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Kommt es an Bord zu Verletzungen, ist schnelle Hilfe erforderlich. Doch nicht immer

ist ein passender Arzt in der Nähe. MedAssist.online hat nun eine Anwendung entwickelt, die bei der korrekten Versorgung helfen soll. Von Thomas Wägener

Das Unternehmen hat im Vorfeld der Entwicklung die 18 häufigsten Verletzungen und entsprechenden Maßnahmen an Bord ermittelt. Die Bandbreite reichte[ds_preview] vom Anlegen einer Bandage über das Nähen einer Wunde bis hin zu Vergiftungserscheinungen und Schockreaktionen. Für all dies ist schnelles, aber auch richtiges Handeln erforderlich. Hilfreich beim Zusammenstellen der

Inhalte des Tools waren für die Entwickler nach eigenen Angaben die Erfahrungen ihres Schwesterunternehmens Emergency Control Maritime Training (EC-MT), das sich in Trainingskursen mit den entsprechenden Verhaltensregeln beschäftigt.

Da Ernstfälle verhältnismäßig eher selten eintreten, ist vieles, was im Lauf der Jahre erlent wurde, nicht mehr ausreichend präsent, um bei einem Unglücksfall die richtigen Maßnahmen zu treffen. »Die Crew ist nur in den seltensten Fällen für die Versorgung all dieser Verletzungen entsprechend ausgebildet«, sagt Remko Huigen, der bei MedAssist.online für Strategy & Development zuständig ist. Nicht selten herrsche bei der Besatzung Ratlosigkeit, was bei den einzelnen Verletzungsmustern zu tun sei. Die Durchführung eines medizinischen Eingriffs sei zudem immer eine Stresssituation, bei der man unter einem gewissen Druck stehe. »Da es sich bei dem Verletzten häufig um einen Kollegen handelt, will man erst recht keinen Fehler machen«, ergänzt Huigen, denn schließlich wolle man ja helfen und nicht für mögliche Folgeschäden oder Infektionen verantwortlich sein. Doch genau das könnte durch falsches Handeln oder eine nicht sterile Wundversorgung passieren.

Das Tool kann auf Smartphones, Tablets, Computern oder Laptops genutzt werden. Nachdem der Anwender unter den 18 Verletzungen die »passende« ausgewählt hat, wird ein gezeigt, welche Materialien nötig sind, etwa Skalpell, Nadel und Faden oder weitere Utensilien. Anhand von Fotos und Videos erhält der Nutzer anschließend Schritt für Schritt eine Anleitung, wie die Verletzung korrekt versorgt werden sollte.

Nach Angaben von MedAssist.online nutzen bereits namhafte in der Seefahrt tätige Unternehmen wie Stena Line, Seatrade, Interorient oder Acta Marine das Tool.

Auf dem offenen Meer ist die nächste Rettungsstation teilweise mehr als 1.000km entfernt. Aber auch auf Binnenschiffen soll die Softwareanwendung, die der Entwickler als zusätzliches Besatzungsmitglied bezeichnet, nützlich sein. Da die Entfernungen bis zum Ufer hier normalerweise weitaus kürzer sind, dauert es zwar in der Regel nicht so lange, bis ein Arzt oder Krankenhaus aufgesucht werden kann. Vor allem auf Flüssen, die durch periphere Landstriche führen, ist jedoch auch nicht immer von schneller Hilfe auszugehen. Auch in solchen Fällen ist die Crew also nicht selten auf sich allein gestellt.

Um nicht auf externe Hilfe angewiesen zu sein und im Notfall selbst regieren zu können, vertraut beispielsweise auch der Lotsendienst Rotterdam (Loodswezen) auf die Softwareanwendung. MedAssist-online hat nach eigenen Angaben das Ziel, in diesem Jahr auch den deutschen Markt zu erschließen. Nach Auskunft der Entwickler steht die Software auf Wunsch in 25 Sprachen zur Verfügung. Online und als Download stehen zusätzlich aktuelle medizinische Dokumente (PDF) wie der schiffsärztlichen Leitfaden, das Sanitärhandbuch und der Erste-Hilfe-Leitfaden für Medizinprodukte (MFAG) bereit.

Darüber hinaus hat das Unternehmen ein Tool entwickelt, mit dem sich nach Auskunft Huigens innerhalb von zehn Minuten ein Elektrokardiogramm (EKG) erstellen lässt. Auch dies könne im Ernstfall überlebensnotwendig sein.


Thomas Wägener