Europäische Projekte im Fokus

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    Offshore-Windparks nehmen eine wichtige Stellung bei der Energiewende ein. Nach einer Phase der Stagnation scheint nun wieder Bewegung in den Markt zu kommen, vor allem bei nternationalen Projekten. Von Thomas Wägener

    Mit dem Bau von Offshore-Windparks steht und fällt naturgemäß auch der Erfolg der Offshore-Häfen, die für die auf[ds_preview] See gewonnene Windenergie eine bedeutende Rolle spielen. Durch ihre Nähe zu den Anlagen bieten sie ideale Standortbedingungen. Da die Bundesregierung noch immer kein klares Bekenntnis zur Offshore-Windenergie abgegeben hat, scheuen sich Investoren nicht selten hierzulande bestehende Standorte auszubauen, oder gar neue zu errichten. Auch deshalb nehmen Hersteller von Offshore-Windkraftanlagen zunehmend auch internationale Projekte ins Visier.

    Mit dem Bau eines neuen Werks in Cuxhaven demonstriert Siemens seine Wertschätzung für den Standort an der Elbe. Das Werk, das im Juli vergangenen Jahres die Turbinenproduktion aufgenommen hat, ist dem Unternehmen zufolge auch in den Bau der Maschinenhäuser für das derzeit in der Entwicklung befindliche Offshore-Windprojekt »Hornsea« vor der englischen Küste involviert, das sich aus insgesamt vier Teilen zusammensetzt. Für den zweiten Teil, das sogenannten »Hornsea Project Two«, hat Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) vom dänischen Energieunternehmen Ørsted, ehemals Dong Energy, vor wenigen Wochen Exklusivität für die Lieferung und den Service der Turbinen erhalten. Der Windpark mit einer Gesamtleistung von 1.386 MW wird mit Offshore-Windturbinen vom Typ SG 8.0-167 DD ausgerüstet, deren Rotordurchmesser 167m beträgt. Die erste dieser Anlagen wurde Anfang Mai 2018 installiert. Nach Angaben des Herstellers sorgen die 81,5m langen Blätter für eine gegenüber dem Vorgänger SWT-7.0-154 um 18% größere überstrichene Rotorfläche und liefern damit einen um 20% höheren Jahresenergieertrag. Die Anlage zeichne sich durch die bewährte Technologie der Direktantriebsplattform in Kombination mit einem größeren Rotor aus, um den Kunden höhere Renditen bei gleichzeitiger Minimierung der damit verbundenen Kosten und Risiken zu bieten, so Siemens.

    Nach Fertigstellung im Jahr 2022 soll »Hornsea Project Two« der größte Offshore-Windpark der Welt sein und gleichzeitig das größte Offshore-Projekt in der Geschichte von Siemens Gamesa. Das Areal liegt in einer Entfernung von 89km vor der Ostküste Englands und umfasst eine Fläche von rund 462km2.

    Steelwind in Nordenham-Blexen hat vor wenigen Wochen zwei große Projekte abgeschlossen. Eines davon war die Fertigung von 20 Transition-Pieces für den ersten Teil des britischen Offshore-Windparks »Hornsea«, das sogenannte Projekt »Hornsea One«, der insgesamt 174 Windkraftanlagen umfassen soll. Nach seiner Fertigstellung 2020 soll es mehr als 1.200 MW leisten. Das Projekt unterstreicht beispielhaft die zunehmende Rolle, die Offshore-Windenergie im europäischen Energiemix einnimmt.

    Ørsted-CEO Hendrik Poulsen spricht von einem Rekordjahr für Dänemarks Offshore-Windbranche mit 560 neu installierten Turbinen, die insgesamt 3.148 MW neue Kapazität in den Markt bringen würden. Bis 2020 geht das Unternehmen davon aus, dass seine Offshore-Windenergieanlagen rund 7,45 GW leisten. Eine große Rolle für die Offshore-Windindustrie in Dänemark spielt der Hafen Esbjerg, sowohl beim Betrieb der Anlagen als auch beim Transport der Turbinen. Esbjerg könne alle erforderlichen Leistungen anbieten, so Poulsen, der den Hafen als serviceorientierten und flexiblen Partner bezeichnet.

