Reeder aus Haren kämpfen

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Mit großen Appellen und Forderungen an die[ds_preview] Politik ist kaum zu rechnen, wenn Reedereien und maritime Dienstleister heute in Haren auf dem 18. Seeschifffahrtstag zusammenkommen. Die Mühe kann sich die Branche sparen.

Das zeigt die Erfahrung früherer Seeschifffahrtstage an der Ems seit Krisenausbruch. Alle Ersuche um staatliche Garantien, steuerrechtliche Zugeständnisse oder Beistand gegenüber den Banken verliefen mehr oder weniger im Sande.

Den Reedereien blieb nichts übrig, als sich selbst zu helfen. Einigen ist inzwischen aufgrund massiver Flottenverluste die Geschäftsgrundlage so gut wie abhanden gegangen. Immerhin: Die allermeisten Unternehmen sind noch da. Natürlich geht der Überlebenskampf für viele weiter.

»Doch diejenigen, die es bis hierhin geschafft haben, haben gezeigt, dass sie es schaffen können. Sie haben sich auch den neuen Anforderungen der Banken und Investoren in Bezug auf Reporting und Transparenz angepasst«, stellt der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Harener Reeder, Bernd Sibum, fest.

Seine eigene Reederei betreibt nach einigen Abgängen dieses Jahr weiterhin sechs Container-Feederschiffe. Auch wenn der Markt nicht leicht sei, gebe es für die kleineren Typen immer noch bessere Beschäftigungschancen als für größere Einheiten wie ältere Panamaxe und Postpanamaxe. Vor allem für die auf Nord- und Ostsee spezialisierten SSW-Typen (1.000 TEU, Eisklasse) laufe es bislang relativ gut, so Sibum.

Einige Reeder aus Haren bauen Flotten aus

Einige Reedereien aus Haren konnten mittlerweile ihre Flotten wieder ausbauen und größeres Neugeschäft akquirieren. Bestes Beispiel: der Kümo-Reeder Hermann Lohmann. Seine Firma HLB hat die Zahl der bereederten Schiffe binnen weniger Jahre auf über 20 Einheiten vervielfacht und damit weit über Haren hinaus Aufmerksamkeit erregt. Auch andere Firmen, die sich auf Kümos und Minibulker spezialisieren, wittern wieder Möglichkeiten.

»Wir haben dieses Jahr schon einige Schiffe besichtigt und sind in engem Kontakt mit An- und Verkaufsmaklern«, berichtet Nicole Gerdes, Mitglied der Geschäftsführung der Reederei Gerdes, die 13 Schiffe betreut (11 eigene + 2 von Dritten). Die Frachten im Shortsea-Sektor seien zwar auf niedrigem Niveau, aber immerhin ausreichend, um die Finanzierung eines Schiffsankaufs darzustellen. Und: Für solches Spezialgeschäft ließen sich trotz Zusammenbruchs des KG-Marktes Privatanleger mobilisieren. »Ich glaube, dass es für uns noch genügend Anleger gibt, die an Schiffsinvestitionen glauben«, so Gerdes. Jedenfalls seien die Kapitalvertriebe, mit denen die Familienreederei traditionell zusammenarbeitet, »auf der Suche nach Projekten«.

Neubauprogramm für Feederschiffe

Im Bereich der Containerschifffahrt haben der Schiffsmakler Arkon Shipping und die Reederei Jüngerhans kürzlich ein größeres Neubauprogramm für Feederschiffe auf den Weg gebracht. Die Partner lassen vier 1.000-TEU-Schiffe, die für den Einsatz in Nordsee und Irischer See konzipiert sind, auf der chinesischen Werft Zhoushan Changhong zur Ablieferung ab 2018 bauen. Charterer ist der britische Shortsea-Carrier BG Freight Line.

Die Finanzierung wird komplett von lokalen Partnern in China bereitgestellt. Den Partnern sei damit gelungen, was große Linienreeder wie CMA CGM und MSC schon seit Jahren mit ihren Leasingfinanzierungen für Großcontainerschiffe vormachen. »Wir haben einfach selbst in China angeklopft und gefragt, ob man das nicht auch für Feederschiffe hinbekommt«, sagt Arkon-Geschäftsführer Torsten Westphal.

Mangel an Eigenkapital

Hierzulande sieht der Experte aus Haren nach wie vor kaum Möglichkeiten, das erforderliche Eigenkapital für ganze Schiffsserien einzuwerben. »Es lohnt sich nicht mehr, über die Lande zu ziehen. Entweder die Ladungsseite gibt das Eigenkapital oder wir finden andere Wege wie Leasing-Systeme oder Fondslösungen«, so Westphal.

Möglichkeiten für neue innovative Schiffsprojekte im Nordwesten werde es in den nächsten Jahren zuhauf geben, weil sich das gesamte Umfeld für die Schifffahrt rasant verändere: strengere Emissionsgrenzen und Umweltauflagen, die Einführung neuer Treibstoffe und Antriebsformen, veränderte Anforderungen seitens der Ladungskunden in der Industrie. »Das sind Jahrhundertchancen«, unterstreicht Westphal, »dazu muss man aber mit der Industrie in ständigem Dialog bleiben«.