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Jan Müller und Jörg Kaplan von der Unternehmensgruppe J. Müller aus Brake sprechen

im HANSA-Interview über die Standortvorteile für den Breakbulk-Umschlag, Baumaß­nahmen im Hafen und mögliche Effekte einer Fahrinnenanpassung der Weser

Welche Breakbulk-Güter schlagen Sie in Brake um?

Jörg Kaplan: Eines unserer Geschäftsfelder ist der Umschlag von Forstprodukten[ds_preview]. In diesen Bereich fallen vor allem Cellulose und Holz. Zudem schlagen wir diverse Eisen- und Stahlprodukte um. Hierzu gehören im Wesentlichen Coils, Stahlträger, Rohre, Bleche, Brammen sowie Spezialstähle. Ein weiteres Feld ist der Stückgut- und Projektgüterumschlag. Hierzu zählen Kisten, Kästen, Maschinen und Anlagenteile sowie Windkraftkomponenten.

Wie hat sich die Umschlagmenge im Breakbulk in der jüngeren Vergangenheit entwickelt?

Kaplan: Im vergangenen Jahr haben wir 1,95Mio.t im Bereich Stückgut umgeschlagen. Im Vergleich zum Vorjahr war dies ein Anstieg von etwa 6%. Das Wachstum hängt vor allem mit dem Umschlag von Forstprodukten zusammen, für die das Jahr 2016 positiv verlaufen ist.

Mit welchen Umschlagzahlen rechnen Sie in diesem Jahr im Breakbulkgeschäft?

Jan Müller: Das Jahr hat verhalten begonnen. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Umschlagsituation im weiteren Verlauf stabilisieren wird. Vor diesem Hintergrund rechnen wir damit, dass wir uns etwa im Bereich der Vorjahreszahlen bewegen werden, vielleicht ein wenig darunter.

Wo liegen die Vorteile des Standorts Brake für den Breakbulk-Umschlag?

Kaplan: Ein großer Vorteil ist die trimodale Erreichbarkeit. Groß- und Schwertransporte dürfen auf der Straße von und nach Brake ohne Polizeibegleitung fahren, was für einen hohen Grad an Verlässlichkeit bei der Baustellenversorgung sorgt. Möglich ist dies durch konzessionierte private Begleitdienste.

Ein weiteres Plus ist unsere große Flächenverfügbarkeit, wodurch wir ein hohes Maß an Flexibilität haben, was die Lagerung der Güter betrifft. Wir atmen mit der Marktentwicklung. Über eine interne Hafenlogistik sind die Flächen zudem effektiv mit der Kaje verbunden.

Müller: Der Hafen ist mulitmodal an das deutsche und europäische Hinterland angebunden. Etwa 15% der Breakbulk-Güter gelangen per Binnenschiff oder mit Kümos von und nach Brake. Die große Masse an Waren wird aber mit der Eisenbahn verladen. Etwa 1,5Mio. t der 1,95Mio. t Stückgüter wurden auf dem Schienenweg befördert. Auch die Straße spielt eine wichtige Rolle.

Wohin werden die Güter von Brake aus transportiert?

Kaplan: Im Prinzip werden die Waren in die ganze Welt gebracht. Das reicht von Südamerika, den Golf von Mexiko über das östliche Mittelmeer bis nach Asien. Wir haben zwei Liniendienste, die uns etwa alle vier Wochen anlaufen. Zum einen ist dies die Reederei Fednav, die in Richtung der großen Seen in die USA und nach Kanada fährt. Zum anderen MACS, deren Schiffe die Waren in den Golf von Mexiko fahren.

Vor fünf Jahren wurde am Niedersachsenkai ein zweiter Liegeplatz für Großschiffe in Betrieb genommen. Wie fällt diesbezüglich Ihre Zwischenbilanz aus?

Müller: Die Erwartungen haben sich mehr als erfüllt. Ohne den Niedersachsenkai würde es heute keinen Breakbulk-Umschlag in Brake geben. Im Jahr 2009 ist der erste Großschiffliegeplatz in Betrieb gegangen. Schnell wurde aber deutlich, dass dieser alleine nicht ausreichen würde, um die Nachfrage zu befriedigen. Also haben wir für den Bau eines zweiten geworben, der durch die Hafeninfrastrukturgesellschaft finanziert und gebaut wurde und drei Jahre später in Betrieb gegangen ist. Seither verfügen wir am Niedersachsenkai über eine Kailänge von 450m. Beide Liegeplätze sind annähernd zu 100% ausgelastet.

Welche Ertüchtigungen hat es im Hafen darüber hinaus in der jüngeren Vergangenheit gegeben bzw. gibt es aktuell?

