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Den Betreibern des Traditionssegelschiffs »Lovis« fehlt es bei der Entwicklung einer neuen Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe des Bundesverkehrsministeriums an Dialog, Mitsprache, Transparenz.

Trotz heftiger Kritik aus Politik und Verbänden und Öffentlichkeit  soll die neue Richtlinie im Januar erlassen werden. »Im Frühjahr wurden uns ein offener Dialog versprochen, um eine Verordnung zu entwickeln, die langfristig das Überleben der deutschen Traditionsschiffe sichert«, sagt Conrad Jackisch von der »Lovis«. »Aber dazu ist es nie gekommen. Die bisherigen ›Gespräche‹ waren eine Farce. Im Verkehrsministerium scheint man zu glauben, es bräuchte nur ausreichend Fördermittel, um die baulichen Änderungen an den Schiffen zu realisieren. Tatsächlich geht es aber um viel Grundsätzlicheres. Ist unsere Art die Schiffe zu betreiben – ehrenamtlich, mit engagierten Jugendlichen und Erwachsenen – dann überhaupt noch möglich?«

Landesminister sichern Unterstützung zu

Die Proteste in Wolfsburg richten sich laut den »Lovis«-Betreibern gegen das Bundesverkehrsministerium, nicht gegen die Verkehrsminister der (Küsten-)Bundesländer, die ähnliche Kritik äußerten und versucht hätten, auf die Verordnung und die Verfahrensgestaltung des BMVI Einfluss zu nehmen. Auch bei dieser Verkehrsministerkonferenz haben sie die Traditionsschifffahrt auf ihre Tagesordnung gesetzt.

Traditionssegler Lovis Traditionsschiff Protest
Dialog, Mitsprache, Transparenz: Das steht auf einem Strauß bunter Ballons, den die Betreiber des Traditionssegelschiffs »Lovis« am Donnerstag den Verkehrsministern der Bundesländer auf der Verkehrsministerkonferenz in Wolfsburg übergeben haben. Foto: Lovis

Am Donnerstag sicherten die Landesminister den Traditionsschiffen weiter Unterstützung zu: »Wir haben heute oft gehört, dass die Minister genau hinschauen werden und ihnen unser Anliegen am Herzen liegt. Wir hoffen sehr, dass es mit dieser Rückendeckung nun endlich einen wirklichen Dialog gibt und wir an der Verordnung mitarbeiten können. „Ob daraus etwas wird, werden wir am 20.11. sehen«, so Jackisch. Dann gibt es einen Gesprächstermin mit Interessenverbänden und Bundesministerium. »Vielleicht kriegen wir dann auch eine Antwort auf unseren schon 2016 erstellten Fragenkatalog.«

»Trotz konstruktiver Zuarbeit der Schiffe stellt sich das BMVI taub«

2013 war der Konflikt um die Zukunft der Traditionsschiffe schon einmal öffentlich diskutiert worden. Das Ziel, die Zukunft der Traditionsschifffahrt sicherzustellen, fand Eingang. Dann die Ernüchterung: Der neue Entwurf alarmierte im August 2016 die Betreiber der Schiffe. Das Bundesfamilien- und Bundeswirtschaftsministerium meldeten im Januar 2017 beim Verkehrsministerium ihre Bedenken an, nachdem das BMVI nur zu minimalen Veränderungen und zu keinem Dialog mit den Betroffenen bereit war. Auch die Parlamente der Küstenbundesländer, der Hansestadt Greifswald und sogar der Bundesrat hatten das Verkehrsministerium dazu aufgefordert, den fehlenden Dialog mit den Schiffen nachzuholen.

»Eigentlich ist Jugend- und Bildungsarbeit unser Schwerpunkt«, sagt Jackisch. »Aber seit mittlerweile vier Jahren müssen wir einen Großteil unserer Energie in die Sicherung der Existenzgrundlage unseres Schiffes und der anderen Traditionsschiffe zu stecken. Wir machen Vernetzungs-, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit. Trotz inhaltlicher und konstruktiver Zuarbeit aus der Traditionsschifffahrtszene stellt sich das BMVI taub. Damit stellt das Verfahren auch Fragen an das Demokratieverständnis des Ministeriums.«

»Vorgaben für historische Schiffe nicht umsetzbar«

Die größte Kritik an der Verordnung: Statt sich darum zu kümmern, die Sicherheit auf den Traditionsschiffen zu verbessern, seien Vorgaben für Technik und Besatzung aus der Berufsschifffahrt übernommen worden. Und die seien für die historischen Schiffe mit ehrenamtlicher Crew in der Summe nicht umsetzbar. Wenn jetzt nicht interveniert werde, sei der Verlust eines wertvollen Kulturguts das Ergebnis.

Seit dem Jahr 2000 fährt das Traditionssegelschiff »Lovis« mit Schulklassen, Jugendgruppen und Erwachsenen auf der Nord- und Ostsee. Das Schiff wird ehrenamtlich betrieben, es werden Seminare zu ökologischen, politischen und sozialen Themen angeboten und Kenntnisse der traditionellen Seemannschaft vermittelt.