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Im harten Wettbewerb der Schlepper-Werften setzt die niederländische Damen-Gruppe trotz Produktionsauslagerung nach Asien auf Qualität und grüne Technologien – auch wenn die Rahmenbedingungen noch nicht passen. Von Michael Meyer

Zwischen 70 und 80 Schlepper produziert die Gruppe pro Jahr. Damit sieht man sich im globalen Wettbewerb sehr gut aufgestellt[ds_preview]. Die Konkurrenz sitzt vor allem in der Türkei, in Singapur oder im restlichen Asien, allerdings mit geringeren Fertigungsvolumen. Dirk Degroote, Damens Produktmanager »Tugs« verhehlt im Gespräch mit der HANSA nicht, dass der Druck auf dem Markt zunimmt. Ein Aspekt ist, dass immer wieder auch neue Werften ihr Glück im Schlepperbau suchen, etwa solche, die bisher auf den Offshore-Markt fokussiert waren und sich angesichts der dortigen Misere seit einiger Zeit neue Geschäftsfelder suchen (müssen). In der Türkei sticht vor allem Sanmar Shipyard hervor, die beispielsweise mit Svitzer einen wichtigen Kunden haben.

Ein Merkmal des heutigen Marktes ist ein harter Preiskampf, zumal auch Teile der Konkurrenz den Serienbau vorantreiben.

Allerdings glaubt Degroote, dass es auch in Zukunft »nur eine relativ kleine Anzahl an hochwertigen Schlepper-Werften« geben wird. Seine Annahme stützt darauf, dass für das Geschäft mit hoher Qualität viel Fachwissen und Erfahrungen nötig seien. »Der Schlepper ist mittlerweile zu einem ›Formel 1-Wagen‹ geworden«, betont er mit Blick auf die technologische Weiterentwicklung.

Schleppreeder also potentielle Kunden stehen selbst in harter Konkurrenz. Die Branche kämpft mit den Auswirkungen und Einsparmaßnahmen in der Handelsschifffahrt – Stichwort Allianzen – und nicht selten fehlt es an Investitionsmöglichkeiten. Noch ist man dem Vernehmen nach bei Damen ordentlich beschäftigt. Seit einigen Jahren schon steigen die Erlöse im Schleppergeschäft, das rund 15% bei der Damen-Gruppe ausmacht. Das dürfte sich fortsetzen, auch wenn es zunehmend schwierig ist, profitabel zu arbeiten. »Seit einigen Jahren steigen unsere Umsätze im Schlepper-Bau und wir erwarten, dass es so bleibt«, sagt Degroote.

Damen kann ein relativ gesundes Orderbuch vorweisen, ist im Markt zu hören. Allerdings hat sich der Akquiseprozess gewandelt: Viele Kunden treffen nach Meinung von Branchenkennern immer später eine Investitionsentscheidung, die Lieferzeiten werden also kürzer.

An dieser Stelle, wie des Öfteren im Gespräch über die Einschätzung der eigenen Position, kommt Degroote auf den Serienbau zu sprechen, für den Damen weltweit bekannt ist. Die Niederländer haben eine Reihe von Typen entwickelt, die auf eine Serienproduktion ausgelegt sind und die »auf Lager« produziert werden können. So konnte man sich ein großes Knowhow aneignen.

Ein Beispiel ist der »Azimuth Stern Drive«-Typ, der sich offenbar großer Beliebtheit erfreut. War das Verhältnis der verkauften Neubauten zwischen ASD und konventionellen Schleppern vor einigen Jahren noch ausgeglichen, habe sich der ASD mittlerweile zum neuen Standard-Typ entwickelt. Degroote erklärt einen aus Damen-Sicht wichtigen Pluspunkt des Konzepts: »Ein Vorteil des Serienbaus ist, dass wir viel Forschungsarbeit in alle Bereiche stecken können, etwa in die Stabilität oder die Winden, weil wir die Ausgaben auf mehrere Serien verteilen können.«

Ganz sorgenfrei kann man in der Gruppe allerdings nicht sein. Mindestens mittelfristig will und muss man sich die wachsende Konkurrenz mit Qualität und technischen Innovationen vom Leib halten. Kernpunkt der entsprechenden Strategie ist das in der maritimen Welt ebenso oft angepriesene wie als noch unrentabel verworfene, vermeintliche Allheilmittel »Green Shipping«.

