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Technolog-Geschäftsführer Hans-Jürgen Voigt und Prokurist Helmut Radebold sprechen im HANSA-Interview über ihre Lösungen, Projekte und deren Umsetzung sowie das Potenzial dieser Technologie

Sie beschäftigen sich seit mehreren Jahren mit dem Thema LNG als Kraftstoff für die Schifffahrt. Welchen Ansatz verfolgen Sie[ds_preview]?

Hans-Jürgen Voigt: LNG ist eine saubere Lösung mit einer guten Zukunftsperspektive. Trotz der Krise haben wir uns bereits ab dem Jahr 2010 bewusst mit Containerschiffen auseinandergesetzt. Unser Ansatz war eine antizyklische Entwicklung, um präsent zu sein, wenn die Markterholung eintritt. Das hat zwar länger gedauert als erwartet, aber nun warten wir auf unseren ersten Auftrag.

Was genau haben Sie entwickelt?

Voigt: Wir haben verschiedene Schiffe entworfen unter dem Namen STREAM, was für Sustainable, Transport, Reliable, Economic, und Ambitious steht. Im Mittelpunkt steht der Gasantrieb, alles andere lässt sich darum herum bauen. Inzwischen gibt es aber auch wettbewerbsfähige Scrubber-Lösungen. Hier arbeiten wir mit einem namhaften Partner zusammen, der ursprünglich aus der industriellen Anwendung kommt, aber nun auch maritime Projekte anstrebt.

Welche Schiffstypen haben Sie konkret entworfen?

Voigt: Trotz der immer größeren Schiffe gibt es in der Containerschifffahrt auch kleinere Segmente, in denen Neubauten wahrscheinlich sind. Das sind Einheiten in einer Größenordnung zwischen 1.400 und 1.700TEU, die im Feederverkehr eingesetzt werden können. Für ein 1.400-TEU-Schiff haben wir daraufhin einen Entwurf gemacht.

Helmut Radebold: Das Schiff ist für die Versorgung von Karibikhäfen oder kleinerer Häfen in Skandinavien gedacht, deren Pier teilweise kürzer ist als die knapp 150m lange Einheit selbst. Die Brücke ist mittschiffs angeordnet, sodass vor und hinter dem Deckshaus nahezu die gleiche Zahl an Slots zur Verfügung steht. Zudem behindern sich dadurch die beiden vor und hinter der Brücke angeordneten Krane nicht gegenseitig. Der Gasantrieb für dieses Schiff muss jedoch nicht zwingend von Beginn an installiert werden.

Voigt: Zudem haben wir ein LNG-Bunkerschiff entworfen, das universell für sämtliche Schiffstypen jeder Größe einsetzbar ist. Dafür haben wir unsere Erfahrung aus früheren Projekten einfließen lassen.

Radebold: Kleinere Einheiten haben beispielsweise kurz über der Wasseroberfläche ihren Bunkeranschluss, andere haben ihn achtern. Bei großen Kreuzfahrtschiffen ragen die Rettungsboote sowie die Balkone über die Schiffsseiten heraus, sodass man dort mit einem Bunkerboot nur schlecht längsseits anlegen kann. Auf all diese Gegebenheiten ist unsere Lösung durch einen Ladekran im vorderen Bereich aber auch durch Seitenmanifolds vorbereitet. Um die Sicherheit für die Crew zu erhöhen, verfügt das Schiff zudem über automatisch ein- und ausfahrbare Yokohama-Fender. Ferner wurde es mit einem asymmetrischen Brückenhaus konzipiert.

Voigt: Unser neuestes Projekt ist ein gasbetriebener Mehrzweckfrachter mit einer Tragfähigkeit von rund 11.000t, den wir mit dem Hamburger Broker Toepfer Transport entwickelt haben. Bei diesem Schiff sind die Tanks asymmetrisch im Achterschiff untergebracht.

