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Übernahmen, Fusionen, Insolvenzen, Investoren, Banken – der Markt verändert sich durch die Krise stark. Davon ist auch das Bereederungsgeschäft betroffen, was sich vor allem in der Vertragsgestaltung zeigt
Noch bis vor einigen Jahren haben deutsche Shipmanager gerne und häufig mit ihrem Hausvertrag gearbeitet. Zumeist diente als Grundlage für[ds_preview] die Gestaltung des Hausvertrages der klassische deutsche (und deutschsprachige) Bereederungsvertrag mit einem einfachen Muster und Aufbau: Er beinhaltete grundsätzlich nur eine knappe, oftmals relativ allgemein gehaltene Aufgabenbeschreibung, verbunden mit einer langen Laufzeit und einer prozentualen Beteiligung an den Einnahmen des Schiffes als Vergütung. Obwohl sich dieser Vertragstyp über viele Jahre bewährt hat, lässt sich nun eine neue Tendenz beobachten: Der klassische Hausvertrag ist im Bereederungsalltag nicht mehr durchsetzbar und wird bei dem niedrigen Ratenniveau zudem als unattraktiv bewertet.

Abgelöst wurde und wird dieser Vertragstyp zunehmend von dem von der BIMCO publizierten »Shipman«. Neben den finanziellen Rahmenbedingungen haben zu dieser Entwicklung insbesondere die finanzierenden Banken und Drittinvestoren beigetragen, die im Shipman oftmals das geeignetere Vertragsmodell sehen. Zu den Vorzügen gegenüber den »Bereedereigengewächsen« wird zunächst gezählt, dass der Vertrag in englischer Sprache zur Verfügung steht. Weiter wird häufig der ausführlichere Charakter der Aufgaben- und Verantwortlichkeitsbeschreibungen in Form sehr kleinteiliger und genauer Regelungen hervorgehoben. Die Vertragsparteien haben die Möglichkeit, unter den vorgegebenen Regelungsalternativen die für ihren Fall passende zu wählen. Die Formulare können problemlos ergänzt und angepasst werden. Mit Länge und Detaillierungsgrad steigen allerdings gleichzeitig der Bearbeitungsaufwand bei der Vertragsgestaltung und die Gefahr von unklaren bzw. widersprüchlichen Regelungen insbesondere bei der Verwendung von Zusätzen im Vertragstext oder durch Rider Clauses.

Während in dem klassischen deutschen Bereederungsvertrag grundsätzlich ein Prozentsatz der Chartereinnahmen als Vergütung für die technische Bereederung vorgesehen war, werden nun zunehmend fixed fees, also feste Tages- oder Jahressätze als Bereederungsgebühr gefordert bzw. von den Bereederern vorgeschlagen. Mit der Wahl des Shipman-Formulars erfolgt diese Weichenstellung bei dem Vergütungsmodell automatisch. Der Vorteil liegt auf der Hand: für alle Parteien herrscht Planungssicherheit, was die Kosten des Bereederers selbst angeht. Aber auch der Nachteil ist offensichtlich: Für den Bereederer gibt es bei diesem Modell keine »Upside«, eine Teilhabe an positiven Ratenentwicklungen entfällt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass auch für den Reeder kein Anpassungsrecht bei weiter fallenden Raten besteht. Einigen sich die Parteien hingegen auch weiterhin auf eine Vergütung auf Basis eines prozentualen Anteils, sollte klar geregelt werden, auf welche Einnahmen des Schiffes sich die prozentuale Vergütung bezieht.

Durch den Druck und den Einfluss der Investoren haben sich die Anforderungen an den Bereederer erhöht. Für den Investor ist es wichtig, dass die Leistungen transparent und nachvollziehbar sind. Um dem Manager Anreize zu geben, aber auch um seine Leistung zu kontrollieren, werden zunehmend Benchmarkingklauseln in Bereederungsverträgen vereinbart. Im Rahmen solcher Klauseln wird die Vergütung des Bereederers an bestimmte Leistungen und Ziele geknüpft, die es für den Bereederer zu erreichen gilt.

