Print Friendly, PDF & Email

Der Verkauf der HSH Nordbank an ein Konsortium von Finanzinvestoren ist besiegelt, der Vollzug dürfte aber noch Monate dauern und dürfte sich bis zum Herbst hinziehen. Viele Fragen sind derzeit noch offen.

Als in Kiel soweit war, nach monatelangen Verhandlungen den geglückten Ver[ds_preview]kauf der Landesbank zu verkünden, saßen die maßgeblichen Politiker der beiden Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein vor der versammelten Presseschar. Allen voran der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, dazu die beiden Finanzminister Monika Heinold und Peter Tschentscher. Ein Investorenvertreter war dagegen weit und breit nicht zu sehen. »Es werde noch über letzte Details gesprochen«, hieß es.

Nicht einmal der Kaufpreis oder die noch drohenden Verluste für die öffentlichen Haushalte können derzeit exakt beziffert werden. Etwa 1 Mrd. € sollen die Länder für 94,9% der an der HSH Nordbank gehaltenen Anteile erhalten, abhängig davon, ob die Investoren die volle Garantiesumme erhalten. Wird es weniger, verringert sich auch der endgültige Preis um die entsprechende Summe. Fu?r die vorzeitige Beendigung und Auszahlung erhalten die Länder einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 100 Mio. €.

HSH Verkauf Anteile

Das Kapital Landesbank ist für die beiden Länder demnächst abgeschlossen. Was von dem missglückten HSH-Abenteuer bleibt, sind schmerzhafte Lehren und Verluste in Milliardenhöhe – durch die in der Krise eingebrachte Kapitalspritze von 3,5 Mrd. €, die Ländergarantie (»Sunrise«) von 10 Mrd. € und die Gewährträgerhaftung, also das Einstehen der Länder für mögliche Verluste der Bank für Kredite und Wertpapiere aus der Zeit vor 2005. Das Volumen lag mal bei 60 Mrd. € und heute noch bei rund 3,2 Mrd. €. Insgesamt sind das also 16,7 Mrd. €.

Rechnung mit vielen Variablen

Hinzuzurechnen wären noch die sogenannten Transaktionskosten für die Rettungsaktionen von 680 Mio. €. Sollten die bei der AöR geparkten Schiffskredite in Höhe von 2,4 Mrd. € komplett als Ausfall zu Buche schlagen, wären es insgesamt rund 19,8 Mrd. €.

Abziehen muss man die Gebühren, die von der HSH für die Garantien der Länder überwiesen wurden: insgesamt rund 3,4 Mrd. €. Und den Verkaufserlös von 1 Mrd. €, macht zusammen 4,4 Mrd. €. Blieben also rund 15,4 Mrd. € für die Länder. Oder eben 13 Mrd. €, je nach Entwicklung bei der AöR.

5,4 Mrd. € müsse Schleswig-Holstein am Ende mindestens schultern, schlimmstenfalls auch maximal 7 Mrd. €, sagt Ministerpräsident Günther. In Hamburg sei es eine ähnliche Summe, bestätigte Scholz. Das sei dennoch »der geringste Schaden, den wir erreichen konnten«, betonte sein Finanzsenator Peter Tschentscher.

Neben dem Namen verschwinden wohl auch Arbeitsplätze

Offen ist, welche konkreten Schritte die neuen Besitzer für die Bank planen, welches Geschäftsmodell sie verfolgen, welche Bereiche erhalten, aus- oder abgebaut werden sollen. Fest steht bislang, dass der Name »HSH Nordbank« der Vergangenheit angehört, die EU hatte neben einem Verkauf eine Umbenennung bis spätestens 2019 gefordert. In Kiel, demnächst nicht mehr zweiter Hauptsitz, und Hamburg droht der Abbau von bis zu 600 der 1.750 Arbeitsplätze, in Hamburg zusätzlich auch der Auszug aus der bisherigen Bankzentrale in der Innenstadt.

Abspaltung einer »Bad Bank«?

