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Die großen Allianzen der Containerlinienreedereien wirken sich positiv auf den Umschlag im Hafen Rotterdam aus. Allerdings hat die Neustrukturierung der Fahrpläne auch für Abfertigungs­probleme gesorgt, die sich durch einen Hacker­angriff auf zwei Terminals verstärkt haben.

Von Thomas Wägener

Im Hafen Rotterdam nimmt der Containerumschlag einen Anteil von 28% am Gesamtumschlag ein. Emile Hoogsteden, Vice President für Container des[ds_preview] Hafens Rotterdam, rechnet damit, dass sich der Stellenwert des Segments künftig noch erhöht. »Das Containergeschäft ist ein Wachstumsmarkt«, sagt er. Der Anstieg des weltweiten Containerverkehrs würde auch für den Rotterdamer Hafen positive Effekte bringen. Deshalb investiere man jährlich etwa 200Mio. € in den Ausbau. Ein Großteil fließt in Terminalinfrastruktur.

Das Jahr 2017 begann verheißungsvoll an der Maas: Im Containerumschlag wurde im ersten Halbjahr ein Wachstum von 9,3% im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres erzielt. Die Entwicklung der Neu-Allianzen wirke sich positiv auf den Hafen aus, sagt Hoogsteden, denn Rotterdam nehme in ihren neuen Fahrplänen eine wichtige Stellung ein. »Wir sind glücklich, die Wassertiefen, die Infrastruktur und den offenen Zugang in den Hafen zu haben, um die Allianzen mit ihren großen Schiffen abfertigen zu können.«

Teilweise gibt es sogar Doppelanläufe, Schiffe, die vollbeladen mit Importcontainern von Asien in Rotterdam ankommen und nachdem sie weitere europäische Häfen bedient haben, den niederländischen Hafen vor der Rückreise nach Asien erneut anlaufen, um Exportcontainer an Bord zu nehmen. So würden die Frachter ihre Auslastung erhöhen, könnten auch vollbeladen wieder auslaufen. Der Hafen assistiert dabei, indem er Rabatte für den Zweitanlauf gewährt.

Binnenschifffahrt im Fokus

Zuletzt hatte Rotterdam mit Verzögerungen bei den Abfertigungen zu kämpfen, Binnenschiffe waren besonders betroffen. Dem Vernehmen nach hat es teilweise bis zu 120 Stunden gedauert, bis sie bedient wurden. Hoogsteden führt das auf das allgemein höhere Güteraufkommen zurück, aber vor allem auf die sich ändernden Fahrpläne der neuen Allianzen. Die Verzögerungen hätten begonnen, als neue Dienste eingeführt worden seien. In diesem Zusammenhang habe es zahlreiche Extraanläufe von Seeschiffen gegeben, die sich gebündelt hätten, was zusätzliche Kapazitäten an den Terminals erfordert hätte.

Wenige Wochen später kam dann auch noch der aufsehenerregende Hackerangriff hinzu, von dem zwei APMT-Terminals direkt betroffen waren. Dadurch standen für gewisse Zeit nicht alle Kapazitäten zur Verfügung. Man habe daher kurzfristig für neue Binnenschiffsliegeplätze gesorgt und die handelnden Akteure zusammengebracht, um bessere Notfallpläne zu entwickeln.

Wann sich die Situation verbessere, habe damit zu tun, wann die vom Hackerangriff betroffenen Umschlaganlagen wieder ihre volle Leistung erreichten. Es brauche in jedem Fall Zeit, bis die Terminals die Verzögerungen aufholen könnten. Schließlich kämen dann viele Schiffe in kurzer Zeit, die alle abgefertigt werden müssten. Auch das könne noch zu Verzögerungen im Betriebsablauf führen, so Hoogsteden.

Schon bei Inbetriebnahme der beiden großen Terminals auf der Maasvlakte 2 im Jahr 2012 brauchte es eine längere Anlaufzeit, bis die Umschlageinrichtungen ihre volle Leistung erreichten. Auch damals folgten Verzögerungen. Ab Mitte letzten Jahres hätten das Rotterdam World Gateway (RWG)-Terminal und das AMPT II diese Phase überwunden, sodass sie nun das steigende Warenaufkommen bewerkstelligen können, sagt der Niederländer.

Die zusätzlichen Terminalkapazitäten sind aber nur eine von mehreren Maßnahmen des Hafens, um dem steigenden Güteraufkommen gerecht zu werden. Auch an der Infrastruktur wurde gearbeitet. So wurde in den vergangenen Jahren die Kapazität auf der Autobahn A15, die bis zur Maasvlakte 2 führt, durch zusätzliche Fahrspuren verdoppelt, erklärt Hoogsteden. Das hätte die Bildung von Staus drastisch reduziert. Darüber hinaus wurden zusätzliche Binnenschiffsliegeplätze geschaffen und die Eisenbahn ausgebaut. Gegenwärtig arbeitet der Hafen an einer Vereinbarung mit den Terminalbetreibern, zur Funktionsweise der neuen Container Exchange Route. »Wenn alles gut geht, sollte wir am Jahresende mit dem Bau beginnen können«, blickt Hoogsteden voraus.

Einen immer größeren Stellenwert in Rotterdam bekommen Shortsea-Verkehre. Das im Bereich Eemhaven lokalisierte Rotterdam Shortsea Terminal (RST) baut die Kapazitäten aus. Dies sei nötig, um das starke Wachstum in dem Segment zu bedienen. Insbesondere Ziele auf der iberischen Halbinsel gewinnen an Bedeutung. In der Vergangenheit seien die Waren hauptsächlich per Lkw dorthin gebracht worden, nun werde vermehrt das Schiff genutzt, so der Containerspezialist. Darüber hinaus hätten sich die Fahrtgebiete Skandinavien, Baltikum, Großbritannien und Irland positiv entwickelt. Hoogsteden geht davon aus, dass das Warenaufkommen auf den bestehenden Verbindungen ansteigen wird. Neue Destinationen erwartet er weniger.

Wie viel Container Rotterdam in diesem Jahr insgesamt umschlagen könnte, will Hoogsteden nicht prognostizieren. Gegenwärtig habe er den Eindruck, dass die ein- und auslaufenden Schiffe besser ausgelastet seien. Daher sei der Ausblick viel versprechend, aber nicht auf dem Niveau des ersten Quartals dieses Jahres.

Dennoch sei der Wettbewerb unter Europas Häfen hart. Als Hauptkonkurrenten sieht Hoogsteden Antwerpen und die deutschen Häfen, hier vor allem Hamburg. Der JadeWeserPort scheine nach längeren Anlaufschwierigkeiten langsam in Fahrt zu kommen, was die Anläufe der großen Allianzen verdeutlichen würden.

»In den kommenden Jahren rechnen wir damit, dass alle Liniendienste zwischen Europa und Fernost von Schiffen mit Kapazitäten zwischen 18.000 und 20.000 TEU bedient werden«, so Hoogsteden. Dass bedeute zwar, dass Rotterdam im Containerumschlag auch künftig stark sein werde. Allerdings werde man auch weiter um Warenmengen kämpfen und eine möglichst hohe Effizienz und Qualität sicherstellen müssen.
Thomas Wägener