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Nach der Übernahme durch Harren & Partner setzt SAL auf neue Angebote. Nicht der Stärkste werde gewinnen, heißt es bei der Heavylift-Reederei. Man sieht ein Licht am Ende des Tunnels für die Branche, jedoch gebe es eine große Unbekannte. Von Michael Meyer

Zum 1. April wurde ein Pool mit RollDock gestartet. Nach der Übernahme habe man mit den neuen Eignern geschaut, wo[ds_preview] man sich verstärken sollte. »Wir ergänzen uns, RollDock ist sehr gut bei RoRo- und FloFlo-Projekten, wir haben viel LoLo-Expertise. Warum sollen wir konkurrieren und nicht unsere Stärken zusammenführen?«, so Justin Archard, Corporate Commercial Director, gegenüber der HANSA. Wann immer Kunden sich nach Schwerguttransporten umsehen, biete das Setup mit Kran-, RoRo- oder Floating-Services einen One-Stop-Shop, hieß es schon bei der Gründung.

Im Pool liegen allerdings nicht alle Schiffe aller Partner, sondern nur sechs RoRo/FloFlo-Einheiten, fünf von RollDock, eines von SAL, die »Combi Dock I«. Die Niederländer managen den Pool und entscheiden darüber, was wie gebucht wird. »Wir sind der Support-Partner und helfen dabei, Ladungen für effiziente Transporte zu finden, um Ballast-Fahrten zu vermeiden«, sagt Archard. Denn dies stelle RollDock zuweilen vor Probleme, weshalb die Hamburger ihre LoLo-Expertise einbringen sollen. Der Manager bezeichnet es als Win-Win-Situation, weil SAL dadurch profitiere, dass nicht mit dem einen eigenen Dockschiff allein gegen den gesamten Wettbewerb – und damit auch RollDock – angetreten werden müsse. Das ganze Projekt ist langfristig ausgelegt, die Schiffe werden erst nach und nach in den kommenden Monaten in den Pool integriert.

Von den Einnahmen aus dem Pool sollen beide Partner ihren Teil bekommen, den Verteilungsschlüssel will Archard jedoch nicht preisgeben.

Die eigene Flotte besteht aktuell aus 20 Einheiten, neben der FloFlo/RoRo/LoLo-Einheit »CombiDock I« im Pool sind es zwei 12.975t-DP-Schiffe mit zwei 1.000-t-Kranen, vier 12.000-Tonner mit 2×700- und 1×350-t-Krankapazität, zwei 8.900-Tonner mit 2x350t und 1x250t, vier 8.900-Tonner mit 2x320t und 1x250t, ein 9.500-Tonner mit 2x275t und 1x200t sowie sechs 9.900-Tonner mit 2x450t Hebekapazität.

In diesen Segmenten fühlt man sich verhältnismäßig wohl. An einem Einstieg in den großen Markt mit kleineren E- oder F-Typen zeigt Archard kein sonderlich großes Interesse: »In dem Markt ist Chaos und es wird nicht besser.« Auch das P2-Segment sei nicht attraktiv.

Im E/F-Markt gebe es sehr viele verschiedene Akteure, inklusive der »Großen« BBC und COSCO, zudem komme mit Zeaborn ein Unternehmen, dass »das Gesicht der MPP-Branche verändern könnte«. »Ohne die nötige Größe kann man da nicht überleben«, so der Manager. Ob er selbst an Wachstum denke? »Wir werden wachsen müssen und werden das auch tun, aber nicht schnell. Du kannst die Flotte nicht einfach auf 100 Schiffe ausbauen und den Service-Standard hoch halten, das geht nicht.« Außerdem sei die Flotte ja gerade erst durch die Übernahme von 15 auf 20 Einheiten gewachsen, weil einige H&P-Frachter jetzt von SAL gemanagt werden.

Die Integration läuft noch auf Hochtouren. SAL hat einige Aufgabenbereiche, wie die technische Bereederung und zentrale Office-Funktionen, nach Bremen abgetreten, wo alle 70 Schiffe der Gruppe technisch betreut werden. Umgekehrt hat Harren & Partner eigenes Personal aus der Schwergutbefrachtung transferiert. Das betrifft einen Großteil der Mitarbeiter des Projektlogistikers Combi Lift, den die Bremer einst zusammen mit dänischen Partnern aufgebaut und in den vergangenen Jahren allein fortgeführt und umstrukturiert hatten. Auch Combi Lift aktualisiert sein Geschäftsmodell und fokussiert sich verstärkt auf anspruchsvolle Logistikherausforderungen jenseits des Tagesgeschäfts sowie spezielle Offshore-, Decommissioning- und Salvage-Projekte.

»SAL war immer stark im kommerziellen Bereich, der Kern von H&P ist das Shipmanagement. Da gibt es Synergien, die wir natürlich heben wollen«, erläutert Archard. Heute könne der Carrier besser am Markt partizipieren: »Unter K Line hatten wir eine starke Organisation im Rücken, aber die Kosten waren hoch. Das konnten wir reduzieren und die Abläufe optimieren.« Harren & Partner, gegründet 1989, ist breit aufgestellt und besitzt, bereedert und managt rund 70 eigene und eingecharterte Containerschiffe, Tanker und Bulker sowie über Combi Lift auch Mehrzweck-, Offshore- und Dockschiffe.

