Erck Rickmers: »Verkauf ist strategisch richtig«

Erck Rickmers
Erck Rickmers (Foto: Krischan Förster)
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Hamburg verliert eine weitere renommierte Schifffahrtsadresse, wenn die Flagge der E.R. Schiffahrt demnächst am Unternehmenssitz nahe der Binnenalster eingezogen wird. »Der Verkauf an Zeaborn ist für uns die strategisch einzig richtige Lösung«, sagt Firmengründer Erck Rickmers.

E[ds_preview]in wenig Wehmut schwingt mit, als der 53-jährige in kleiner Runde nach 20 Jahren den Abschied von seiner Reederei und den Verkauf an die Bremer Zeaborn-Gruppe verkündet. Man habe sich die Sache nicht leicht gemacht. Doch die gravierenden Veränderungen in den Schifffahrtsmärkten, der harte internationale Wettbewerb, der hohe Kostendruck und die bestehenden Überkapazitäten, gerade in Deutschland, hätten zum Handeln gezwungen. »Es gibt zu viele Reederei-Betriebe, die sich gegenseitig das Leben schwer machen.«

Größe zählt im Konkurrenzkampf

Es zähle Größe, um im Konkurrenzkampf mit den »Schwergewichten« wie etwa V.Ships, Anglo Eastern oder Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) zu bestehen. Die 81 Schiffe, die jetzt unter Bremer Kontrolle wechseln, seien definitiv für die »kritische Größe« zu wenig.

Erck Rickmers
»Die deutschen Reeder wollen nicht verkaufen«, sagt Erck Rickmers (Foto: Förster)

Man hätte ja selbst gern aktiv konsolidiert und wollte den Weg weiter beschreiten, der 2012 mit der Übernahme von Komrowski und Blue Star eingeleitet worden sei, berichtet Erck Rickmers. Die ursprüngliche Unternehmensstrategie habe daher darauf abgezielt, eine Flotte von rund 200 bis 250 Schiffen im Management aufzubauen. »Das ist uns nicht gelungen«, räumt der jüngere der beiden Hamburger Rickmers-Brüder ein. Es seien durchaus einige Übernahmekandidaten ausgemacht worden. Aber: »Die deutschen Reeder wollen nicht verkaufen, jedenfalls nicht zu annehmbaren Konditionen.«

Eigene Konsolidierungsversuche gescheitert

Der letzte Versuch, doch noch zu wachsen, ist kein halbes Jahr her. Eine Fusion unter Partnern zwischen der E.R. Schifffahrt von Erck und der Shipmanagement-Sparte seines älteren Bruders Bertram war 2016 noch gescheitert, die Rahmendaten einer möglichen Transaktion hätten nicht gepasst, heißt es. Nach der Insolvenz der Rickmers Gruppe wollte der Jüngere im Spätsommer 2017 erneut zugreifen – doch da kam ihm die Bremer Zeaborn Gruppe zuvor. Und so reifte langsam der Plan, sich von dem »harzigen, mühsamen« Geschäft der Schiffsbereederung zu trennen.

Ein anglo-amerikanischer Finanzinvestor habe Interesse gezeigt, dieser hätte die Reederei aber eher zerschlagen. Und eben auch Kurt Zech, der Bremer Bauunternehmer, der hinter Zeaborn steht. Man habe sich getroffen, verhandelt und eine Einigung erzielt. »Wir haben eine norddeutsche Lösung gefunden«, sagt Rickmers, »eine, die auch gut ist für den Standort Hamburg.«

»Zufrieden mit der norddeutschen Lösung«

E.R. Schiffahrt
Die Flagge der E.R. Schiffahrt auf dem Gebäude in der Hamburger Innenstadt wird eingezogen (Foto: Förster)

Zeaborn wird alle Mitarbeiter von E.R. Schiffahrt und beim Schiffsmakler Harper Petersen übernehmen. Dazu das Management um die beiden CEO Nils Aden (E.R.) und Simon Aust (Harper Petersen). Unter einem gemeinsam Dach sollen diese beiden Abteilungen mit den Überresten des Shipmanagements von Bertram Rickmers in Hamburg zusammengeführt werden. Es werde nach einer Übergangszeit einen neuen Namen für das Gebilde geben, das auch demnächst in ein anderes Domizil umziehen werde. Die Flagge, einst eigenhändig von Erck Rickmers entworfen, wie auch der Unternehmensname »E.R. Schiffahrt« werden eingemottet. »Vielleicht brauchen wir beides später noch einmal«, sagt der Firmengründer.

Er handle nicht in Not, betont er, die beiden Unternehmensteile seien kerngesund, seien ohne eine Restrukturierung ausgekommen und hätten keine Schulden oder Haftungsverbindlichkeiten. »Die HSH Nordbank hat mit uns kein Geld verloren, sondern per saldo Geld verdient«, sagt der Unternehmer in Anspielung auf andere Hamburger Reedereien. Im vergangenen Jahr sei trotz der anhaltenden Krise ein Gewinn von knapp 10 Mio. € einfahren worden, auch dieses Jahr sei ein positiver Millionenbetrag eingeplant. Warum dann die Trennung? »Weil es strategisch die einzig richtige Entscheidung ist.«

Asset-Management statt Reedereibetrieb

Die Familiengeschichte der Rickmers, die bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückreicht, ist reich an Tradition und – quer durch fünf Generationen – auch reich an Rückschlägen. Für Erck Rickmers aber ist der Verkauf der Reederei kein Scheitern, keine Niederlage. »Tradition beziehe ich nicht auf ein Produkt, sondern aufs Unternehmertum, und dazu gehört, sich von Zeit zu Zeit neu zu erfinden.« Ihm gehören zudem etliche Immobilien in Hamburg und Berlin sowie Beteiligungen an anderen Unternehmen.

Mit der Schifffahrt verbinden ihn künftig noch 34 Schiffe im Asset-Management, die seine E.R. Capital Holding allein oder gemeinsam mit Investoren besitzt und die ihn zum größten Einzelkunden bei seiner ehemaligen Reederei machen. Unter der wiederbelebten Marke »Blue Star« hat das jüngst von Claus-Peter Offen abgeworbene Team von Finanzexperten die Aufgabe, institutionelle Anleger zu gewinnen, auch für Investments in der Schifffahrt. Insgesamt verbleiben noch 80 Mitarbeiter in der E.R. Capital Gruppe.

Es bleibt nun mehr Zeit für neue Projekte. Eines soll bereits in Kürze vorgestellt werden. »Dann bin ich aber nicht mehr der Reeder, sondern mehr ein Philanthrop.«


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