Radebold: Wir haben insbesondere Wert auf kurze Wege bei Lüftung, Gas- und Leitungsführung gelegt. Beim Gasbetrieb resultieren Probleme häufig dadurch, dass der Tank weiter entfernt von Abblasemast, Aufbereitung und Verbrauchern ist. Ferner schränkt das die Ladungskapazität ein, weil viel Platz benötigt wird.

Haben Sie bereits mit Werften gesprochen, inwiefern ihre Entwicklungen umsetzbar sind?

Voigt: Da wir seit einigen Jahren in China aktiv sind, haben wir ein Joint Venture mit einem chinesischen Partner gegründet. Dieser ist sehr gut mit den Werften, vor allem mit denen in der Yangtze-Region, verbunden. Dadurch resultieren für den Reeder preisliche Vergünstigungen. Diese staatlichen aber auch privaten Werften bieten gleichzeitig Finanzierungsmodelle an. Zwei von ihnen haben uns signalisiert, diese Schiffe bauen zu wollen, bei akzeptablen Lieferzeiten. Zudem sind wir seit einigen Jahren intensiv mit der KfW in Kontakt. Durch die GeMax-Initiative von VSM und KfW gestalten sich solche Projekte für den Reeder nun attraktiver. Wir sind also in der Lage, ein komplexes Paket anzubieten, bei dem wir anschließend auch die Bauaufsicht übernehmen.

Weshalb ist es bisher noch nicht zu Aufträgen für ihre neu entwickelten Schiffe gekommen?

Voigt: Das liegt hauptsächlich an der Marktsituation. Die Reeder halten sich noch zurück, weil sie die Investitionskosten durch die Charter nicht wieder einfahren können, wenngleich es bei den Raten, insbesondere für kleinere Einheiten, erfreulicherweise wieder leicht aufwärts geht.

In welche aktuellen Projekte sind Sie involviert?

Radebold: Wir haben vom Bund den Auftrag erhalten, ein neues Zollschiff zu entwerfen, zu entwickeln, europaweit auszuschreiben und sind anschließend auch für das Vergabeverfahren beratend zuständig. Es ist das erste rein mit Gas betriebene Behördenschiff. Für den Zoll übernehmen wir zudem die Planprüfung sowie die gesamte technische Abwicklung inklusive der Bauaufsicht vor Ort. Dazu zählt später auch die Garantieabwicklung.

Wie ist der zeitliche Ablauf?

Radebold: Das Vergabeverfahren soll noch in diesem Jahr beginnen, bevor 2018 der Zuschlag erteilt werden soll.

Voigt: Darüber hinaus wollen wir kleine Einheiten mit einer mobilen LNG-Versorgung durch Bunkercontainer ausstatten. Wir liefern und wechseln nicht nur den Tank, sondern leisten auch die maschinengerechte Aufbereitung des verflüssigten Gases in dieser Einheit.

Radebold: Dazu wird es vermutlich bald ein staatlich gefördertes Pilotprojekt in China geben, bei dem es um eine größere Anzahl von Flussschiffen geht. Die Bunkercontainer enthalten nicht nur das Containmentsystem, sondern auch die Aufbereitung. An Bord des Schiffes wird also nicht mehr gebunkert, sondern es werden nur noch Niederdruckgasleitungssysteme mit den Schiffssystemen verbunden. Dadurch wird vermieden, dass die Crew die tiefkalten LNG-Leitungen anschließen muss. Auch das erhöht die Sicherheit.

Voigt: Weiterhin haben wir im Auftrag von GTT, dem Weltmarktführer bei LNG-Membrantanks, Untersuchungen gemacht, wie Containerschiffe über 10.000TEU mit LNG-Tanks nachgerüstet werden können. Hier sehen wir großes Potenzial, denn es gibt zahlreiche Frachter dieser Größenordnungen, die für eine Umrüstung in Frage kommen.


Interview: Thomas Wägener