Auch bei Damen ist man von der Zukunft umweltfreundlicherer Technologie in der gesamten Schifffahrt überzeugt, also auch für Schlepper. Damen selbst arbeitet etwa an Hybrid- und Wasserstoff-Projekten. Bei Degroote klingt jedoch noch Skepsis durch: »Wir arbeiten an grünen Technologien weil sie künftig immer wichtiger werden. Es ist eine Herausforderung wenn man bedenkt, dass die Technik zum Teil schon da ist, die Rahmenbedingungen im Markt eine Realisierung solcher Projekte heutzutage aber erschweren.«

Werften und Entwickler kämpfen seit Jahren mit diesem Problem: Reedereien leiden unter finanziellen Problemen, Umweltbewusstsein spiegelt sich noch nicht in den Raten wieder. Viele Industrievertreter sehen die Politik in der Pflicht, um den Business Case attraktiver zu machen. Sie monieren fehlende Anreize zum Kauf ihrer Produkte, sei es durch Förderinstrumente oder noch strengerer Vorgaben.

Ein weiterer Aspekt, bei dem sich nach Ansicht von Degroote neue Anforderungen bemerkbar machen werden, ist die Kraft von Schleppern. Dabei spielt sowohl die Entwicklung der Handelsschifffahrt als auch der Häfen eine wichtige Rolle. »Häfen sind oft in ihren Ausbaumöglichkeiten eingeschränkt, während die Größe der anlaufenden Schiffe immer weiter zunimmt – Hamburg ist ein Beispiel dafür. Für solche Fälle sind kompakte und starke Schlepper nötig«, meint der Damen-Manager. Um im enger werdenden Raum manövrieren zu können, braucht es nicht selten einen stärkeren Pfahlzug als in der Vergangenheit.

Im Kampf um Marktanteile setzt die niederländische Gruppe auf ein breites internationales Netzwerk und die Auslagerung in Länder mit geringeren Produktionskosten. Damen fertigt seine Schlepper in Vietnam, China und Rumänien. Während in Galati Prototypen und speziellere Projekte abgearbeitet werden, konzentriert man sich in China auf kleinere Serien bis 24m und in Vietnam auf das Segment bis 32m.

Vor allem die 2014 gestartete Werft Damen Song Cam in Hai Phong City, ein Joint Venture von Damen (70%) und Song Cam Shipbuilding (30%), genießt bei Degroote Ansehen: »Sie hat hochmoderne Anlagen. Das, und der Umstand, dass wir überall großen Wert auf die geübten Prozesse und die Detailarbeit legen, stellt sicher, dass alle Neubauten hohen Standards gerecht werden.« Ziel sei es, auf der ganzen Welt die gleiche Qualität abzuliefern.

Ob die globale Präsenz ausgebaut wird? Zu möglichen Übernahmen äußert sich der Konzern seit jeher nicht explizit. Degroote sagt: »Man weiß nie, was passiert. Wir sind ein starkes Unternehmen und haben gute Voraussetzungen für Wachstum.«

Die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass die Gruppe durchaus anorganisches Wachstum vorantreibt. So wurde zuletzt etwa die Übernahme einer Reparaturwerft in Curaçao gemeldet, in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde mit Albwardy ein neues Gemeinschaftsunternehmen für den Bau kleiner Einheiten aufgesetzt. Zudem gehörte man eine Zeit lang zum Kreis der Interessenten für die Übernahme der STX-Werft in St. Nazaire.

Ein Arbeitsplatzabbau wie er für das Reparatursegment bereits angekündigt wurde, droht dem Schlepper-Bau dem Vernehmen nach übrigens nicht.


Michael Meyer