Print Friendly, PDF & Email

Der Verkauf der Rickmers-Linie war womöglich nur der Auftakt für eine umfassende Restrukturierung und Neuausrichtung der gesamten Hamburger Reederei-Gruppe. CEO Ignace van Meenen erwartet ein »überaus dramatisches Jahr 2017«.

»Wir haben keine Perspektive mehr für eine eigenständige Schwergut-Reederei bei uns im Haus gesehen«, sagt CEO Ignace van Meenen gegenüber der HANSA. Angesichts der schwierigen Marktlage mit Überkapazitäten und einem knallharten Wettbewerb um Schwergut- und Projektladung habe man sich entschlossen, alle Kräfte auf die verbleibende Containersparte zu bündeln. »Das allein wird uns genug beschäftigen.«

Rickmers-Gruppe
Ignace Van Meenen, CEO der Rickmers-Gruppe, auf dem 20. HANSA-Forum 2016 (Foto: Stelling)

Die MPP-Aktivitäten abzugeben war offenbar so dringlich, dass dem Käufer Zeaborn die Übernahme sogar mit einem »einstelligen« Millionenbetrag versüßt wurde, um den Neustart des operativen Geschäfts zu ermöglichen. Einen »negativen Verkaufspreis« nennt das Van Meenen.

Die Hamburger Unternehmensgruppe von Bertram Rickmers ist von der anhaltenden Krise weiter schwer gebeutelt, quer durch alle Unternehmensbereiche. Für Schlagzeilen hatte zuletzt vor allem der in Singapur an der Börse gelistete Rickmers Maritime Trust (RMT) gesorgt, der seine Zahlungsunfähigkeit erklären musste und – bis heute ergebnislos – mit den Gläubigern um ein Fortführungskonzept ringt.

Van Meenen hält die denkbaren Szenarien dennoch für »beherrschbar«, ein sukzessiver Abverkauf weiterer Schiffe aus der derzeit noch 16 Schiffe zählenden Flotte sei allerdings möglich. Zuletzt waren die »India Rickmers« und die »Käthe C. Rickmers« verschrottet worden, um Geld in die Kasse zu bekommen.

Flagge Rickmers Group
(Foto: Rickmers Group)

Aber auch die anderen Segmente Maritime Assets (Schiffe) und Maritime Services (Bereederung) leiden unter fallenden Schiffswerten, hohen Wertberichtigungen und schwachen Charterraten. Nach den ersten neun Monaten 2016 hatte die Gruppe einen Verlust von knapp 200 Mio. € bei einem Umsatz von rund 374 Mio. € (-15%) vermeldet.

Mit der Rickmers-Linie wurde nun ein Verlustbringer abgestoßen, der seit 2011 fast durchgängig in die roten Zahlen geschippert ist. Insgesamt summierten sich die operativen Verluste (EBITDA) auf –75 Mio. €. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres schrumpfte der Umsatz um 22% auf 102 Mio. €, das EBITDA lag bei –7,2 Mio. €.

Die erzielten Frachtraten seien – auch aufgrund der Größe der Rickmers-Linie – »nicht ausreichend, um die Kosten des Geschäfts der Rickmers-Linie nachhaltig zu decken. Auch die für eine Flottenerneuerung notwendigen Wachstumsinvestitionen könnte so nicht erwirtschaftet werden, heißt es bei Rickmers.

Rickmers, Rickmers-Linie, Zeaborn
Die »Rickmers Singapore« vor Houston (Foto: Rickmers)

Der nun erfolgte Verkauf scheint demnach ein vermeintlich gutes Geschäft: Denn die acht eigenen und KG-finanzierten Schiffe vom Typ »Superflex« (30.000 dwt) bleiben im Rickmers-Eigentum und werden künftig an Zeaborn verchartert. Das bringt Einnahmen bei gleichzeitigem Wegfall der Kosten und Risiken. Allerdings werde durch die Zahlung des Startkapitals an Zeaborn auch die Liquidität belastet, räumt das Unternehmen ein.

Ein Problem ist womöglich gelöst, die anderen bleiben. Nicht nur beim Trust in Singapur. Im Juni 2018 muss auch die Rickmers Holding nach einer fünfjährigen Laufzeit eine mit 8,875% verzinste und in Frankfurt gelistete Anleihe zurückzahlen. Die 2013 herausgegebene Anleihe war in den Jahren 2013 und 2014 noch auf insgesamt 275 Mio. € aufgestockt worden.

Frühere Pläne, sich nach einer Restrukturierung mit frischem Geld von den internationalen Finanzmärkten zu »rekapitalisieren«, mussten auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Ebenso gescheitert war im vergangenen Sommer der Versuch, gemeinsam mit E.R. Schiffahrt einen international wettbewerbsfähigen Ship Manager mit einer gemeinsamen Flotte von mehr als 200 Schiffen zu schaffen.

Die Agentur Creditreform hatte das Unternehmensrating für die Rickmers Holding im November 2016 angesichts der Zahlen und Aussichgten auf CC (negativer Ausblick) herabgestuft. Strategisch bleibe es bei dem Bestreben, sich neuem Kapital zu öffnen und neue Partner und Kunden zu finden, betont Van Meenen. Konkrete Ziele oder Fristen aber mag man bei Rickmers nicht mehr nennen.