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In diesem Jahr feiert die auf Fährschifffahrt spezialisierte Reederei Finnlines ihr 70-jähriges Bestehen. Die Krise der Jahre 2008 und 2009 hat das Unternehmen schwer getroffen, nun aber erzielt es Rekordwerte, verrät CEO Emanuele Grimaldi in einem exklusiven Gespräch mit der HANSA.

Als im Jahr 2006 die italienische Grimaldi Group einstieg, die in diesem Jahr ebenfalls ihr 70-jähriges Bestehen feiert, begann[ds_preview] für Finnlines eine neue Ära. Zunächst erwarben die Italiener 30,5% der Anteile, um das Unternehmen im August 2016 schließlich vollständig zu übernehmen. Während dieser zehn Jahre erlebte Finnlines aber auch sehr schwere Zeiten, denn im Dezember 2008 als die weltweiten Märkte einbrachen, begann auch für das börsennotierte Unternehmen der Absturz. Der Jahresanfang 2009 sei ein Desaster gewesen, erinnert sich Emanuele Grimaldi, seit November 2013 CEO und President von Finnlines. Von Januar bis März habe die Reederei pro Monat rund 15Mio.€ verloren. Als Großaktionär nahm er die Dinge daraufhin selbst in die Hand und beschloss von April bis Juni kommissarisch die Geschäftsführung und das Amt des Präsidenten zu übernehmen.

Er habe schnell handeln und einige Maßnahmen ergreifen müssen, blickt Grimaldi zurück. Geschäftssparten die Verluste brachten, wurden verkauft, ferner hat man sich von gecharteten Schiffen wieder getrennt und einige Mitarbeiter entlassen, um die Produktivität zu erhöhen. Innerhalb von nur drei Monaten habe Finnlines dadurch wieder die Gewinnzone erreicht. Danach habe er beschlossen, in Uwe Bakosch einen neuen CEO und President für das Unternehmen zu suchen, mit dem es in den kommenden vier Jahren wieder aufwärts ging.

Der Beschluss der IMO, in den ECA-Zonen den Schwefelgehalt im Kraftstoff auf 0,1% zu reduzieren, war dann der nächste Einschnitt für die Reederei, die sich gerade erst wieder erholt hatte. Dadurch seien zusätzliche Kosten von fast 100Mio. € entstanden, berichtet der Italiener.

»Seitdem ich im Unternehmen bin, haben wir etwa 200Mio. € investiert, hauptsächlich in umweltfreundliche Technologien.« Auf allen Schiffen sind Scrubber von Ecospray Technologies, Wärtsilä und Alfa Laval installiert worden. »Zudem haben wir vier Schiffe mit dem Promas Lite Propulsion System von Rolls-Royce nachgerüstet und zusätzlich in Silikonanstriche, neue Wulstbüge und neue Radartechnik investiert«, beschreibt Grimaldi weitere Maßnahmen, durch die der Kraftstoffverbrauch um etwa 30% reduziert und die Effizienz in ähnlichem Maße gesteigert werden konnte. Traditionell setzt die Reederei bei der Ausrüstung und beim Design vor allem auf einheimische Unternehmen wie Deltamarin, Foreship, die Cargotec Group oder Kalmar.

Die Maßnahmen wirkten sich nicht nur positiv auf die Umweltbilanz aus, sondern auch auf das Gesamtergebnis. Im Jahr 2016 erzielte Finnlines nach Angaben Grimaldis das bislang beste Resultat seiner Geschichte und toppte damit noch einmal das Vorjahr. Nach finanziellen und ökonomischen Gesichtspunkten scheint dieses Jahr nun noch einmal besser zu werden, sodass abermals neue Rekordwerte zu erwarten sind, prognostiziert der CEO.

Vier Schiffe werden verlängert

Für rund 70Mio.€ ist seit kurzen das Verlängerungsprogramm von vier Einheiten der sogenannten Breeze-Serie angelaufen, bei dem die »Finnsky«, »Finnsun«, »Finntide« und »Finnwave« eine zusätzliche 30m lange Sektion eingesetzt bekommen. Die Arbeiten an dem ersten Schiff haben Mitte September 2017 auf der Remontowa-Werft im polnischen Gdansk begonnen. Pro Einheit würde der Prozess etwa vier bis fünf Wochen dauern, sagt Grimaldi. Die übrigen drei Frachter sollen bis zum Mai 2018 folgen. Durch die Verlängerung würden rund 1.000m Spurmeter für etwa 70 Trailer hinzukommen.

