Print Friendly, PDF & Email

Der Verkauf der HSH Nordbank an ein Konsortium von Finanzinvestoren ist besiegelt, der Vollzug dürfte aber noch Monate dauern und sich bis zum Herbst hinziehen. Viele Fragen bleiben offen. Von Krischan Förster

Das Kapitel HSH Nordbank ist für die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein demnächst abgeschlossen. Was von dem missglückten Bankenabenteuer[ds_preview] bleibt, sind schmerzhafte Lehren und Verluste in Milliardenhöhe.

Noch wurden nicht einmal der Kaufpreis oder die noch drohenden Verluste für die öffentlichen Haushalte exakt beziffert. Etwa 1 Mrd. € sollen die Länder für 94,9% der an der HSH Nordbank gehaltenen Anteile erhalten, abhängig davon, ob die Investoren die volle Garantiesumme (»Sunrise«) erhalten. Wird es weniger, verringert sich auch der endgültige Preis um die entsprechende Summe. Für die vorzeitige Beendigung und Auszahlung erhalten die Länder einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 100 Mio. €.

Den Zuschlag hat ein Konsortium von angloamerikanischen Finanzinvestoren erhalten, angeführt von Cerberus und J.C. Flowers. Beide sind bereits bei deutschen Banken engagiert. Dazu kommen Golden Tree, Centaurus Capital und die österreichische Bank BAWAG.

Rechnung mit vielen Variablen

Einige der Verluste sind heute bereits absehbar. Da wären die in der Krise eingebrachte Kapitalspritze von 3,5Mrd. €, die Ländergarantie (»Sunrise«) in Höhe von 10 Mrd. € sowie Kosten aus der sogenannten Gewährträgerhaftung, wenn die Länder für mögliche Verluste der Bank für Kredite und Wertpapiere aus der Zeit vor 2005 einstehen müssen. Das fragliche Kreditvolumen lag mal bei 60 Mrd. € und heute noch bei rund 3,2 Mrd. €. Zusammen also 16,7 Mrd. €. Hinzuzurechnen wären noch die sogenannten Transaktionskosten für die Rettungsaktionen in Höhe von 680 Mio. €. Sollten die bei der AöR geparkten Schiffskredite in Höhe von 2,4 Mrd. € komplett als Ausfall zu Buche schlagen, wären es insgesamt sogar 19,8 Mrd. €.

Abziehen muss man die Gebühren, die von der HSH für die Garantien der Länder überwiesen wurden: insgesamt rund 3,4 Mrd. €. Und den Verkaufserlös von 1 Mrd. €, macht zusammen 4,4 Mrd. €. Blieben also rund 15,4 Mrd. € für die Länder. Oder eben 13 Mrd. €, je nach Entwicklung bei der AöR.

5,4 Mrd. € müsse Schleswig-Holstein am Ende mindestens schultern, schlimmstenfalls 7 Mrd. €, sagte der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther. Demnächst soll der Landtag deshalb einen Nachtragshaushalt beschließen. In Hamburg sei es eine ähnliche Summe, bestätigte der 1. Bürgermeister Olaf Scholz, der inzwischen als neuer Bundesfinanzminister Hamburg den Rücken gekehrt hat. Das sei dennoch »der geringste Schaden, den wir erreichen konnten«, betonte der damalige Finanzsenator Peter Tschentscher, heute Nachfolger von Scholz an der Spitze des Senats.

Name verschwindet, Jobs auch?

Offen ist, welche konkreten Schritte die neuen Besitzer für die Bank planen, welches Geschäftsmodell sie verfolgen, welche Bereiche erhalten, aus- oder abgebaut werden sollen. Die Investoren haben dazu bislang nichts verlauten lassen. Fest steht, dass der Name »HSH Nordbank« der Vergangenheit angehört, die EU hatte neben einem Verkauf eine Umbenennung bis spätestens 2019 gefordert. In Kiel, demnächst nicht mehr zweiter Hauptsitz, und Hamburg droht der Abbau von bis zu 600 der 1.750 Arbeitsplätze, in Hamburg werde zusätzlich der Auszug aus der bisherigen Bankzentrale in der Innenstadt erwogen, heißt es.

