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Effizienter, sauberer, leiser: An Bord könnte Brennstoffzellentechnologie bald erste Generatoren ersetzen – thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) arbeitet daran

Für die Schifffahrt auf der Langstrecke kann in Batterien noch nicht genügend Energie gespeichert werden, darum muss man wohl zunächst[ds_preview] weiter auf kohlenwasserstoffbasierte Brennstoffe zurückgreifen. Als Alternative zum Verbrennungsmotor wird die Brennstoffzelle in verschiedenen Varianten bereits getestet. Während die bekannte Polymerelektrolytbrennstoffzelle (PEM-BZ) nur mit hochreinem Wasserstoff arbeitet, wird bei der mit Kohlenwasserstoffen oder Alkoholen betriebenen BZ der Energieträger in einem katalytischen Prozess in ein Gemisch aus Wasserstoff und/oder Methan und CO2 »reformiert« und der Brennstoffzelle zugeführt. Zwar ist Wasserstoff der am besten geeignete Brennstoff, ist jedoch begrenzt verfügbar und stellt die höchsten Anforderungen an die Lagerung. Als Optionen kommen Methan, Alkohole, Gasöl oder synthetischer Diesel in Frage. Nach Abwägen der Vor- und Nachteile – volumetrischer Energiegehalt, Platzbedarf, Komplexität, Verfügbarkeit und Sicherheit – entschied man sich im Rahmen des Projekts »SchIBZ« bei TKMS für die Kombination aus Hochtemperaturbrennstoffzelle und niederschwefligem Dieselkraftstoff. Die Vorteile einer mit Diesel betriebenen Brennstoffzelle liegen im bestens bekannten Umgang mit dem Kraftstoff und der hohen intrinsischen Sicherheit. Um heutige und zukünftige Umweltschutzgesetze einzuhalten, kann man auf Hilfssysteme zur Abgasreinigung verzichten, wie sie ein Dieselgenerator bräuchte. Als Abgas emittiert die Brennstoffzelle hauptsächlich Wasserdampf und im Fall der Verwendung von Diesel CO2. Weil der Oxidationsprozess ohne offene Flamme und bei Temperaturen unter 1.000°C abläuft, entstehen weder Kohlenstoffmonoxid, noch Stickoxide oder Ruß. Das TKMS-Projekt ist Teil der Leuchtturminitiative »e4ships«. TKMS wird dabei unterstützt von DNVGL, dem Brennstoffzellenspezialisten Sunfire, dem Öl-Wärme-Institut (OWI), Motion Control & Power Electronics, der Leibniz-Universität Hannover und der Reederei Rörd Braren. Über 50% Wirkungsgrad Mittlerweile ist ein 50-kWe-Demonstrator im Testbetrieb, untergebracht in einem 40’-Container, der auch Platz für eine 200 kWe-Anlage böte. Dazu kommt ein Container mit Hilfssystemen wie Luftfilter und Brandschutzanlage. Der elektrische Wirkungsgrad des Systems liegt bei über 50%, angestrebt werden 60%. Damit übertrifft sie konventionelle Gensets. Um 10 kWh elektrischer Energie zu erzeugen, benötigt die BZ 20l Kraftstoff, ein moderner Dieselgenerator 25l. Die entstehende Abwärme (350 bis 400 °C) kann zur Warmwasser- oder Dampferzeugung genutzt werden. Bei der getesteten Konfiguration befinden sich ca. 45% der Brennstoffenergie im heißen Abgas. Von der Abwärme könnten bis zu 80% genutzt werden. Im Sommer soll die Testanlage auf See erprobt werden. Über seinen ehemaligen TUHH-Professor Horst Rulfs konnte Projektleiter Keno Leites von TKMS die Reederei Rörd Braren gewinnen, die ihr Schiff »Forester« zur Verfügung stellt. Der deutsch geflaggte Stückgutfrachter wurde 1996 auf der Peterswerft gebaut. Bei 100m Länge und 17,2m Breite beträgt die Containerkapazität 303TEU. »Die Reederei ist