    Bereits Ende November 2017 wurde SGRE von Vattenfall mit der Lieferung von 113 Windenergieanlagen der 8-MW-Klasse für drei Offshore-Windkraftwerke beauftragt, die in der dänischen Nord- und Ostsee entstehen. 72 Anlagen mit je 8 MW sollen ab Februar 2021 für das dänische Offshore-Projekt »Kriegers Flak« installiert werden, dessen Inbetriebnahme gegen Ende desselben Jahres vorgesehen ist. Das »Kriegers Flak«-Projekt mit einer Gesamtleistung von 600 MW wird das größte Offshore-Windkraftwerk der Ostsee.

    Darüber hinaus hat Vattenfall bei SGRE Windturbinen für »Vesterhav Nord« und »Versterhav Syd« geordert, zwei küstennahe Parks an der dänischen Westküste mit einer kombinierten Leistung von 350 MW. Die beiden Projekte »Vesterhav Nord« (170 MW) und »Vesterhav Süd« (180 MW) werden mit zusammen 41 Anlagen des Typs SG 8.0-167 DD ausgerüstet. Installation und Inbetriebnahme sollen 2020 erfolgen. Von welchen Häfen aus die Windparks bedient werden, steht noch nicht fest.

    Auch die Niederlande und Belgien setzen mittlerweile verstärkt auf den Bau von Offshore-Windparks vor der eigenen Küstenlinie. Auf der nördlichen Seite der »Maasvlakte 2«, dem Hafenerweiterungsgebiet in Rotterdam, entsteht derzeit eine etwa 70ha große Fläche für den Umschlag von Offshore-Komponenten. Nach Fertigstellung soll dort ein Hub für die Offshore-Industrie entwickelt werden. Die Niederländer wollen sich vor allem auf die Zerlegung von Öl- und Gasbohrplattformen, Unterstützung des Baus von Offshore-Windparks, Ansiedlung von Fertigungs- und Montageindustrie sowie Umwandlungsprojekte und (De-) Mobilisierungsprojekte fokussieren. Schräg gegenüber haben die Sif Group und Verbrugge International unter dem Namen »Offshore Terminal Rotterdam« bereits ein spezielles Offshore-Terminal und einen Fertigungsstandort für Monopiles errichtet.

    Vlissingen ist ein weiterer großer Offshore-Basishafen, dessen Bedeutung in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Von hier aus werden die beiden Offshore-Windparks »Borssele 1« und »Borssele 2« bedient und gewartet. Die Leistung der zusammen 94 Windkraftanlagen umfassenden Windparks wird mit 752 MW angegeben. Entwickler und Betreiber ist auch hier Ørsted aus Dänemark. Zudem haben MHI Vestas Offshore Wind und BOW Terminal eine Vereinbarung unterzeichnet, die dem Offshore-Windturbinenhersteller 20 ha Land im Hafen von Vlissingen sichert. Das Unternehmen will dort eine neue Vormontageeinrichtung zur Unterstützung zukünftiger Offshore-Windprojekte in der Region errichten.

    Auch unweit der deutschen Grenze gelegene Offshore-Häfen wie das niederländische Eemshaven rüsten auf. EMS Maritime Offshore (EMO) hat dort Ende April dieses Jahres eine zweite Offshore-Service-Basis bekommen. Merkur Offshore hat mit EMO einen langfristigen Vertrag geschlossen, um dort einen Service-Hub aufzubauen und zu bedienen. Das Gebäude wurde offiziell vom Generalunternehmer Bouwbedrijf Kooi Appingedam übergeben. Künftig wird es von GE Renewable Germany genutzt werden. Der Bürokomplex, der fast 500m² umfasst, hat eine angrenzende Lagerfläche von 600m².

    Merkur Offshore ist Betreiber des Windparks »Merkur«, der aktuell in der deutschen Nordsee errichtet wird. Der Windpark liegt in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone, ca. 45km nördlich der Insel Borkum und umfasst 66 Windenergieanlagen von GE, Typ »Haliade 150« mit einer Kapazität von je 6 MW.

    Zudem hat das Orange Blue Terminal, Teil der Hamburger Buss-Gruppe, mit GeoSea einen Vertrag über Hafen- und Logistikdienstleistungen für die Offshore-Windparks »Hohe See« und »Albatros« abgeschlossen. Die Windparks entstehen rund 90km nördlich von Borkum und umfassen zusammen 88 Windenergieanlagen. GeoSea hat Mitte April mit dem Transport der Gründungskomponenten per Lastkahn vom Werk in Rotterdam zum Orange Blue Terminal begonnen. Die Monopiles und Übergangsstücke bleiben an Bord der Barge entlang des Kais des Orange Blue Terminals, bis sie vom Installationsschiff abgeholt werden. EnBW und Siemens Gamesa haben mit der Reederei Bibby Marine Services jüngst bereits die Charterverträge für ein neu zu bauendes Service Operation Vessel (SOV) abgeschlossen, das in den beiden Windparks eingesetzt werden soll. Die Verträge laufen über zehn Jahre. Die ersten fünf übernimmt Siemens Gamesa (2019-2024), danach EnBW (2025-2029). Der Basishafen des etwa 90m langen Schiffes der Bauart Damen ASV 9020 ist Emden, wo EnBW eine Offshore-Serviceniederlassung einrichten will.