Abspaltung einer »Bad Bank«

Unmittelbar vor Abschluss der Verhandlungen war zudem durchgesickert, dass die Investorengruppe ein Teilportfolio mit »faulen« Krediten in ein »Special Purpose Vehicle« auslagern wolle, so ähnlich, wie zuvor bereits die Länder Altbestände in die AöR Portfoliomanagement übernommen hatten.

Über diese Zweckgesellschaft sollen Altlasten aus der heutigen Abbaubank (»bad bank«) der HSH entnommen und getrennt verwertet werden. Ein Teil der entstehenden Verluste soll offenbar mit der Ländergarantie verrechnet werden. Die Kernbank hingegen wäre dann von den größten Risiken befreit und hätte dank einer geringen NPE-Quote (non-performing exposure) von etwa 2% ein gutes Rating sicher.

Unklar ist noch, welches Volumen betroffen ist. In der Abbaubank liegen besonders ausfallgefährdete Kredite, vornehmlich aus dem Schifffahrtsbereich. Der Anteil des »non-performing exposure« in der Gesamtbank lag Ende September bei insgesamt 9,1 Mrd. € oder 11,7% des gesamten Portfolios der Bank. Insgesamt, so verlautete aus Verhandlungskreisen, könnten etwa 6,3 Mrd. € von den neuen Eignern herausgelöst und die restlichen Forderungen auf die Kernbank übertragen werden. Formal wäre es ein Verkauf der HSH an die neue Zweckgesellschaft.

Verkauf in zwei Teilen?

Allerdings dürfte eine solche Transaktion zu weiteren Wertberichtigungen führen, wenn das Portfolio zum aktuellen Marktwert statt zum bilanziellen Wert übernommen wird. Nach Abzug der Risikovorsorge stehen die Kredite wohl nur noch mit 3,5 Mrd. € in den Büchern, der Marktwert läge dagegen sogar nur noch bei etwa 2,5 Mrd. €, so wird gemunkelt. Wenigstens ein Teil der Verluste soll über die Ländergarantie verrechnet werden, heißt es. Die Länder hatten lange vorher schon kategorisch ausgeschlossen, weitere Altlasten in die AöR zu übernehmen. »Dies ist jetzt einzig und allein Sache der neuen Eigner«, so Tschentscher.

Der Großteil dieser Altlasten (65%) entfällt auf das Segment Shipping, dabei zu knapp 90% auf das Portfolio in der Abbaubank. Insgesamt hatte die HSH Nordbank noch Forderungen von 12 Mrd. € (September 2017) an die Schifffahrtskunden, je zur Hälfte auf Kern- und Abbaubank verteilt. Die Konsequenzen einer solchen Transaktion für deutsche Reeder und Eigner sind nicht absehbar.

Verluste eingeplant

Mit der Transaktion sinke der Anteil des Shipping-Portfolios auf rund 8% der Bilanzsumme. Das mache die Bank für künftige Krisen deutlich resistenter, teilte die HSH nach dem Verkauf mit. Durch Auflösung der Abbaubank werde es aber zu einmaligen Bewertungsverlusten kommen. Man werde für das Geschäftsjahr 2017 einen Verlust (vor Steuern) im mittleren dreistelligen Millionenbereich ausweisen müssen. Bisher war die Bank von einem Jahresgewinn von rund 290 Mio. € ausgegangen – gegenüber 121 Mio. € im Vorjahr 2016.

Die aus dem Portfolioabbau entstehenden Belastungen könne die Bank gleichwohl gut verarbeiten – auch nach der Transaktion erwartet sie eine CET1-Kapitalquote von voraussichtlich rund 15%. »Der Eigentümerwechsel gibt der Bank eine gute Perspektive«, sagte Stefan Ermisch, Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank.

Krischan Förster