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Umweltpolitische Anforderungen und eine größere Variabilität der ­­Antriebsarten haben signifikanten Einfluss auf die in der Schifffahrt genutzten Schmierstoffe. Die Zukunft könnte synthetischen Ölen gehören

Gearbeitet wird schon seit einiger Zeit daran, doch bislang galten sie als zu teuer, wurden so gut wie nie genutzt[ds_preview]. Die Rede ist von synthetischen Ölen zur Schmierung von Schiffsmaschinen und -anlagen. Das könnte sich unter Umständen jedoch bald ändern, meint Peter Boy, Fachmann von der Hochschule Flensburg.

Wie viele andere erwartet er, dass sich durch politischen Druck die Entwicklung hin zu schärferen Restriktionen von Emissionen künftig verstärken wird: »Ich denke beispielsweise an Feinstaubpartikel, dabei spielen auch Schmierstoffe eine Rolle, nicht nur der Kraftstoff.« Bei Gasmotoren bildeten sich zwar fast keine Rückstände, bei Schmieröl hingegen gebe es Partikelemissionen – jedoch sei bereits ein Trend zur Reduzierung zu sehen, der sich verstärken werde.

Bei Viertaktmotoren ist die Industrie nach Ansicht von Boy in der Lage und willens, einen Wert von 0,2 g/kWh zu erreichen. »In der Vergangenheit war bei Schweröl 1 g üblich, in den letzten Jahren ist man deutlich davon heruntergekommen. Die Grenze liegt meist bei 0,6 g.« Warum nicht noch niedriger? Weil bislang Schmieröl benötigt wurde, um den Schwefel zu neutralisieren. Die 0,6 g seien ein sogenannter »break-even«-Punkt. »Wenn man den unterschreitet, verbraucht sich das Öl und die komplette Ladung Schmieröl muss ausgetauscht werden. Wenn man jedoch zwischendurch frisches Öl hinzugibt, lässt sich die BN (Basenzahl) halten und ein Austausch ist nicht nötig«, so der Professor weiter. Da der Austausch einer kompletten Ladung auf einem Schiff nicht unproblematisch ist, wird das Öl immer wieder gesäubert, um die BN zu halten, bei eben jenen rund 0,6 g Partikelemissionen.

Bei Gasmotoren fällt die Neutralisierung des Schwefels weg, »hier will man auch runter auf 0,2 g. Das ist zwar sehr wenig, jedoch hat man immer noch Öl«, sagt Boy.

Wichtig sind seiner Meinung nach die heutigen und künftigen Anforderungen an das Öl. Es gehe nach dann nicht mehr darum, zu neutralisieren, sondern darum, eine gewisse Dichtwirkung zu erreichen. »Wenn zwei Teile aufeinander gleiten – in diesem Fall Kolbenring und Buchse – ist ein Medium mit einer bestimmten Dichtwirkung nötig, ein Schmierfilm, der für eine Abdichtung sorgt«, erläutert er.

Bei Gasmotoren gilt dies zwar auch, allerdings ist es um einiges schwieriger. Es gelten andere Anforderungen, weil die Motoren mit sehr hohen Temperaturen verbrennen, ist die thermische Belastung der Öle deutlich höher. Boy sieht einen Trend: »Wenn der Schwerölverbrauch gesenkt wird, kommt man um synthetische Öle nicht herum. Bei Gasmotoren dürfte daher in Zukunft synthetisch geschmiert werden, weil die herkömmlichen Schmieröle temperaturmäßig begrenzt sind. Ab 200 bis 220° fangen sie an zu verkoken. Synthetische Öle sind hitzeresistenter.«

Aber dennoch: Selbst wenn ein Wert von 0,2 g erreicht werden kann, Schmieröl wird immer benötigt werden, meint er. Politisch vorgegeben werden die Partikelemissionen. Boy dazu: »Um die zu senken, braucht man Schmierstoffe mit geringem Aschegehalt. Heute haben die Zusätze meist einen hohen Aschebestandteil, die muss man vermeiden.«

Separate Schmierung

Im Gegensatz zu Viertaktmotoren mit einem gemeinsamen Sammeltank für Schmieröl und 90% des Schmieröls für die Kolbenkühlung als Hauptaufgabe haben Zweitakter eine separate Zylinderschmierung. Auch hier versucht man, den Partikel-Richtwert zu senken. »Da noch mit Schwefelkraftstoff gefahren wird ist ein erster Schritt, die BN zu erhöhen. Vor Jahren fuhr man mit einer BN 70, dann 100. Mittlerweile gehen einige auf 140 hoch«, meint Boy, auch mit dem Ziel, den Verbrauch zu senken. Die Grenze liege bei 0,6 g für die Zylinderölung.

Bei Gasmotoren geht er erneut davon aus, dass es in Richtung synthetische Öle geht. Die Industrie von Schmierölherstellern sei durchaus darauf vorbereitet: »Die Forderung nach Schmierölen mit höherer Temperaturbeständigkeit gibt es schon lange, aber bislang scheiterte es stets an der Preisfrage.« Der Druck bezüglich der Partikelbelastung dürfte seiner Ansicht nach allerdings immer stärker werden.

E-Antriebe & Dual-Fuel

Ein weiterer Trend, der große Auswirkungen auf die Schmierstoff-Branche haben dürfte, ist der zu elektrischen (und Batterie-)Antrieben, der vor allem im Fähr- und Shortsea-Bereich zu beobachten ist. Bei reinen E-Antrieben ist fast kein Schmieröl mehr nötig.

Was weiter geschmiert werden muss, ist etwa das Stevenrohr. Hier können nun die USA mit ihren hohen Umweltanforderungen – bekannt beispielsweise aus der Ballastwasser-Thematik – eine bedeutende Rolle spielen. »Die US-Behörden fordern für das Stevenrohr biologisch abbaubare Öle. Ich gehe davon aus, dass man an dieser Stelle zu Wasserschmierung übergeht, das ist möglich«, sagt Boy. Biologisch abbaubare Öle hätten jedoch den Nachteil, dass sie nicht nur teuer, sondern auch hygroskopisch seien, sie ziehen Wasser an und müssen entsprechend entwässert werden. Das größere Problem sei allerdings der Preis, weshalb man immer mehr auf Wasserschmierung setze. Der Flensburger Professor geht davon aus, dass sich diese Situation künftig nicht mehr nur auf die USA beschränken, sondern aus umweltpolitischen Gründen auch in Gewässern anderer Regionen zeigen wird, beispielsweise in der EU.

Ein etwas komplizierter Fall dürften seiner Meinung nach Dual-Fuel-Motoren sein: »Es hängt immer davon ab, wie gerade gefahren wird. Wenn mit Gas gefahren wird, braucht man ein hochtemperaturbeständiges Öl, eine Neutralisierung ist nicht nötig. Fährt man hingegen mit Schweröl oder Diesel, ist dies sehr wohl nötig.«

Es gibt also sehr unterschiedliche Anforderungen. Bei Hybrid-Antrieben müsse man daher wahrscheinlich mit verschiedenen Tanks fahren. Damit wäre auch das eigentliche Schiffsdesign betroffen. »Ist der Antrieb auf Gas optimiert, kann man zwar auch mit BN fahren. Aber die Frage ist, wie lange das gut geht, wie haltbar das Öl ist. Das ist eine Herausforderung. Ich könnte mir daher vorstellen, dass man künftig mit zwei Ölen fährt.«