Im vergangenen Jahr hatte die Reedereigruppe K Line die 1980 gegründete und 2011 von den Japanern komplett übernommene SAL an Harren & Partner verkauft, weil man mit der deutschen Tochter angesichts der überwiegend hohen Verluste in dem umkämpften MPP-Markt nie richtig glücklich geworden war. Ursprünglich hatte H&P dem Vernehmen nach gemeinsam mit der BBC-Mutter Briese aus Leer geboten. Auch Hansa Heavy Lift aus Hamburg soll sehr interessiert gewesen sein.

Archard stimmt in den vielstimmigen Chor aus der Branche ein, dass das Ende der strukturellen Konsolidierung noch nicht erreicht sei. »Ich bin sicher, dass wir weitere Kooperationen oder Übernahmen sehen werden.« Zwar ist er prinzipiell durchaus zuversichtlich, dass sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage langsam und in nicht allzu ferner Zukunft schließen könnte. Jedoch hat er eine aus seiner Sicht große Unbekannte ausgemacht: »Der Markt ist noch immer von viel zu viel Tonnage geprägt – und von zu vielen Eignern. Selbst wenn der Angebotsüberhang reduziert wird, weiß man immer noch nicht, wie sich die Akteure dann verhalten. Das ist der X-Faktor.« Als erstes werde der Super-Heavylift-Markt von einer Besserung profitieren. Noch sei die Auslastung zwar nicht gut genug für höhere Raten, »aber wir sehen Licht am Ende des Tunnels«, auch wenn es bislang noch sehr wenige Buchungen für das kommende Jahr gebe.

»Für eine aktive Rolle in der Konsolidierung zeigt sich SAL mit den neuen Eignern offen. Falls es Möglichkeiten gibt, will man sich das anschauen. Das ist durchaus als neue Marschrichtung zu verstehen. »Wir kommen aus einer Situation als Tochter von K Line, eine große Firma mit stabilen Strukturen. Aber es ist auch eine Firma, die sich nicht sehr oft außerhalb der eigenen Mauern umschaut. Jetzt ist das anders, mit H&P haben wir ein Wachstumsgeschäft.«

»Nicht der Stärkste gewinnt«

In der Branche sei ohnehin noch mehr Aktivität nötig: »Wir sitzen alle im selben Boot mit denselben Problemen und werden uns alle früher oder später bewegen müssen. Nicht unbedingt der Stärkste wird gewinnen, sondern derjenige, der sich am besten anpasst.«

Auf der Suche nach neuen operativen Wachstumsmöglichkeiten glaubt man bei SAL in Afrika fündig geworden zu sein. Zum 1. April wurde ein neuer Semi-Liner-Dienst aufgelegt, der Nordeuropa, den Indischen Subkontinent und den Persischen Golf mit West-, Süd- und Ostafrika verbindet. Mindestens zwei Abfahrten pro Monat sollen auf den Routen um das Kap der Guten Hoffnung laufen, als Ergänzung zum bisherigen Fernost-Europa-Angebot über den Suezkanal, das laut Archard auch in Zukunft das wichtigste Segment der Branchen bleiben wird.

»Afrika wird unserer Ansicht nach in den nächsten Jahren der am schnellsten wachsende Markt sein«, erläutert der Director das Engagement. Auch mit dieser Einschätzung ist SAL nicht allein. Allerdings gilt der Kontinent seit Jahren als potenzieller Boom-Markt. Allein, einen echten Boom hat es bislang nicht gegeben. Archard ist dennoch zuversichtlich, einige Länder wie Mosambik, Tansania oder Dschibuti würden schnell wachsen, mit großen Infrastrukturinvestitionen in Industrie, Transportwege und Energieversorgung. Auch Nigeria sei auf dem Weg der Besserung.

Viele Akteure setzen auf die milliardenschwere chinesische Infrastrukturinitiative »One Belt One Road«, die auch Afrika betrifft. Jedoch steht die Vermutung im Raum, dass davon vor allem die chinesische Staatsreederei COSCO profitieren wird. Der SAL-Manager meint jedoch bei sehr komplexen Projekten – anders als bei volumenträchtigen Kontrakten für Stahlprodukte – noch einen Know-how-Vorsprung ausmachen zu können, zumal viele derartige Anlagen nicht in China, sondern in anderen Regionen der Welt produziert würden und der Zugang zu Transportaufträgen dadurch leichter sein könnte.

Im Gegensatz zu BBC-Chef Svend Andersen (S. 32) sieht Archard in Südamerika kurzfristig keine Belebung, den Subkontinent habe man nicht wirklich auf dem Radar. Vielmehr werde man das größte Augenmerk auch künftig auf den East-West-Trade legen. Weitere Wachstumsmärkte sind für ihn der Mittlere Osten, Vietnam und nicht zuletzt Australien, wo die Offshore- und Rohstoffindustrie wieder anzieht.


Michael Meyer