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Rechtzeitig zu den Sommerferien korrigierten viele Schifffahrtsaktien ihre zwischenzeitlich erreichten Gewinne. In der Rückschau waren dies günstige Einstiegskurse, da die meisten Indizes mit der Stabilisierung an den Öl-Märkten wieder im Vorwärtsgang sind

Sollten die Rohölpreise weiter ansteigen, erwarten wir einen freundlichen Jahresausklang für die Schifffahrtsaktienmärkte.

Tanker-Märkte in Wartestellung

Die[ds_preview] Disziplin, mit der die OPEC ihre Fördermengenkürzung bislang durchgehalten hat, war einer der Garanten für den kontinuierlichen Anstieg der Rohölpreise im dritten Quartal. Gleichzeitig hat diese Entwicklung jedoch das Transportvolumen negativ beeinflusst, so dass die Charterraten für Rohöltanker in der ohnehin schwachen Sommersaison zusätzlich unter Druck gerieten.

So verwundert es nicht, dass die Aktien der Tankerreedereien im dritten Quartal die schlechteste Performance aller hier dargestellten Indizes verbuchen mussten. Immerhin hat es noch zu einem kleinen Plus von gut 2% gereicht.

Die Hoffnung der Branche richtet sich nun auf ansteigende Verschrottungsaktivitäten im weiteren Verlauf des Jahres, um die latenten Überkapazitäten zu reduzieren. Hier gab es in den ersten drei Quartalen des Jahres bereits sehr ermutigende Anzeichen. Bis zum Herbst 2018 wird zudem ein großer Teil des Orderbuchs abgeliefert worden sein, so dass es berechtigte Hoffnungen auf eine Verbesserung der Einkommenssituation bei den Tankerreedereien und damit die Aktienkurse wieder anziehen.

Ölpreise mit großer Wirkung

Der positive Einfluss der Ölpreise auf Charterraten und Aktienkurse ist jedoch nicht auf den Tanker-Sektor beschränkt. Aus Sicht der Charterer werden die Kosten des Seetransports von Rohstoffen und Waren im Wesentlichen von zwei Faktoren bestimmt: Vom Preis für die Überlassung des Schiffes (Charterrate oder Kaufpreis) und vom Verbrauch und Preis der Treibstoffe. Steigen nun der Preis für die eine Kostenkomponente (Treibstoffpreis), steigt mittelfristig die Nachfrage nach der anderen Komponente (Schiffsraum), da die Treibstoffpreisentwicklung über eine Verringerung der Reisegeschwindigkeit indirekt über den anderen Produktionsfaktor teilkompensiert werden kann.

Letztlich führt dies zu einer positiven Korrelation zwischen Treibstoffpreisen und Charterraten. Eine Stabilisierung der Charterraten wird daher umso leichter erreicht, wenn zeitgleich auch die Treibstoffpreise anziehen. Genau dieses Szenario wird derzeit an den Märkten gehandelt und ist vermutlich einer der Haupttreiber für die diesjährigen Erholungen an den Schifffahrtsaktienmärkten.

Offshore-Aktien sind erwacht

Der Offshore-Markt benötigt mittelfristig Rohölpreise von mehr als 75 $ pro Barrel, um Offshore-Drilling profitabel betreiben zu können. Die genaue Höhe dieses Zielpreises hängt davon ab, wo und zu welchen Kosten offshore gefördert werden soll. Der starke Rückgang der Ölpreise infolge der OPEC-Strategie der letzten Jahre hat daher sehr viele Offshore-Aktivitäten unrentabel werden lassen und in Folge dessen die Nachfrage nach Plattformversorgern oder Ankerziehern einbrechen lassen. Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 1.800 Offshore-Supply-Schiffe aufliegen.

Die Abbildung 2 zeigt die hohe Korrelation zwischen dem Ölpreis der Sorte Brent (blaue Linie, rechte Skala) und dem Notos Offshore-Index (rote Linie, linke Skala), der die durchschnittliche Kurs-entwicklung der großen börsennotierten Offshore-Unternehmen widerspiegelt.

Trotz des negativen Marktumfelds konnte der Offshore-Index im dritten Quartal um ca. 16% zulegen. Offensichtlich setzen die Investoren auf eine anhaltende Verbesserung der Marktlage und vergeben bereits Vorschusslorbeeren für zukünftige Marktverbesserungen.

Restrukturierungen halten an

Investoren sollten hierbei jedoch äußerste Vorsicht walten lassen. Etliche der Gesellschaften in diesem Sektor sind stark ausfallgefährdet bzw. befinden sich in Restrukturierungen oder gar in Insolvenzverfahren. In Abbildung 2 haben wir exemplarisch den rückgerechneten Kursverlauf von Tidewater Inc. zusätzlich als grüne Linie abgetragen.

Die Aktie hat im dargestellten Zeitablauf sehr viel schlechter abgeschnitten als der Gesamtmarkt. Das Unternehmen musste durch ein sogenannten Chapter 11-Verfahren gehen, das einer deutschen Planinsolvenz ähnelt. Im Zuge der Restrukturierung wurden Schulden im Wert von etwa 1,5 Mrd. $ erlassen bzw. in Eigenkapital umgewandelt, so dass die Altaktionäre nach der Restrukturierung nur noch etwa 5% der Aktien halten und die ehemaligen Kreditgeber nunmehr die restlichen 95% besitzen.

Der Vorteil einer solchen Restrukturierung ist jedoch, dass Tidewater heute eine wesentlich stärkere Bilanz aufweist und nunmehr für neue Aktionäre wieder investierbar geworden ist. Gleichwohl müssen sich Anleger darüber im Klaren sein, dass dies eine sehr riskante Wette auf den Ölmarkt darstellt.

Quartalsgewinner sind diesmal wieder die Bulker-Aktien mit einem Zugewinn von 28%. Dieser Kursanstieg reflektiert die festen Chartermärkte im Frühherbst. So stiegen die Spot-Raten für Capesize Bulker zuletzt auf 20.000 $/Tag, was nach der alten »KG-Formel« einem Schiffswert von 40 Mio $ entsprechen sollte. Und hier liegt unseres Erachtens auch die Krux für die Investoren: Ein weiterer Anstieg der Aktienkurse würde implizieren, dass Charterraten und Schiffspreise weiter ansteigen. Dem stehen jedoch die freien Werftkapazitäten gegenüber.

Hoffen auf stabile Ölmärkte

Ein weiter stabiler Ölmarkt vorausgesetzt, wären wir nicht überrascht, wenn die Schifffahrtsaktien im vierten Quartal in Summe noch weiter zulegen können. Es bietet sich vermutlich an, in den nächsten Monaten Gewinne im Bulker-Markt zumindest teilweise zu realisieren und in andere Sektoren umzuschichten. Romantisch veranlagte Investoren könnten hingegen auch geneigt sein, für ihre Liebsten ein schönes Weihnachtsgeschenk auszusuchen.