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Insgesamt 132 Yachten – vom Oldtimer bis zur Rennziege – hatten sich zur 35. Peter Gast Schiffahrtsregatta angemeldet, die traditionell von Schlei­münde nach Ærøskøbing ausgesegelt wird. Sie ist mit mehr als ­1.200 Teilnehmern aus 21 Ländern nicht nur die größte private Regatta Europas, sondern als Fun-Regatta mit sportlicher Ambition zugleich auch eine der wichtigsten Netzwerk-Veranstaltungen der maritimen Branche.

In diesem Jahr präsentierte sich die Schleimündung am Sonnabendmorgen (26. August 2017) den Teilnehmern nicht nur wieder mit zu wenig[ds_preview] Wind, sondern auch im Morgennebel. Bei nur langsam aufklarendem Himmel und sich allmählich durchsetzendem milden Spätsommerlicht kräuselte kaum ein Windhauch die Wasseroberfläche. Doch wie vom Meteorologen Meeno Schrader bei der traditionellen Vorabendveranstaltung unter dem Motto PGS Family & Friends auf der Bootswerft Henningsen & Steckmest vorhergesagt und von Schiffahrtsregatta-Urgestein Hans-Joachim Lemcke vom Veranstalter Peter Gast Shipping bei der Durchsage des morgendlichen Wetterbulletins über Funk den Teilnehmern angekündigt, sollte um die Mittagszeit ein wenig mehr Wind, überwiegend aus östlicher Richtung, die Durchführung der Regatta dennoch möglich machen.

Während die rot-weiße Flagge, das Signal der Startverschiebung, auf der von der dänischen Marineheimwehr (MHV) unter Führung von Kapitän Kenny Søby Jørgensen als Startschiff entsandten »Lyra« schlaff herunterhing, tönten Trompetenklänge über die spiegelglatte Ostsee. Sie kamen von Bord der »Hot, Wet & Sixty«. Am Ruder der Yacht, der Regatta-erfahrene Segelenthusiast und Schiffsmakler Gerd Zachariassen, der mit der Intonierung von »Summertime« die Crews der umliegenden Yachten begeisterte.

Um den möglichen Regattakurs schon im Vorfeld zu verkürzen und das Erreichen des Zielhafens im programmierten Zeitfenster sicherzustellen, hatte die Wettfahrtleitung unter Alexander Prinz zu Schleswig-Holstein an Bord der »Lyra« in bemerkenswerter Vorahnung beschlossen, die Teilnehmer zunächst unter Motor etwa ein Drittel der Regattadistanz gen Norden in Richtung der Insel Ærø zu schicken.

Gegen 12:00 Uhr wehte der weiterhin schwache Wind dann konstant genug, um auf Höhe der Tonne »Gasmunition Nord« die 130 tatsächlich teilnehmenden Yachten, unterteilt in fünf Startgruppen, auf nur eine und zudem auf knapp 11 sm verkürzte Regattabahn schicken zu können – ursprünglich sollte auf drei Bahnen mit Distanzen zwischen 29,5 und 34 sm gestartet werden. Bei leichten achterlichen Winden glitten die Schiffe unter Spinnaker oder Gennaker über die Startlinie. Auf dem verkürzten Kurs – der nur ein Tonnenmanöver bei Pøls-Rev nötig machte – nahm der Wind stetig zu, sodass die Segler in rund zwei Stunden das Ziel an der Bahnmarke vor Skjoldnaes erreichten. »Die Wettfahrtleitung hat das Beste aus den schwierigen Windbedingungen gemacht, pünktlich zum ersten Start setzte die Brise ein, die dann fast alle Yachten bis zum Ziel begleitet hat. Danach war es wieder flau«, sagte Dieter Gast, Geschäftsführer von Peter Gast Shipping, der an Bord der »Sixpack« am Rennen teilnahm.

