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HANSAInsight 01 | 2017

Pünktlich zum Jahresstart mangelt es wie üblich nicht an Rück- und Ausblicken. So auch in der Schifffahrt. Wenig überraschend ist die Streuung der Prognosen relativ groß. Gem[ds_preview]ein haben diverseste Verlautbarungen jedoch, dass es – Ausnahme Tanker – eigentlich kaum noch schlechter werden kann. An einigen Stellen scheint sogar wieder ein wenig Optimismus durch. Das liegt zumeist an der Entwicklung des Tonnage-Überhangs.

So sollen die Flotten von Rohöl- und Produktentankern, Bulkern und Containerschiffen in diesem Jahr um 5%, 3,5%, 0,7% und 4% wachsen – mit einem gewissen »Plus/Minus-Effekt«, je nachdem, welchen Beobachter man fragt. Bei Containerfrachtern drücken die 60 verschobenen Ablieferungen aus 2016 aufs Gemüt, wenn auch einige Aufträge als potentielle Streichkandidaten gelten. Über der Tanker-Flotte schweben die OPEC-Entscheidungen. In der Mehrzweck- und Schwergutschifffahrt dürfte das Angebot zwar um weniger als 1% wachsen, jedoch wird die Branche noch einige Monate mit den Wechselwirkungen aus den Container- und Bulkerflotten zu kämpfen haben. Vor allem die Bulker-Flotte erreicht einen fast 20 Jahre lang nicht gesehenen Tiefstwert. Nicht nur deswegen wird auch von direkt Beteiligten eine Erholung erwartet. Quell der Zuversicht ist mal wieder der chinesische und zum Teil indische Hunger nach Eisenerz und Kohle.

Grafik der Woche

VesselsValue Shipowning nations 2017
Nach einem Rekordtief zum Jahresanfang 2016 hat der Bulkermarkt einen trügerischen Aufschwung erlebt. Die Top 3 der Eignerländer, Griechenland, Japan und China, erlebten insgesamt einen Zuwachs des Flottenwerts um mehr als 4 Mrd. $. Möglich waren massive Zukäufe, weil die Asset-Preise so tief lagen wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Der Wert der deutschen Containerflotte schrumpfte dagegen im Jahresverlauf um fast 11 Mrd. $. Die Verluste gab es vor allem im Panamax- und Post-Panamax-Sektor. Weiter (Grafik: VesselsValue)

Die eine oder andere Einschränkung sei mit Blick auf einige Ungewissheiten jedoch erlaubt. Da spielen »interne« Faktoren wie Allianzen, Preiskämpfe und finanzielles Durchhaltevermögen eine Rolle. In Deutschland etwa droht dem Vernehmen nach der Untergang zweier weiterer großer, traditionsreicher Schifffahrtsunternehmen.

»Extern« bleibt ebenfalls einiges ungewiss: Die Folgen der Trump-Wahl für die globalen Handels- und Schifffahrtswege sind weitläufig diskutiert – ohne belastbares Ergebnis. Ein weiteres »schwarzes Loch« bleibt Chinas Entwicklung, zu variabel kann die dortige Wirtschafts-, Infrastruktur- und Sozialpolitik sein. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, in diesem Fall die Hoffnung auf Stahl.

Erstens in Form von Schrott, könnte dessen Preis doch Abwrack-Maßnahmen befördern. Investorengetriebenem Ankaufen und Weiterbeschäftigen ausgedienter Frachter könnte die Rentabilitätsgrundlage entzogen werden. Zweitens – und damit zusammenhängend – in Form von Eisenerz als (vorwiegend chinesische) Handelsware. Belässt es Peking bei seinen umfangreichen Infrastruktur- und Bauprogrammen im In- und Ausland, sind immense Eisenerzimporte und Anlagentransporte nötig.

Für so Manchen erscheint das Weltwirtschafts- und Welthandelswachstum jedoch nicht ausreichend, um die großen Flotten zu beschäftigen. 2017 bleibt damit vorerst das wichtigste Instrument: Verschrottung. So vereinfacht das auch klingen mag.
Die nackten Zahlen zeigen, dass es Vielen offenbar ernst ist. 2016 traten 192 Containerfrachter mit zusammen über 650.000 TEU ihre letzte Reise an, im Vorjahr waren es 89. Allerdings reichen die Anstrengungen noch nicht aus, auch wenn das Ballastwasserabkommen und neue Umweltregularien sich positiv auf den Abwrack-Markt auswirken dürften.

Trotz rückläufiger Tendenzen beläuft sich das Orderbuch mit über 410 Einheiten (82 Neubestelllungen in 2016) noch immer auf 15,7% der fahrenden Flotte. Die Aufliegerflotte stand zuletzt bei über 1,4 Mio. TEU. Vor allem im Panamax-Segment gibt es noch großes Scrap-Potential. Auf der anderen Seite sind bereits viele Möglichkeiten ausgeschöpft, schaut man sich das Alter der Flotte an. Zum Teil werden Schiffe verschrottet, die noch nicht einmal eine Dekade auf den Weltmeeren unterwegs waren.

Im Containersegment sind weniger als 5% der Schiffe mit 8.000 bis 12.000 TEU älter als 14 Jahre, in der Klasse 6.000 bis 8.000 TEU ca. 10%, bei 3.000 bis 6.000 TEU sind es etwa 18%, in der Feedergröße immerhin knapp 35%. Relativ jung ist auch die Tanker-Flotte, wobei es dort ebenso Potential gibt wie bei VLOC- und Handymax-Bulkern. Insgesamt wird der Spielraum aber kleiner.

Wird genug getan? Das wird sich zeigen. Wie gesagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt. (MM)

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