sehr an Umwelttechnologien interessiert, angefangen mit biozidfreiem Antifouling. Die Schiffe bekamen als erste den Blauen Engel«, sagt Leites. Die besondere Eignung des Schiffes besteht ihm zufolge im Fahrtgebiet Ostsee bis Mittelmeer und in der Größe der elektrischen Anlage: Die 50 kW sollen zu 25 bis 50% zur Bordstromversorgung beitragen. Weil Brennstoffzellen nur eine begrenzte Belastungsdynamik aufweisen, müssen Veränderungen auf Energieerzeugungs- oder -verbrauchsseite gepuffert werden, beispielsweise durch den Einsatz von Li-Ionen-Batterien oder SuperCaps. Auf dem Schiff soll die Energieversorgung zwischen Generator und Brennstoffzelle aufgeteilt werden. Kurzzeitige Lastschwankungen sollen von den Puffern aufgefangen werden, die Grundlast verteilt sich auf die beiden Aggregate. Die Seeerprobung hätte eigentlich schon starten sollen, musste aber verschoben werden, weil im Design noch nachgebessert werden soll. »Wir wollen insbesondere bei den sogenannten Hilfssystemen noch Verbesserungen vornehmen, bevor wir in die Seeerprobung gehen. Da wir uns noch in der Einzelfertigung befinden, kann der Umbau mehrere Wochen dauern. Aktuell planen wir die Installation im Sommer – auch unter Berücksichtigung der Charteraufträge des Schiffes«, erklärt Leites. Neben den SchIBZ-Partnern gibt es auch andere, die konkrete BZ-Anwendungen entwickeln. Die Meyer Werft will auf den kommenden Neubauten der Oasis-, Quantum-, und Icon-Klasse für Royal Caribbean Brennstoffzellen einsetzen, Viking hat einen Neubau mit Wasserstoffbrennstoffzelle angekündigt. Bei Meyer setzt man auf Methanol, bei Viking soll Wasserstoff zum Einsatz kommen. »Unser System ist für die Nutzung von schwefelfreiem Diesel wie im Straßenverkehr ausgelegt und wird auf LNG in einem kommenden Projekt angepasst. Der elektrische Wirkungsgrad liegt bei über 50% mit Potenzial bis 60%. Ein weiterer Vorteil ist die Größe des Einzelaggregates. Unsere Lösung fängt sinnvoll bei 100 kW an und ist für Skalierungen bis derzeit 300 kW entworfen. Mit den kommenden Generationen wollen wir 400 kW erreichen«, sagt Leites. Neben der Luftreinhaltung in Häfen und Küstenregionen sei die Technologie eine Antwort auf Problemstellungen wie Landstrom oder künftige Meeresschutzregularien. Nur wenige bewegliche Teile in Pumpen und Gebläsen machen die Anlage wartungsarm und leise. Vibrationen gibt es praktisch keine und Schallemissionen können laut Leites leicht gedämmt werden: »Wir halten die Brennstoffzelle auch unter dem Gesichtspunkt Lärmschutz in der Luft und im Wasser für sehr sinnvoll und zukunftsweisend«. Man sehe die Brennstoffzelle als Hauptenergiequelle für die Hotellast und niedrige Fahrgeschwindigkeiten, meint Leites. Für die Fahrt auf offener See werde sie weiter entwickelt werden müssen, bevor sie auch dort sinnvoll einsetzbar ist. In den nächsten Jahren wolle man Pilotinstallationen realisieren und in drei Jahren serienreif sein. Ein mit Abgasnachbehandlung, Lärm- und Vibrationsdämpfung ausgestattetes Diesel-Genset bringt es laut Experten auf Investitionskosten von rund 1.500€/kW. Angesichts der Wartungs- und Kraftstoffkosten werde die Brennstoffzelle ab 2.000€/kW wettbewerbsfähig. Mit entsprechenden Stückzahlen sollen die Kosten reduziert werden. »Die Pläne der Reedereien stellen hier einen großen Sprung für die BZ-Industrie dar«, sagt Leites.