Weil vier der 130 gestarteten Schiffe die Ziellinie nicht innerhalb des vorgegebenen Zeitlimits erreichten, wurden nur 126 Yachten gewertet. Weit vor dem größtenteils unter Spinnaker auf das Zielschiff zusteuernden Feld sorgten zwei Yachten für ein spannendes Finale: Der von E.R. Schiffahrt gecharterten klassischen Yacht »Tioga« gelang es nur wenige Meter vor dem Erreichen der von dem Begleitboot »Pauli IV« und einer Spierentonne mit orangefarbener Flagge markierten Ziellinie die moderne »Almost Nothing«, eine für Oldendorff Carriers gestartete Brenta 60, auf den zweiten Platz zu verweisen. Nach gesegelter Zeit über Alles gewann jedoch die »Almost Nothing«, gesteuert von Steffen Müller von der Kieler Knierim Werft, mit einer Zieldurchgangszeit von einer Stunde und 45 Minuten. Dahinter folgte die Brenta 55 »Ember Sea« mit Niels Hentschel für International Hubert Palfinger Technologies am Ruder.

Zehnter Platz für »Tutima«

Der 60-Fuß große ehemalige Volvo Ocean Racer »Toshiba«, der für die Rostocker Sailution Marketing & Event an den Start ging, kam auf den dritten Platz, während der zweite Volvo Ocean-Racer, die »MAN« ex »Ospa«, die sich bei der 34. Schiffahrtsregatta als schnellstes Schiff qualifiziert hatte, dieses Mal auf den fünften Platz verwiesen wurde. Diese beiden Schiffe gehörten zusammen mit der für Peter Gast Shipping gestarteten 70-Fuß Solaris »Ora« ex »Ventus«, die nur Platz 83 belegen konnte, zu den größten Yachten im Feld. Von der vorübergehenden Flaute profitieren konnte vor allem auch der kleinste Regatta-Teilnehmer: Die unter Skipper Hans Genthe für Stockmaritime gestartete nur 28 Fuß lange »4Sale« konnte sich mit einer gesegelten Zeit von nur 01:59:33 als drittschnellstes Schiff und Sieger der Klasse 8 ORC-Club B qualifizieren. Neben den beiden 12er-Yachten »Anita« und »Heti« zeigten auf dieser 35. »Jubiläumsregatta« auch wieder die klassischen Yachten »Peter von Seestermühe«, die 12 KR-Yawl »Athena« und die Speizgaffel/Wishbone-Ketch »Senta« Flagge. Die für Peter Gast Shipping gestartete und traditionell von einer Damencrew gesegelte »Tutima« belegte den zehnten Platz nach gesegelter Zeit.

Das erste Mal dabei waren BMW Niederlassungsleiter Hamburg, Matthias Pfalz und seine Frau Fiona, die an Bord der »Vela«, einer Hallberg-Rassy 43 MK 2, an der Regatta teilnahmen. »Die Atmos­phäre im Hafen mit den vielen Schiffen und bunten Flaggen war großartig«, sagte Pfalz nach dem Zieldurchgang. »Auch als nicht aktive Regattasegler sind wir mit offenen Armen an Bord aufgenommen worden und haben uns sofort als Teil der Crew gefühlt. Das wir in unserer Klasse auch noch gewonnen haben, spornt für das nächste Jahr an.«

Ankunft mit Böllerschüssen

Am späten Nachmittag war nach dem Eintreffen der mit Böllerschüssen aus einer historischen Kanone an der Hafeneinfahrt als letzte gewertete Regattateilnehmer begrüßten Schiffe der kleine Hafen von Ærøskøbing vollständig belegt, wobei der Mastenwald mit dem Company-Flaggenmeer den zahlreichen »Sehleuten« wieder ein eindrucksvolles Bild bot. Nach dem traditionellen Spaziergang mit Bürgermeister Jørgen Otto Jørgensen durch die pittoreske Inselkommune, angeführt von dem Spielmannszug Peder Most Garde, fanden sich die Teilnehmer im Festzelt zur feierlichen Siegerehrung ein.

