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Auf der Hauptversammlung der börsennotierten Marenave AG am Freitag kommt es zum »Showdown«. Die Kontrahenten, beide aus Hamburg: die Ernst Russ AG und die Offen Group.

Es ist ein Konflikt gleichlaufender Interessen, die aber augenscheinlich gegenläufig wirken. Beide Unternehmen,[ds_preview] Claus-Peter Offen wie auch Ernst Russ als Schwergewichte der verbliebenen Hamburger Schifffahrtsszene, wollen den Zugriff auf die seit 2006 an der Hamburger Wertpapierbörse gelistete Marenave AG.

Diese ist nach dem Abverkauf der gesamten Flotte zwar eine leere, aber offenbar begehrte »Hülle«. Eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, womöglich bestens geeignet als Asset-Plattform, um dort künftig Schiffe zu platzieren und Investoren anzulocken.

Strittige Kapitalherabsetzung

Es geht vor allem um die vom Marenave-Vorstand vorgeschlagene Herabsetzung des Grundkapitals, um »aufgelaufene Verluste auszugleichen«, wie es heißt. Die Bilanz wies zum 31. Dezember 2015 einen Verlust von 56 Mio. € aus. Das gezeichnete Kapital betrug hingegen rund 30 Mio. € – macht einen Fehlbetrag von knapp 26,5 Mio. €. Daher soll das Grundkapital auf 1,5 Mio. € reduziert werden, um es an die tatsächlichen Vermögensverhältnisse anzupassen, schlägt der Vorstand vor.

Für die eine Seite (Offen) ist es eine unabdingbare Voraussetzung für die geplante Sanierung und Reaktivierung des Unternehmens. Die Anderen (Ernst Russ) fürchten eine Abwertung der eigenen Anteile und damit eine Verringerung des Einflusses.

Ernst Russ hatte durch Aktienaufkauf sukzessive die Beteiligung an Marenave auf zuletzt 29,98% erhöht. Damit ist das Unternehmen größte Einzelgesellschafter und könnte wichtige Entscheidungen, die 75% der Stimmen erfordern, heute bereits verhindern.

Neubesetzung des Aufsichtsrats gefordert

Um diesen Einfluss abzusichern, liegt zudem ein Antrag für die Gesellschafterversammlung vor, den Aufsichtsrat von drei Sitzen auf vier Posten zu vergrößern sowie zwei Ernst-Russ-Vertreter in das Gremium zu wählen – Vorstandschef Jens Mahnke und sowie den Stuttgarter Rechtsanwalt und Unternehmensberater Hans Michael Schmidt-Dencker. Dafür soll der bisherige Vize im Gremium, Klaus Meyer, abgelöst werden.

Künftig sollen dann außerdem ohne vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats wichtige Transaktionen wie der Erwerb und die Veräußerung von Schiffen und Schifffahrtsgesellschaften nicht mehr möglich sein.

Investoren drohen bei Scheitern mit Ausstieg

In einer gemeinsamen Erklärung der Offen Gruppe und des Investors DEVK wird die Kapitalherabsetzung dagegen zu einer »unabdingbaren« Voraussetzung für eine erfolgreiche Sanierung erklärt. Ohne eine positive Beschlussfassung »sehen die Investoren das Sanierungskonzept als gescheitert an und würden es nicht weiterverfolgen«. Ein Scheitern oder weiteres Abwarten könnte dann »dramatische Folgen für die Gesellschaft« haben.

Eine im Februar getroffene Vereinbarung sieht vor, dass sich CPO Investments und DEVK über eine »anfängliche Mindestfinanzierung« in Höhe von 2 Mio. € an Marenave beteiligen. Je nach Projektverlauf hatten sich beide Investoren damals verpflichtet, ihr Engagement um weitere 14 Mio. € zu erhöhen. Im Gegenzug wurden wiederum der Offen-Gruppe Positionen im Aufsichtsrat und im Vorstand der Gesellschaft zugesagt.

Anfang Juli war Marenave nach einer Teiltilgung von Verbindlichkeiten gegenüber den die Marenave-Flotte finanzierenden Banken enthaftet und damit die finanzielle Restrukturierung der Gesellschaft abgeschlossen worden. Bilanziell werde dies im Geschäftsjahr 2017 zu einem erheblichen Jahresüberschuss führen, der den nach einer Kapitalherabsetzung bereits geminderten Bilanzverlust vollends ausgleichen dürfte, schreibt der Vorstand. Aktuelle Geschäftszahlen aus 2016 sollen jedoch erst nach der Hauptversammlung gegen Ende des Monats vorgelegt werden, auch das ein Kritikpunkt.

Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft hätten der Ernst Russ AG erneut einen konstruktiven Dialog über die Sanierung der Gesellschaft angeboten, heißt es bei Offen/DEVK. Wie dieser aussehen könnte, bleibt offen. Bislang hat sich keine der Parteien in die Karten schauen lassen.