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Das Hamburger Traditionsunternehmen Hadag hat in der Hansestadt seinen jüngsten Neubau auf den Namen »Elbphilharmonie« getauft. Mit Platz für 400 Personen ist das bei Pella Sietas gebaute Fahrgastschiff das größte der Flotte. Von Thomas Wägener

Taufpatin war die 17 Jahre alte Klarinettistin Laura Jaeger, die bereits während des Eröffnungskonzerts im großen Saal der Elbphilharmonie aufgetreten[ds_preview] ist. »Ich wünsche Dir, Deiner Besatzung und Deinen Passagieren viele schöne Fahrten im Hamburger Hafen und immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel«, sagte Jaeger, bevor sie die Flasche Champagner am Rumpf der »Elbphilharmonie« zerschellen ließ.

Die 29,50m lange, 8,40m breite und für einen maximalen Tiefgang von 1,75m ausgelegte »Elbphilharmonie« ist der Prototyp der neuen Serie »Typ 2020«. Gebaut wurde er auf der Pella Sietas Werft in Neuenfelde bei Hamburg. Für das Schiffbauunternehmen ist es die erste Neubauablieferung nach der Umfirmierung, entsprechend sei man sehr stolz darauf, so Werfchefin Natallia Dean.

Gabriele Müller-Remer, Geschäftsführerin der Hadag, zufolge zeichnet sich der Neubau durch seinen leisen und abgasarmen Antrieb aus. Das Schiff verfügt über einen diesel-elektrischen Antrieb mit Gleichspannungsverteilung. Dadurch könnten die Hauptmotoren mit einer variablen Drehzahl gefahren werden, was im Endeffekt Kraftstoff einspare.

Technische Ausstattung

Die Antriebsanlage besteht aus zwei DI13-Motoren von Scania mit einer Leistung von je 368 kW sowie dem von Siemens entwickelten SISHIP EcoProp-System. Hierbei handelt es sich um ein hybrides Antriebssystem, das durch den Einsatz von Batterien Kraftstoff einsparen und die Wartungskosten reduzieren soll. Da die Maschinen immer im optimalen Lastbereich laufen, würde sich obendrein die Lebensdauer verlängern, so Siemens. Der Effizienzvorteil resultiere aus der idealen Auslastung des Dieselmotors, der mit konstanter Geschwindigkeit den Generator treibe, welcher die Energie für den elektrischen Antriebsmotor bereitstelle. Mit Hilfe der Boost-Funktion und der Batterien habe gleichzeitig die installierte Leistung der Hauptmaschinen reduziert werden können (down sizing). Der diesel-elektrische Antrieb könne als Übergangstechnologie dienen, bis bei einem Technologiesprung auf einen Batteriebetrieb umgestiegen werden könne, heißt es bei der Hadag.

Zur weiteren technischen Ausrüstung gehören zwei Schaffran-Festpropeller, eine Ruderanlage mit Steuerpanels und kompletter Zwei-Kreis-Hydraulik von Van der Velden, die im Paket mit zwei Master Rudern desselben Herstellers für optimale Manövriereigenschaften und einen kleinen Wendekreis sorgen soll, sowie eine Abgasreinigungsanlage von Fischer, bestehend aus zwei Rußpartikelfiltern und zwei SCR-Katalysatoren. Mittlerweile seien bereits 30% der Flotte mit einem Abgasnachbehandlungssystem versehen worden, sagt Müller-Remer. Dies habe auf den Schiffen zu deutlich weniger Emissionen geführt.

Wie bei den übrigen Einheiten der Flotte wird auch bei der »Elbphilharmonie« die Motorenabwärme für die Heizung genutzt. Ferner ist der Neubau wie alle Flottenmitglieder mit LED-Beleuchtung sowie einem Landstromanschluss ausgestattet. Zudem wurden vorne und achtern Querstrahler eingebaut, um das Manövrierverhalten zu verbessern.

Das Navigations- und Kommunikationspaket stammt von Alphatron Marine Deutschland (AMD). Dazu zählen das Fluss Radar, der von in-innovative navigation entwickelte Radarpilot720°LE (LightEdition), Wendeanzeiger vom Typ EBF, das AIS-System A100 von EM-Trak und der GPS Kompass JLR-21 von JRC sowie das mit 24 V Gleichstrom betriebene Zetfon 300/310 der Kieler Firma Zöllner Signal mit einer Lautstärke von 130 db und einer Reichweite von 1sm, Die Binnen- und Seefunkanlagen, eine 6-Zonen PA-Anlage von Zenitel sowie ein HD-TVI-Kamerasystem mit Aufzeichnung von 16 Kameras. Außerdem zwei Personenzählsysteme von Dilax und Vitracom.

Nach Angaben der Hadag sorgt zudem das strömungsoptimierte Unterwasserschiff der »Elbphilharmonie« für einen geringeren Schiffswiderstand und somit für eine Schwellreduktion.

Mehr als 240 Sitzplätze

Auch bezüglich der Fahrgastkapazität setzt das Schiff neue Maßstäbe. Das Gestühl sei zu Gunsten von mehr Sitzplätzen und Abstellraum neu gestaltet worden. Nach Auskunft der Hadag gibt es unter Deck nunmehr 154 Sitzplätze, während 88 Sitzgelegenheiten auf dem Oberdeck zur Verfügung stehen. Inklusive der Stehplätze an und unter Deck können somit insgesamt bis zu 400 Personen an Bord genommen werden. Darüber hinaus sollen zusätzlich angebrachte Haltestangen bei den Fahrgästen für einen sicheren Stand sorgen. Für Fahrräder gibt es feste Stellplätze und für mobilitätseingeschränkte Personen sowie für Kinderwagen stehen Freiflächen bereit.

Nach Auskunft von Pella-Sietas-Chefin Dean gibt es noch eine Option für ein zweites Schiff. Erste Erfahrungen mit dem Neubau seien positiv gewesen, sagt Dean, die auf weitere Aufträge hofft. Man müsse jetzt abwarten, wie es sich im Hamburger Hafen bewähre.

Pella Sietas plant Einstellungen

Erst kürzlich ist Pella Sietas eine Kooperation mit dem Baumschinenhersteller Komatsu und der Firma Kundt Service eingegangen, um sich künftig vermehrt auf Aufträge aus dem Wasserbau zu konzentrieren. Der Kooperationsvertrag regele die Zusammenarbeit bei Konstruktion, Bau und Service von großen Nassbaggergeräten, sogenannten Aqua-Diggern, für die die Vertragspartner eine sehr positive Marktentwicklung sehen. Deshalb soll bei Pella Sietas bis zum Jahresende die Zahl der Beschäftigten von derzeit 210 auf rund 250 ansteigen. Dafür will die Werft laut Dean Schiffbauer und Ingenieure einstellen.