»Die Schiffahrtsregatta hat in allen Jahren ihren familiären Charakter bewahren können«, sagte Christian Gast, Geschäftsführer von Peter Gast Shipping, der an Bord von »The Big Easy« mitsegelte. »Die vielen verschiedenen Yachten, auf denen wie selbstverständlich Gäste der Regatta und Crewmitglieder zusammen um eine gute Platzierung kämpfen, und das zwanglose Zusammensein im Hafen machen den besonderen Reiz aus.«

Ulli Wachholtz, Präsident des Unternehmerverbandes Nord, betonte in seinem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung die Bedeutung der Regatta für den Zusammenhalt der Schifffahrtsbranche und seine große Verbundenheit zu dem Event: »Dieses Jahr war ich zum 19. Mal dabei, zuerst mit meinem Schiff und dann seit einigen Jahren an Bord der ›Haspa Hamburg‹. Habe ich beim ersten Mal noch gedacht, für eine reine Spaßwettfahrt müsse ich die Regattasegel nicht mitnehmen, habe ich schnell gelernt, dass auf See doch um die beste Platzierung gerungen wird.«

Die Besonderheit der Schiffahrtsregatta unterstrich auch Arend Brügge von der Vega Reederei, der in diesem Jahr mit seiner »Nathurn VI« die Klasse 7 gewinnen konnte. »Bis auf eine Ausnahme war ich bisher jedes Jahr bei der Schiffahrtsregatta dabei«, sagte er. »Vor allem möchte ich daran erinnern, dass diese großartige Veranstaltung ohne das große persönliche Engagement und die Leidenschaft, die Peter Gast dafür entwickelt hat, so nicht möglich wäre.«

Eine besondere Ehrung erhielt am Abend im eigens für die Veranstaltung aufgebauten Festzelt im Hafen von Ærøskøbing Hans-Joachim Lemcke, Prokurist von Peter Gast Shipping. Von Anfang an war er bei der Regatta dabei und begleitete maßgeblich ihre Entwicklung von einer kleinen, spontanen Spaßwettfahrt zwischen segelnden Schifffahrtskaufleuten zu einer der größten privat organisierten Regatten.

Sichtlich gerührt nahm Jørgen Otto Jørgensen, Bürgermeister der Gemeinde Ærø, von Christian Gast eine Glasenuhr als Abschiedsgeschenk der Familie Gast an. Der langjährigen Bürgermeister der Inselkommune, der zuvor der »Tioga«-Crew den traditionellen Preis für das »First Ship Home« überreicht hatte, wird bei der kommenden Kommunalwahl im November nicht mehr für das Amt kandidieren. »Du bist seit 1999 mit Unterbrechungen und damit ab der 17. Schiffahrtsregatta dabei gewesen. Daraus hat sich eine echte und persönliche Freundschaft entwickelt, für die wir Dir sehr dankbar sind«, so Christian Gast. Es war schön, die Entwicklung zu erleben, von der Feier 1998 in der Sporthalle bis wir später in den Zelten am Hafen gefeiert haben«, sagte Jørgensen, der 20 Mal an der Feier, darunter 16 Mal als Bürgermeister, teilgenommen hat. Es sei die größte und beste Feier auf Ærø. Die See und die Schifffahrt seien seit Generationen die Existenzgrundlage der Insel. Hier habe man zwei Werften, von denen die größte in Søby liege und gerade mit acht Partnern eine ausschließlich elektrisch betriebene Fähre baue, die ab Frühjahr 2018 auf der Strecke Fynshav–Søby zum Einsatz kommen soll.

Viele kleine maritime Unternehmen bildeten mit der kooperienden Navigationsschule in Marstal und den Werften der Insel das Fundament und Know-how, das für die Wirtschaft der Insel entscheidend sei. Weil auch die Freizeitsegler von großer Bedeutung für Ærø seien, sei die Schiffahrtsregatta so wichtig und habe einen hohen Werbewert für ihre Häfen, betonte Jørgensen, der mit Standing Ovations von den rund 1.200 Gästen im Festzelt verabschiedet wurde.


Jens Meyer