Zunehmend verbreitet sind Kombinationsmodelle: Dem Bereederer wird eine feste Gebühr gezahlt sowie ein leistungsabhängiger zusätzlicher Betrag (»merit-based variable fee«) für das Erreichen besonderer Leistungsmerkmale, wie beispielsweise für die Unterschreitung von festgelegten OPEX-Sätzen, für das Erreichen besonders niedriger Off-Hire-Zeiten oder beim full-service management auch für das Überschreiten von bestimmten Einnahmegrenzen. Als leistungsabhängiger Betrag wird oftmals eine Festgebühr oder ein Prozentsatz der Einnahmen vereinbart. Solche werden aber ebenfalls in die entgegengesetzte Richtung eingesetzt. Werden bestimmte KPIs verfehlt, wird die Bereederungsgebühr gekürzt, es können sogar Sonderkündigungsrechte zum Tragen kommen.

Derartige Benchmarkingklauseln bedürfen einer sehr genauen Regelung: Die Standardmusterverträge müssen um entsprechende Bestimmungen ergänzt beziehungsweise angepasst werden. Dabei müssen die KPIs für die Leistung des Bereederers präzise festgelegt werden. Die Parteien sollten immer beachten, dass die Benchmark genau definiert ist. Häufig wird auf die Einhaltung, Unter- oder Überschreitung des OPEX-Budgets Bezug genommen. Ebenso wird – insbesondere für Abzüge von der Bereederungsgebühr oder Sonderkündigungsrechte – eine regelmäßige Beurteilung des Schiffszustandes vorgenommen.

Wird die Vergütung etwa an die Einhaltung eines festgesetzten OPEX-Budgets gebunden, sollte der Umgang mit Sonderfaktoren für den Anstieg von Betriebskosten, wie Großeinkäufe von Schmierstoffen, Veränderungen des Fahrtgebietes im Budgetjahr, Unfälle oder Kollisionen und ähnlichem genau geregelt werden. Auch ein außergerichtlicher Streitschlichtungsmechanismus sollte zumindest in Erwägung gezogen werden.

Gerade wenn an das OPEX-Budget Benchmarking-Klauseln anknüpfen, kommt auch der alljährlichen Abstimmung der Betriebskostenplanung große Bedeutung zu. In dieser Situation kann es passieren, dass sich die Parteien nicht einig werden – der Bereederer will ein möglichst hohes Budget vereinbaren, während der Eigentümer die Betriebskosten so gering wie möglich halten möchte. Auch für eine solche Situation kann durch entsprechende vertragliche Gestaltung eine Lösung gefunden werden. Eine Variante können Adjudikationsklauseln sein, also solche, mittels derer die Parteien einem Dritten die Budgetbestimmung (ggf. in bestimmten Grenzen) überlassen. Ansonsten wird typischerweise ein Sonderkündigungsrecht vorgesehen.

Wenn die Parteien an das Einhalten, Unter- bzw. Überschreiten von Einnahmengrenzen Konsequenzen knüpfen wollen, muss der Referenzmaßstab z.B. durch Auswahl geeigneter Indizes genau bestimmt werden. Soll sich die Vergütung des Bereederers am Schiffszustand bemessen, muss festgelegt werden, wie und durch wen der Schiffszustand bewertet wird. Ein entsprechendes Notensystem zur Bewertung bzw. die Vereinbarung spezieller Kategorien kommen hierfür in Betracht. Ebenso ist auch hier zu berücksichtigen, dass nicht durch den Bereederer verursachte Verschlechterungen ausgenommen werden. Denkbar sind etwa Fälle, in denen aufgrund des Fahrtgebietes bzw. der Anforderungen eines Charterers bestimmte Wartungsmaßnahmen aufgeschoben werden müssen.

Besonders die finanzierenden Banken und Drittinvestoren legen inzwischen großen Wert auf transparente Leistungsbewertung. In diesem Zusammenhang spielen Benchmarkingregelungen eine große Rolle. Neues wird häufig kritisch beäugt. Doch Skepsis ist fehl am Platz. Benchmarkingklauseln stellen für den Bereederer eine echte Chance dar. Er kann seine besondere Kompetenz und Eignung unter Beweis stellen und durch das Erzielen besonderer Leistungen seine Vergütung aufstocken. Gleichzeitig profitiert auch der Reeder von solchen Klauseln. Die Leistung des Bereederers ist für ihn transparenter und nachvollziehbarer. Erforderlich und essentiell bei der Nutzung von Benchmarkingklauseln ist selbstverständlich eine gute und präzise Vertragsgestaltung.

Jan-Erik Pötschke