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Die Konsolidierungswelle erfasst die deutsche Schleppschifffahrt: Linnhoff Schiffahrt verkauft zum Jahresende die URAG (Bremerhaven) und Lütgens & Reimers (Hamburg) – an die spanische Boluda. Von Krischan Förster

Nach HANSA-Informationen soll der Verkauf noch vor Jahresende erfolgen. Eine offizielle Bestätigung der beiden Unternehmen sowie der Muttergesellschaft Linnhoff[ds_preview] Schifffahrt kamen erst nach nach Veröffentlichung der HANSA. Zuvor hatten Brancheninsider den Deal bestätigt. Die Belegschaft der beiden Schlepp-Reedereien wurde bereits informiert.

Käufer der beiden deutschen Traditionsunternehmen ist dem Vernehmen nach die spanische Boluda Corporación Marítima (Boluda). Über Kaufpreis und Übernahmebedingungen ist derzeit nichts bekannt.

Die URAG, gegründet 1890, ist wie auch L&R offenbar finanziell angeschlagen. Beide Unternehmen gehören zur Linnhoff Schiffahrt, die angesichts der allgemeinen Marktschwäche ihr Tafelsilber verkauft. Anteile an Wiking Helikopter, einem Offshore-Dienstleister, sollen bereits veräußert worden sein. Jetzt folgen die beiden Schlepp-Reedereien in Hamburg und Bremerhaven, nachdem der Versuch offenbar gescheitert ist, sich im zunehmenden Wettbewerb in den europäischen Häfen mit einer aggressiven Strategie von der Konkurrenz abzusetzen.

In den vergangenen Monaten sind der Kostendruck durch die Reederei-Kunden und die zunehmende Konkurrenz durch grenzüberschreitende Kooperationen enorm gewachsen. Das im Dezember 2014 verkündete 50:50-Joint-Venture zwischen Smit und Kotug war nur der Auftakt. »Kotug Smit Towage« verfügt über 65 Schlepper in elf europäischen Häfen. Seit dem Abschluss dieses Joint Ventures ist der Mutterkonzern Boskalis in mehr als 35 Ländern und über 90 Häfen tätig – mit mehr als 450 Schiffen.

Längst ist ein globaler Wettkampf im Gang, in dem auch Svitzer kräftig mitmischt. Dank der Zugehörigkeit zur Maersk-Gruppe profitiert das Unternehmen von der Nähe zur Konzernmutter und deren Marktdominanz in den Häfen. Vom Sitz in Kopenhagen aus geht Svitzer mit 430 Schiffen weltweit auf Expansionskurs, seit 2014 auch an der Stromkaje in Bremerhaven.

Nicht zuletzt dadurch geriet die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) von fünf deutschen Schleppredereien unter Druck, die bis dato einen Großteil der Aufträge in den Nordsee-Häfen unter sich aufgeteilt hatte. Letztlich scherte Linnhoff aus und kündigte sowohl für die URAG als auch für Lütgens & Reimers ihre Jahrzehnte währende Mitgliedschaft. Die Zeit der an einen Hafenstandort gebundenen Geschäftsmodelle sei vorbei, hieß es im Frühjahr 2015.

Eine womöglich fatale Fehleinschätzung, denn das Geschäft machen jetzt andere. Die URAG hatte sich zwar zunächst mit Svitzer verbündet. Doch inzwischen soll sich die Maersk-Tochter das Exklusivrecht bei Schleppdiensten für Maersk-Schiffe in Bremerhaven gesichert haben, die früher gleichberechtigt von den ehemaligen Arge-Mitgliedern URAG und Bugsier (Hamburg/Bremerhaven) erledigt wurden. Ähnliches wird von Marktteilnehmern aus Hamburg berichtet – an der Elbe soll Lütgens & Reimers Dienste verlieren. Die Folge: nicht mehr genug Aufträge für die Schlepper.

Damit sind zum Beispiel bei der URAG, die im Hafengeschäft rund zwei Drittel ihres Umsatzes erwirtschaftet, wichtige Einnahmen weggebrochen. Zuletzt, so heißt es, habe die Muttergesellschaft Linnhoff Schiffahrt operative Verluste in Höhe von bis zu 500.000 € im Monat ausgleichen müssen – und daran zunehmend die Lust verloren. Zudem läuft zum Jahresende eine sogenannte Patronatserklärung von Linnhoff für die URAG aus. So seien erst einzelne Schlepper der URAG und dann das ganze Unternehmen zum Verkauf gestellt worden.

Nun soll eine Schlepperflotte von 16 Schiffen der URAG und weitere vier Einheiten von L&R an Boluda gehen. Dem Vernehmen nach sollen die Firmennamen und die meisten der 130 Arbeitsplätze (URAG) erhalten bleiben. Weitere Details, wie zum Beispiel der Kaufpreis, wurden zunächst nicht bekannt. Das spanische Schifffahrtsunternehmen, dessen Geschichte bis 1837 zurückreicht, verfügt nach eigenen Angaben über eine Flotte von mehr 200 Schleppern, die in den wichtigen Häfen Spaniens, Frankreichs, Nordafrikas und in Lateinamerika stationiert sind. Boluda hatte für 2015 einen Umsatz von 430 Mio. € bei einem Gewinn von knapp 28 Mio. € vermeldet. In Nordeuropa war das Unternehmen bislang nicht präsent. Boluda Towage and Salvage bietet zudem Offshore-Schlepp- und Seenot-Rettungsdienste an.

Der Verkauf könnte bis Februar kommenden Jahres erfolgen, hieß es zuletzt.
Krischan Förster