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HANSAInsight 24 | 2016

Source: VesselsValue
Die Konsolidierung in der weltweiten Containerschifffahrt hat in den vergangenen Monaten merklich Fahrt aufgenommen – zuletzt mit der Übernahme von Hamburg Süd durch Maersk. Über weitere Fusionen und Übernahmen – vor allem in Taiwan – wird eifrig spekuliert. Schon jetzt hat sich die Konzentration von Kapazitäten und Flotten-Werten in den Top 20 der Linienreeder stark erhöht. Ein Drittel des weltweiten Flottenwertes entfällt allein auf die jüngsten fünf Fusionen und Übernahmen (Source: VesselsValue)

Labskaus statt Labsal

Das traditionelle Reederessen, alljährlich im Dezember in der Hamburger Handelskammer, stand ganz im Zeichen einer neuen Bescheidenheit. Inmitten der tiefen Krise, in die nicht nur die gesamte deutsche Schifffahrt, sondern inzwischen auch ihr Verband der Deutschen Reeder (VDR) als Gastgeber gestürzt ist, wurde gute Seemannskost aufgetischt: Labskaus statt Rinderfilet. Auch die Zahl der Teilnehmer fiel wesentlich geringer aus als in den Vorjahren.

In der Branche wundert’s kaum Jemanden. Und wer es nicht auf Anhieb präsent hatte, den erinnerte VDR-Präsident Alfred Hartmann in seiner Begrüßungsrede daran, dass die deutsche Handelsflotte seit 2012, also in nur vier Jahren, um ein Viertel geschrumpft ist. Statt 3.600 Schiffen waren es zuletzt nur noch 2.700. Tendenz fallend. Denn angesichts zahlreicher Insolvenzen und vieler Notverkäufe ist mit weiteren Verlusten zu rechnen.

Während das Schicksal vieler, vor allem kleinerer Reeder zwischen Elbe und Ems schon besiegelt scheint und auch größere Unternehmen zunehmend in Turbulenzen geraten, beschwor Hartmann alle Anwesenden, um den Schifffahrtsstandort Deutschland zu kämpfen. Es sei, so der VDR-Präsident, ein verschärfter Standortwettbewerb zu beobachten. »Gerade Investoren vergleichen sehr genau und wägen ab«, so Hartmann. Anders als vielleicht als in der Vergangenheit sei Deutschland dabei nur noch eine unter vielen Optionen.

Andere Länder böten sogar attraktivere Konditionen. Gerade in Großbritannien mit der Finanzmetropole London werde nach der Brexit-Entscheidung massiv die Werbetrommel gerührt. »Wir müssen dringend klären, für welche Geschäftsmodelle der Standort Deutschland prädestiniert ist und welche Kernkompetenzen und Alleinstellungsmerkmale ihn auszeichnen«, so Hartmann.

Er verwies durchaus auf die jüngst getroffenen Entscheidungen im politischen Berlin, die zusätzlich zur Tonnagesteuer ab 2017 die Schifffahrt unter deutscher Flagge entlasten sollen: vollständiger Lohnsteuereinbehalt, Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung, Erstattung der Arbeitgeberanteile bei den Sozialabgaben. Wer wollte, konnte zwischen den Zeilen aber durchaus heraushören, dass dies womöglich nicht reicht.

In den vergangenen Wochen hatten Korea, Japan, Taiwan und zuletzt Singapur milliardenschwere Hilfsprogramme für die heimische maritime Wirtschaft aufgelegt. Von den üblichen Subventionen für Schifffahrt und Schiffbau in China ganz zu schweigen. Hartmann ging darauf nicht explizit ein, sondern forderte stattdessen eine »umfassende maritime Strategie«, um den vielfältigen Herausforderungen auch künftig begegnen zu können.

Der Appell des VDR-Präsidenten richtete sich an die nächste Nationale Maritime Konferenz, an das Leittreffen zwischen Politik und Wirtschaft in Deutschland schlechthin. Allerdings findet dieser Gipfel nur alle zwei Jahre statt, das nächste Mal 2017, übrigens in Hamburg. Doch selbst wenn bei dieser Gelegenheit Entscheidungen fallen sollten, dauert es bekanntlich, bis politische Willensbekundungen in konkrete Taten münden – wenn überhaupt.

Bis dahin heißt es ausharren. Denn auch Festredner Torsten Albig, als SPD-Ministerpräsident aus Schleswig-Holstein einer von zwei Gesellschaftern der HSH Nordbank, beschwor zwar den Zusammenhalt im Norden und betonte die Bedeutung der maritimen Industrie, insbesondere der Schifffahrt, für den Welthandel und die Exportnation Deutschland. Aber Konkretes, Zukunftsweisendes hatte auch er nicht zu verkünden, sondern zitierte lieber Friedrich List: »Wer an der See keinen Anteil hat, der ist ausgeschlossen von den guten Dingen der Welt und unseres Herrgotts Stiefkind.«

Dass aus seiner Sicht nicht allein die Politik oder gar die Banken zuständig für die Problemlösung sind, konnte man an einem kleinen, feinen Seitenhieb erkennen: Er appellierte an die »Ehre« der Reeder als Kaufleute, sich ihrer Verantwortung zu stellen und dabei ihre ethischen Grundsätze nicht zu vergessen. (KF)

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