    Im März dieses Jahres haben in Eemshaven zudem die Vorbereitungen für einen Hubschrauberlandeplatz begonnen. Als Grundausstattung ist ein zentral und Landeplatz vorgesehen sowie zwei Plätze, an denen die Hubschrauber abgestellt werden können.

    Weiteres Gleis für mehr Flexibilität

    Der an der Ostsee gelegene Standort Mukran Port treibt derweil den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur voran. Ende vergangenen Jahres wurde das neue Gleis 66 freigegeben. Mit der Gleiserweiterung bis an die Kaikante sei es nun möglich, Güter ohne weiteres Umladen von Zügen auf Schiffe umzuschlagen. »Mit dem schrittweisen und vorausschauenden Ausbau der Infrastruktur machen wir den Hafen für immer mehr Unternehmen und Projekte attraktiv«, sagt Harm Sievers, Geschäftsführer des Fährhafens Sassnitz. Die Erfolge der vergangenen Jahre und die Unterstützung der Politik auf diesem Weg würden das eigene Handeln bestätigen.

    Die Gleiserweiterung hat eine Länge von 350m und führt nunmehr bestehende Anlagen bis direkt an die Kaikante von Liegeplatz 5a, womit auch weitere Liegeplätze unmittelbaren Gleisanschluss erhalten. Über das neue Gleis werden auch Seekabel mit einer Länge von 76km für ein Offshore-Windparkprojekt umgeschlagen. Die Züge werden von der Hafenbahn Baltic Port Rail Mukran übernommen und an die Kaikante gefahren. Das Kabel, das zusammenhängend auf mehreren Waggons verteilt ankommt, wird auf sechs Spulen aufgerollt und zwischengelagert. Realisiert wurde der 1,17 Mio. € teure Bau von der Greifswalder Niederlassung des PTB-Ingenieurbüros für Planung Magdeburg (Planung) und von itg Ingenieur-, Tief- und Gleisbau (Bauausführung).

    Schwertransporte vereinfachen

    Große und schwere Komponenten für die Windkraftanlagen werden nicht selten per Lkw zu den Seehäfen befördert, denn einige Produktionsstandorte befinden sich weit entfernt von der Küste im Binnenland. Die IHK Nord hat kürzlich die norddeutschen Bundesländer aufgefordert, einheitliche und wirtschaftsfreundliche Mindeststandards im Antrags- und Genehmigungswesen von Großraum- und Schwertransporten einzuführen, um den Transport zu vereinfachen.

    Der über die deutschen Seehäfen laufende Ex- und Import zeige die strategische Bedeutung der Transportnetze für die außenhandelsorientierte deutsche Wirtschaft. Großraum- und Schwertransporte seien dabei ein wichtiges Geschäftsfeld. Hinzu käme die herausgehobene Rolle Norddeutschlands bei der logistischen Bereitstellung der baulichen Komponenten für die Windenergie-Branche. Auch in diesen Regionen würde die Großraum- und Schwertransportbranche deswegen weiterhin einen starken Anstieg von genehmigungspflichtigen Transporten verzeichnen, so die IHK Nord.

    Sie fordert deshalb eine konzertierte Aktion der norddeutschen Bundesländer, um Missstände zu beseitigen und damit die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu steigern. Dafür brauche es eben vor allem die geforderten »einheitlichen und wirtschaftsfreundlichen Mindeststandards« im Antrags- und Genehmigungswesen. Es gebee immer noch Verzögerungen im Workflow der Genehmigungserteilung, wenn unterschiedliche Behörden im Norden beteiligt seien, hieß es.

    Zusätzlich fordert die IHK Nord die Festlegung von großräumigen Korridoren für eben diese Schwerlasttransporte und deren Ausbau samt Instandhaltung. Die norddeutschen Bundesländer sollten sich zudem auf einheitliche Gebühren und eine Bearbeitungszeit von Anträgen von maximal fünf Werktagen verständigen, schlägt die IHK vor.


    Thomas Wägener