Print Friendly, PDF & Email

Die Reederei Lehmann legt den Fokus auf den Kurzstreckenseeverkehr. In diese Kategorie fällt auch der im Sommer zur Flotte hinzugestoßene Neubau »Ina Lehmann«. Von Thomas Wägener

Die zur Hans Lehmann KG gehörende Reederei Lehmann betreibt im Kerngeschäft Schiffe zwischen 3.000 bis 6.000 dwt. Aktuell gehören zur Flotte sieben[ds_preview] eigene Schiffe, die überwiegend in den Niederlanden gefertigt wurden, zudem sind drei weitere im Management. Nach dem Verkauf der 1987 gebauten »Marie Lehmann« Ende 2017, ist nunmehr die 1999 fertiggestellte »Mai Lehmann« das älteste Schiff in der Flotte.. Die übrigen Einheiten wurden zwischen 2000 und 2005 gebaut, mit Ausnahme der bei Royal Bodewes gebauten »Ina Lehmann«, die erst im Sommer 2017 abgeliefert wurde. Hierbei handelt es sich um einen modifizierten Neubau der bestehenden Einheiten, die ebenfalls auf der niederländischen Werft konstruiert worden sind. Es ist der erste Neubau seit mehr als 15 Jahren. 

Die Reederei ist bis heute ein traditionelles Familienunternehmen, das kontinuierlich in die Flotte investiert. Daher seien sowohl potenzielle Neubauten aber auch junge gebrauchte Schiffe interessant, so Geschäftsführer Sven Lohse, dem der Teamgedanke in seinem Unternehmen besonders wichtig ist, gegenüber der HANSA, Ein funktionierendes Team sei die Basis für erfolgreiches Arbeiten, unterstreicht er.

Die »Ina Lehmann« ist von RINA als 100 A1; MC AUT klassifiziert. Das Schiff ist knapp 90m lang, 15,20m breit und hat in Ballast einen Tiefgang von 3,80m. Der Hauptmotor von MaK des Typs 6M25E erbringt eine Leistung von 1.850 kW. Wie die übrigen Frachter verfügt auch die »Ina Lehmann« über die zweithöchste Eisklasse.

Es ist bisher das einzige Schiff der Flotte, das mit einer Ballastwasserbehandlungsanlage ausgestattet ist. Da es vor dem 8. September 2017 abgeliefert wurde, ist das zwar noch nicht vorgeschrieben, dennoch hat man sich für eine solche Technik entschieden, um zum einen saubere Tanks zu haben und zum anderen, um Erfahrung mit dem Ballastwasserbehandlungssytem zu sammeln. Schließlich gilt es, aufgrund des Ballastwasserübereinkommens der IMO, künftig auch die übrigen Einheiten mit solchen Anlagen auszustatten. Dafür müsste in den kommenden Jahren pro Schiff eine relativ hohe Summe aufgewendet werden. Der Einbau dieser Anlagen auf den gebrauchten Schiffen sei ohnehin noch etwas teurer als bei Neubauten, da häufig Umbaumaßnahmen durchgeführt werden müssten, sagt der Reederei-Chef. Zudem ist auf der »Ina Lehmann« ein Tier-III-Katalysator eingebaut. Damit ist es eines der ersten Schiffe dieser Größe, das über diese Technik verfügt.

Wie bei ihren übrigen Schiffen war dem Schifffahrtsunternehmen auch bei seinem jüngsten Flottenzugang wichtig, dass er mit einer sehr guten Kubikfuß-Kapazität ausgestattet ist. Damit ist die Größe des Laderaums gemeint. Dies sei insbesondere bei voluminösen Frachten wichtig, weiß Lohse. »Deshalb sind die Laderäume auch nicht in einzelne Parzellen unterteilt, sondern um die Güter besser Laden und Löschen zu können, verfügt jedes Schiff über einen großen Frachtraum.«

Neben den Ballastwasserbehandlungsanlagen sieht die Reederei in der Finanzierung eine der wesentlichen Herausforderungen. Es würde heute kaum noch Banken geben, die finanzieren. Dies gelte sowohl für Neubauten als auch für gebrauchte Tonnage. Daher sei es für eine mittelständische Reederei alles andere als einfach, eine geeignete Bank zu finden, verdeutlicht Lohse.

Die allgemeine Marktlage, die Preisentwicklung, aber auch die Auslastung der Werften seien die wesentlichen Faktoren, die es langfristig zu berücksichtigen gelte, um die Flotte zu erweiterten. »Im Interesse der Kunden wird es aber weiterhin eine der Herausforderung sein, adequate Tonnage zur Verfügung zu stellen, um eine gewisse Flexibilität zu gewährleisten«, so der Reederei-Chef.

Alle Einheiten fahren mit Marine Gas Oil (MGO). Ein Vorteil bei MGO-Kraftstoff seien geringere Wartungsintervalle der Anlagen. Positiv wirke sich zudem aus, dass weniger Kraftstoff an Bord genommen werden müsste, da auch der Verbrauch geringer sei als beispielsweise bei Intermediate Fuel Oil (IFO). Dadurch ließe sich mehr Ladung an Bord nehmen, ferner sei MGO in nahezu jedem Hafen zu bekommen, benennt Lohse weitere Vorteile.

LNG als Kraftstoff könnte nach seiner Auskunft künftig indes schon ein Thema werden. Die Frage sei, wie viel Platz dafür auf kleinen Schiffen benötigt werde. Je mehr Platz eine solche Anlage brauche, desto schwieriger werde es, wettbewerbsfähig auf dem Markt zu fahren. Die Verfügbarkeit des LNG sei ebenso ein wichtiges Thema. Man wolle die Entwicklung in jedem Fall im Auge behalten.

Nordeuropa als Kerngeschäft

Die Reederei ist im gesamten europäischen Raum aktiv und deckt bis auf das Crewing alle Bereiche ab. Das Fahrtgebiet reicht vom skandinavischen Raum und dem Baltikum über die ARA-Häfen bis zum spanischen Mittelmeer. Auch Großbritannien und Häfen an der Irischen See werden bedient. 

Das Kerngeschäft konzentriert sich auf Nordeuropa. Das habe auch den Vorteil, dass die Schiffe schnell erreichbar seien, falls Probleme auftreten sollten. So ließen sich beispielsweise Ersatzteile in relativ kurzer Zeit beschaffen, da die Wege nicht so lang seien.

Die Einheiten transportieren ein breites Güterspektrum. Das reicht von Stahlerzeugnissen, die vorwiegend aus der Norwegen-Region kommen und nach Finnland transportiert werden, über Forstprodukte, die beispielsweise aus den Baltischen Staaten Richtung Dänemark gebracht werden. Hinzu kommen Phosphatdüngemittel, die aus den baltischen Staaten in die ARA-Region aber auch nach Nordspanien befördert werden. Darüber hinaus werden Torf, Zellulose, Projektladung, Papierrollen und Getreide gefahren.

Eigene Umschlageinrichtungen

Neben der Reederei verfügt die Hans Lehmann KG auch über eigene Hafenanlagen in Lübeck. Dort betreibt das Unternehmen vier Anlagen mit einer Kailänge von insgesamt 2.500m. Künftig ist der Ausbau des sogenannten »Lehmannkai 1 Plus« geplant. Dafür hat die Firma kürzlich eine zusätzliche Fläche mit einer Größe von 26ha erworben, die langfristig für den Umschlag von Forstprodukten gedacht ist.
Thomas Wägener