahme und die übrigen drei werden gegenwärtig gebaut. Jedes Schiff ist mit zwei Maschinenräumen ausgestattet. Die Einheiten verfügen jeweils über zwei 20V-Dieselmotoren von MTU vom Typ 20V 1163 TB 93. Backbord und Steuerbord sind Hauptuntersetzungsgetriebe mit der Bezeichnung AS 198F von Renk installiert.

Enrico Ferrari, bei Fincantieri im Bereich Militärschiffe tätig, informierte über eine neue Generation von Multipurpose Offshore Patrol Ships für die italienische Marine. Diese laufen unter der Serie PPA. Im November 2015 wurde bereits die siebte Einheit geordert. Die übrigen sechs wurden rund ein halbes Jahr zuvor in Auftrag gegeben Ferner gibt es eine Option auf drei weitere Schiffe. Zwischen den Jahren 2021 und 2026 sollen die Einheiten abgeliefert werden.

Die vier Fregatten der Serie F125, die derzeit in Hamburg für die Deutsche Marine gebaut werden, wurden ebenfalls thematisiert. Renk liefert die Hauptantriebseinheiten für die Schiffe. Diese bestehen jeweils aus 4,5 MW starken Elektromotoren und einer 20 MW Gasturbine.

Der Ausrichter selbst nutzte die Gelegenheit, die Symposium-Teilnehmer über seinen erst kürzlich in Betrieb genommenen Multifunktions-Prüfstand für Getriebe zu informieren, auf dem Vollasterprobungen bis zu 12 MW möglich sind. Die insgesamt 1.250m2 große Prüffläche beinhaltet zwei größere und zwei kleinere Testflächen und eignet sich insbesondere zum Test von Prototypen oder Sonderbauten im Schiffbau. Sie steht auch externen Herstellern zur Verfügung.

Renk zufolge stehen rund 100.000 l Öl zur Erprobung von Prüflingen bereit. Der gesamte Kühlkreislauf der Anlage enthält ca. 300.000 l Wasser. In das Prüffeld sind zehn Motoren integriert, die auch als Generatoren und dabei bidirektional eingesetzt werden können


Thomas Wägener