Unmittelbar vor Abschluss der Verhandlungen war durchgesickert, dass die Investorengruppe um Cerberus und J.C. Flowers ein Teilportfolio mit »faulen« Krediten in ein »Special Purpose Vehicle« auslagern wollen, so ähnlich, wie zuvor bereits die Länder Altbestände in die AöR Portfoliomanagement übernommen hatten.

Über diese Zweckgesellschaft sollen Altlasten aus der heutigen Abbaubank (»bad bank«) der HSH entnommen und getrennt verwertet werden. Ein Teil der entstehenden Verluste soll offenbar mit der Ländergarantie verrechnet werden. Die Kernbank hingegen wäre von den größten Risiken befreit und hätte dank einer geringen NPE-Quote (non-performing exposure) von etwa 2% ein gutes Rating sicher.

Weitere Wertberichtigungen drohen

Unklar ist noch, welches Volumen betroffen ist. In der Abbaubank liegen besonders ausfallgefährdete Kredite, vornehmlich aus dem Schifffahrtsbereich. Der Anteil des »non-performing exposure« lag Ende September bei insgesamt 9,1 Mrd. € oder 11,7% des gesamten Portfolios der Bank.

Insgesamt, so verlautete aus Verhandlungskreisen, könnten etwa 6,3 Mrd. € von den neuen Eignern herausgelöst und die restlichen Forderungen auf die Kernbank übertragen werden. Formal wäre es ein Verkauf der HSH an die neue Zweckgesellschaft.

Lesen Sie auch:

HSH Nordbank – Chronik einer Krise

Ein Höllenhund schnappt sich die HSH Nordbank

Verkauf in zwei Teilen?

Allerdings dürfte eine solche Transaktion zu weiteren Wertberichtigungen führen, wenn das Portfolio zum aktuellen Marktwert statt zum bilanziellen Wert übernommen wird. Nach Abzug der Risikovorsorge stehen die Kredite wohl noch mit 3,5 Mrd. € in den Büchern, der Marktwert läge dagegen nur noch bei etwa 2,5 Mrd. €, so wird gemunkelt. Wenigstens ein Teil der Verluste soll über die Ländergarantie verrechnet werden, heißt es. Die Länder hatten lange vorher schon kategorisch ausgeschlossen, weitere Altlasten in die AöR zu übernehmen. »Dies ist jetzt einzig und allein Sache der neuen Eigner«, so Tschentscher.

Der Großteil dieser Altlasten (65%) entfällt auf das Segment Shipping, dabei wiederum zu knapp 90% auf das Portfolio in der Abbaubank. Insgesamt hat die HSH Nordbank noch Forderungen von 12 Mrd. € an die Schifffahrtskunden, je zur Hälfte auf Kern- und Abbaubank verteilt. Welche Konsequenzen eine solche Transaktion für die deutschen Reeder und Eigner hätte, ist nicht absehbar.

Verlust in dreistelliger Millionensumme eingeplant

Mit der Transaktion sinkt der Anteil des Shipping-Portfolios auf rund 8% der Bilanzsumme. Das mache die Bank für künftige Krisen deutlich resistenter, teilte die HSH mit. Durch die Auflösung der Abbaubank werde es zu einmaligen Bewertungsverlusten kommen, die den Jahresabschluss 2017 prägen dürften. Dadurch werde man für das Geschäftsjahr 2017 einen Verlust vor Steuern im mittleren dreistelligen Millionenbereich ausweisen müssen. Bislang war die Bank von einem Jahresgewinn von rund 290 Mio. € ausgegangen – gegenüber 121 Mio. € im Vorjahr.

Die aus dem Portfolioabbau entstehenden Belastungen könne die Bank gleichwohl gut verarbeiten – auch nach der Transaktion erwartet die Bank eine CET1-Kapitalquote von voraussichtlich rund 15%. »Der Eigentümerwechsel gibt der Bank eine gute Perspektive«, sagte Stefan Ermisch, Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank.

Und hier noch die Geschichte der HSH Nordbank im Zeitstrahl:

HSH Verkauf Zeitachse