Kaplan: Der Umschlag von Breakbulk-Gütern erfordert ein hohes Maß an Spezialisierung. Von den Kunden wird eine zügige Abfertigung erwartet. Aus diesem Grund haben wir eigene, spezialisierte Umschlaggeräte entwickelt, die unseren Anforderungen gerecht werden. Das betrifft zum einen Spezialhebetechniken, aber auch den Transport. Seit 2012/2013 verfügen wir zudem über eine 8.000m2 große Halle und eine 40.000m2 große zusätzliche Freilagerfläche, die die schon vorhandenen 100.000m2 ergänzt. Darüber hinaus können wir bei Bedarf in kurzer Zeit noch einmal 8ha Freifläche bereitstellen.

Welche Güter schlagen Sie außer Breakbulk in Brake um?

Müller: Der Fokus im sogenannten Althafen Brake liegt auf dem Umschlag von Getreide und Futtermitteln. Im vergangenen Jahr gingen in diesem Segment insgesamt 3,4Mio.t Güter über die Kaikanten und damit etwa 10% weniger als im Vorjahr. Einen besonderen Grund gibt es für den Rückgang nicht. Diese Umschlaggüter unterliegen typischerweise markt- und erntebedingten Schwankungen, die teilweise recht heftig ausfallen können.

Welche Auswirkungen hätte die gewünschte Fahrrinnenanpassung der Weser für Ihren Standort?

Müller:

Die Fahrinnenanpassung ist ein wichtiger Faktor für unseren Hafen, denn dann könnten die Handymax- und kleinen Panamax-Schiffe, die zu uns kommen, mehr Ladung aufnehmen. Derzeit liegt der maximale Tiefgang für Schiffsanläufe bei 11,90m, im Ausnahmefall auch bei 12,20m. Nach der Fahrrinnenanpassung läge er bei 12,80m. Die Schiffsgrößen bleiben zwar dieselben, jedoch könnten diese dann vollbeladen den Hafen erreichen. Der knappe Meter an zusätzlicher Fahrwassertiefe macht bei einem Schiff etwa 10.000 Ladetonnen aus, statt der bisherigen 50.000 Ladetonnen könnten sie dann also 60.000 Ladetonnen Fracht bringen. Obendrein wären sie dadurch vollständig ausgelastet.

Kaplan: Durch die Fahrinnenanpassung erwarten wir jährlich insgesamt rund 1Mio.t mehr Ladung. Bleibt sie jedoch aus, könnte uns das umgekehrt bis zu 2Mio.t Umschlagmenge pro Jahr kosten. Die Fahrrinnenanpassung sichert also unseren Bestand und generiert zusätzlichen Umschlag.

Sind auch vor dem Hintergrund der geplanten Fahrrinnenanpassung weitere Liegeplätze oder die Ertüchtigung bestehender vorgesehen?

Müller: Wir sind gerade dabei, unsere Liegeplätze zu ertüchtigen. Die Südpier im Althafen wird gegenwärtig ausgebaut, damit dort gleichzeitig zwei große Seeschiffe mit einer Länge von bis zu je 275m und einem Tiefgang von bis zu 11,90m festmachen können. Dadurch schaffen wir zusätzliche Umschlagkapazitäten im stark wachsenden Agrarbereich. Beim Niedersachsenkai ist die Kaimauer bereits so konzipiert, dass dort größere Schiffsklassen anlegen könnten. Hier müsste also nur noch die Liegewanne auf 12,80m vertieft werden.

Ziehen Sie zusätzliche Umschlagstandorte in Deutschland oder weltweit in Erwägung?

Kaplan:

Wir haben die Ausschreibung gewonnen, in Bremen die sog. Getreideverkehrsanlage zu erwerben und zu betreiben. Dort werden wir Schüttgüter umschlagen, insbesondere Getreide und Futtermittel, aber auch Kaffee lagern. Das Areal ist rund 47.500m2 groß und beinhaltet eine 320m lange Kaje für Schiffe bis zur Panamax-Größe, allerdings mit einer Abladetiefe von unter 11m. Insgesamt stehen uns dort Silo- und Flachlagerräume für rund 100.000t zur Verfügung. Wir werden die Anlage zum 1. Mai 2017 übernehmen und herrichten.

Müller: Zusammen mit unseren Kunden ist es durchaus denkbar, dass auch andere Standorte für uns in Betracht kommen. Derzeit ist das zwar nicht geplant, ausgeschlossen ist es aber nicht. Da so etwas mit erheblichen Investitionen verbunden ist, würden wir uns vorher die Gegebenheiten genau angucken.

Interview: Thomas Wägener