Zusätzlich gibt es die Option, auf zwei weitere Schiffe. Man wolle aber zunächst abwarten, wie sich die verlängerten Schiffe bewährten, und dann darüber entscheiden, die Option zu ziehen, sagt Grimaldi. Auch die Entwicklung des Marktes würde dabei eine Rolle spielen.

Die Hauptpassagier- und RoRo-Liniendienste der Reederei führen nach Finnland. Der sogenannte HansaLink verbindet Travemünde mit Helsinki, wichtig sei aber auch die Strecke von Naantali (Finnland) nach Kapellskär (Schweden), auch als Finnlink bezeichnet, sowie die Verbindung von Travemünde ins schwedische Malmö, die unter NordöLink läuft. Alle diese Linien seien sehr erfolgreich, wenngleich es einen starken Wettbewerb mit anderen Unternehmen gebe, erläutert Grimaldi.

Bezüglich der RoRo-Transporte habe sich die seit rund drei Jahren bestehende Verbindung vom finnischen Uusikaupunki nach Travemünde als Erfolg erwiesen. Mercedes produziert dort Autos, die nach Deutschland verschifft werden. Seit Neuestem baut der Hersteller dort zusätzlich auch Elektroautos für den deutschen Markt. Dies habe den Erfolg der Route noch einmal verstärkt, so Grimaldi.

Zudem sind laut dem CEO Geschäfte zwischen Schweden und Polen in den Fokus geraten. Anfangs sollte das polnische Unternehmen Unity Line übernommen werden, das mittlerweile aber anscheinend nicht mehr zum Verkauf stünde. Man untersuche gegenwärtig, ob es eine Möglichkeit gäbe, den Betrieb zwischen Schweden und Polen aufzunehmen.

Neubauten in Planung

Ferner will Finnlines nach eigenen Angaben in absehbarer Zeit zwei neue Hybrid-Schiffe bestellen. »Wir glauben, dass wir in Häfen auf Batterien zurückgreifen können«, sagt Grimaldi. Diese sollten die Energie direkt von der Hauptmaschine beziehen. Noch sei es aber zu früh, genauer darüber zu informieren, denn das Projekt sei noch geheim. Die Gespräche mit der Werft seien aber schon weit fortgeschritten. Das Design werde gerade patentiert, sagt Grimaldi. Man erwarte derzeit einen Kostenvoranschlag der Werft, um zeitnah den Auftrag zu platzieren. Nach ihrer Ablieferung sollen die RoRo-Schiffe die umweltfreundlichsten Einheiten der Welt sein. Acht baugleiche Einheiten seien darüber Hinaus für die Reederei Grimaldi geplant.

Das weltweite Ziel, die Emissionen im Jahr 2050 im Vergleich zu heute um 50% zu reduzieren, könnte mit der Ablieferung der Neubauten im Jahr 2020 bereits erreicht werden, denn sie würden 50% weniger Emissionen verursachen als der Durchschnitt der existierenden RoRo-Schiffe, verrät Grimaldi. Die Schiffe mit Gas zu betreiben sei dagegen keine Überlegung bei Finnlines, da diese Technik nur in wenigen Häfen verfügbar sei. Ferner glaubt der Finnlines-Chef nicht, dass der Gaspreis ausreichend stabil bleibe. Bei Brennstoffzellen sieht er ebenfalls noch viele Probleme, inklusive der Frage nach der Verfügbarkeit.

Die Verschrottung von bestehenden Frachtern sei nicht vorgesehen, denn man verfüge über eine junge Flotte. In der Vergangenheit seien aber ältere Schiffe an DFDS verkauft worden. Wenn die neuen großen Einheiten abgeliefert würden, seien erneute Verkäufe nicht ausgeschlossen, sagt Grimaldi.

Eine weitere Möglichkeit sei der Rückkauf der 2005 gebauten 46.000BRZ-Fähre »Europalink« vom Mutterkonzern, um sie auf den Finnlines-Routen zu integrieren. Das knapp 219m lange Schiff bietet Platz für 925 Passagiere und 4.200 Spurmeter für Lkw und Trailer.


Thomas Wägener