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1868 wurde die Norddeutsche Seewarte in Hamburg gegründet – ein Meilenstein für die maritimen Dienste und die Meeresforschung in Deutschland. Zum Jubiläum gab es einen Senatsempfang – und eine Überraschung aus der Ferne

Als ein »Start-Up, um schneller und sicherer durch die Weltmeere zu kommen« bezeichnete Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz die nach[ds_preview] hanseatischem Prinzip privat finanzierte Gründung der Norddeutschen Seewarte 1868 in Hamburg durch Wilhelm von Freeden. Das Datum gilt als Meilenstein für die wissenschaftlich-maritime Arbeit in Deutschland. Aus der Organisation ging zunächst die Deutsche Seewarte, später das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) hervor. Wilhelm von Freeden war ab 1870 übrigens verantwortlicher Redakteur der HANSA und ab 1877 ihr Mitherausgeber. Anlässlich des 150. Jubiläums der Gründung der Norddeutschen Seewarte gratulierte Scholz bei einem Senatsempfang am 6. März den Leitern der heutigen Nachfolgeinstitutionen. Vor rund 100 Gästen im Kaisersaal des Hamburger Rathauses sagte er: »Sowohl die Norddeutsche Seewarte als auch die Deutsche Seewarte hatten mit ihren nautischen, ozeanographischen und meteorologischen Aufgaben und Forschungszwecken herausragende Bedeutung für die deutsche Seeschifffahrt«. Auch grundlegende Theorien wie die Einteilung der Erde in Klimazonen und die Kontinentaldrift basierten auf Arbeiten der Deutschen Seewarte. Der 1952 gegründete Deutsche Wetterdienst sei die zentrale und unverzichtbare Kompetenz für Wetter und Klima in Deutschland. Auch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sei eine zentrale Instanz des Schifffahrtstandortes und der »Windenergiehauptstadt« Hamburg, so Scholz. Enak Ferlemann, Palamentarischer Staatssekretär aus dem Bundesverkehrsministerium, erklärte: »Vor 150 Jahren hat es damit eine »Weichenstellung für das maritime Deutschland gegeben.« BSH Präsidentin Monika Breuch-Moritz betonte die grundlegenden Arbeiten der frühen maritimen Dienste. »Auch wenn heute Informationen und Seekarten meist digital genutzt werden, die Daten waren früher wie heute das grundlegende Werkzeug auf See«, erklärte sie. »Der Deutsche Wetterdienst und das BSH arbeiten trotz über 70 Jahren Trennung weiter im Sinne der Norddeutschen Seewarte«, stimmte sie mit DWD-Präsident Gerhard Adrian überein. Ein besonderes Geschenk zum Jubiläum ist der Fund einer über hundertjährigen Flaschenpost des australischen Paars Tonya Allen und Kym Illman am 21. Januar 2018 an der Küste Australiens bei Wedge Island, 180km nördlich von Perth. Die Flaschenpost wurde vor 132 Jahren am 12. Juni 1886 im Auftrag der Deutschen Seewarte aus Hamburg in den Südindischen Ozean geworfen, um die Meeresströmungen zu erforschen. Bislang lag der Weltrekord für die älteste Botschaft in einer Flasche zwischen Abwurf und Entdeckung bei 108 Jahren, vier Monaten und 18 Tagen. Die Nachricht stammt vom 12. Juni 1886. Ein deutscher Wissenschaftler, 950km entfernt von der Küste mit ozeanographischen Experimenten beschäftigt, hat die Flaschenpost von Deck der deutschen Segelbark »Paula« ins Meer geworfen, um die Meeresströmungen im südindischen Ozean zu erkunden. Die Notiz war feucht, fest gerollt und mit einer Schnur umwickelt. Darauf ein Datum, die genauen Koordinaten, der Namen des Schiffes, der Heimathafen und die Reiseroute (Cardiff in Wales nach Makassar in Niederländisch-Indien, heute Indonesien). Auf der Rückseite wurde der Finder gebeten, zu schreiben, wann und wo die Flasche gefunden wurde, und sie entweder an die Deutsche Marinewarte in Hamburg oder an das nächstgelegene deutsche Konsulat zurückzugeben. Offenbar war diese holländische Gin-Flasche Teil eines offiziellen Driftflaschen-Experiments der damaligen Deutschen Seewarte. Von 1864 bis 1933 wurden tausende Flaschen von deutschen Schiffen in die Weltmeere geworfen. Bei einer Archivsuche wurde das Logbuch der »Paula« gefunden, in dem es einen Eintrag des Kapitäns vom 12. Juni 1886 über das Aussetzen einer Driftflasche gab. Durch einen Vergleich der Notiz mit den Eintragungen im Logbuch konnte die Echtheit festgestellt werden. In Deutschland hatte Georg von Neumayer 1864 die Flaschenpost als wissenschaftliches Hilfsinstrument zur Untersuchung von Strömungen eingeführt. Als Direktor der Deutschen Seewarte entwickelte er 1872 Standardformulare zur Erfassung der Daten. Ab 1887 waren deutsche Schiffe verpflichtet, Flaschenposten auszuwerfen. Auch wenn die Wissenschaft keine Glasflaschen mehr verwendet, ist das Prinzip der Erforschung der Strömung bis heute gleich geblieben. Autonom arbeitende Argofloats treiben durch die Ozeane und senden über Satellit die relevanten ozeanographischen Messreihen an Datenzentren zur Auswertung. Oberflächendrifter messen neben der Wassertemperatur und dem Salzgehalt meteorologische Parameter wie Luftdruck und -temperatur.