Schiffbrüchige Kamera auf Nordsee-Odyssee

    Print Friendly, PDF & Email

    Mehr als zwei Monate schwamm eine Kamera durch die Nordsee – aus England

    bis zur nordfriesischen Hallig Süderoog. Beim Fund trat Erstaunliches zu Tage

    Wie sich herausstellte, war die Kamera nahezu unversehrt und voll funktionstüchtig. Mit Hilfe der Seenotretter konnte die ungewöhnliche Nordsee-Odyssee[ds_preview] rekonstruiert werden. Berechnungen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) bestätigten Vermutungen über den Ort an der Ostküste Nordenglands, an dem ein Junge die Kamera offensichtlich verloren hat.

    Der Vater von Halligbewohner Holger Spreer hatte die Kamera in ihrem wasserdichten Gehäuse gefunden. »Die letzten Aufnahmen stammen vom 1. September«, sagt Spreer, der mit Lebensgefährtin Nele Wree auf Süderoog lebt und den Chip auslas.

    Die Videobilder zeigen einen zehn- bis zwölfjährigen Jungen am Strand. Er stellt die Kamera auf einen Stein, vergisst sie im Spiel – und eine kleine Welle schubst sie schließlich ins Meer.

    Nun wollten die einzigen ständigen Bewohner Süderoogs den Jungen ausfindig machen, um ihm die Kamera zurückzugeben. Dazu stellten sie einen Auszug des Videos auf ihre Facebook-Seite.

    Dort sah Christian Koprek das Video. Der 2. Vormann der Seenotretter in List auf Sylt nahm sofort Kontakt zu seinen Kollegen der Royal National Lifeboat Institution (RNLI) auf. Seenotretterin Mary Harris gab den ersten entscheidenden Hinweis: Sie vermutet, dass der Junge die Kamera in der Thornwick Bay nahe Flamborough Cliffs in East Yorkshire an der nordenglischen Ostküste verloren hat. Fotovergleiche des dortigen Strandes mit dem Videomaterial der Kamera stützen die Theorie.

    Letzte Gewissheit brachte schließlich eine Berechnung in der Seenotleitung Bremen. Mit einem speziellen Computerprogramm zur Suchgebietsplanung im Falle über Bord gegangener Schiffbrüchiger rechneten die Seenotretter von Süderoog aus zwei Monate zurück, und zwar anhand der Drift- und Strömungsverhältnisse der Nordsee.

    Das Ergebnis: ein Strand nur etwa 35km südlich der Thornwick Bay. »Da das Programm Gewicht und Seegangsverhalten eines durchschnittlichen erwachsenen Menschen und nicht einer leichten und kleinen Kamera zugrunde legt, dürfte die Vermutung unserer RNLI-Kollegin stimmen«, so Koprek.

    Die Computertechnik offenbarte zudem die Route, die die Kamera zurückgelegt hat: zunächst südöstlich Richtung Englischer Kanal, dann in einer langen Kurve Richtung Nordosten bis auf die Höhe von Esbjerg in Dänemark, und schließlich wieder nach Süden bis Süderoog – insgesamt wohl eine Strecke von 800 bis 900km.

    Im Internet hat sich das Video inzwischen weit verbreitet. Englische Lokalmedien sind bereits auf die ungewöhnliche Kamera-Odyssee aufmerksam geworden und berichten.