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Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) und das Deutsche Verkehrsforum (DVF) haben beim gemeinsamen Parlamentarischen Abend die schnelle Verabschiedung eines wirkungsvollen Planungs- und Baubeschleunigungsgesetzes gefordert.

Außerdem erwarten die Verbände, dass bei der Abstimmung von Naturschutzregelungen in Brüssel künftig stärker auf die Belange von Mobilität und Logistik geachtet wird.

Enak Ferlemann MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, kündigte an, dass beim neuen Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz das Eisenbahnbundesamt für Eisenbahnprojekte und die Bundesfernstraßengesellschaft für Autobahnprojekte als einzige Anhörungsbehörden vorgesehen seien. Außerdem sollten Ersatzneubauten nicht mehr komplett neu planfestgestellt werden müssen wie Neubauten.

Man werde auch versuchen die Präklusion wieder einzuführen und Fristen soweit wie möglich zu verkürzen. »Mit einem Planungsbeschleunigungsgesetz wollen wir Planungs- und Genehmigungsverfahren effizienter machen, Schnittstellen einsparen sowie die Digitalisierung und Transparenz der Prozesse stärken. Der Gesetzentwurf soll in diesem Sommer dem Bundeskabinett vorgelegt werden«, kündigte der Staatssekretär an.

Norbert Schüßler, DVF-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführender Gesellschafter Schüßler-Plan GmbH, wies auf die Dringlichkeit hin: »Geld ist da. Aber Verkehrsprojekte verzögern sich in Deutschland auf dramatische Weise. Nicht nur für die Häfen ist das existenziell. Es geht um unsere Wettbewerbsfähigkeit Auch für den Klimaschutz ist es schlecht, wenn Schienenwege und Wasserstraßen nicht bedarfsgerecht ausgebaut werden. Wenn hier in Zukunft nicht mehr passiert, bleibt die Verlagerung von Verkehren nur Wunsch und Wolke.«

»Fordern Überarbeitung der EU-Gesetzgebung«

Mit Blick auf europäische Wettbewerber und den politischen und umweltrechtlichen Rahmen sagte Frank Schnabel, ZDS-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführer der Schramm Group: »Die Politik muss ihren Beitrag leisten, dass deutsche Seehäfen ihren Marktanteil halten und steigern können. Zu den dringenden politischen Aufgaben zählt die Beschleunigung der langen Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland. Es kann nicht sein, dass die endlich verfügbaren Investitionsmittel der öffentlichen Hand für Verkehrsinfrastruktur mangels Personal und wegen rechtlicher, also von der deutschen und europäischen Politik geschaffener Vorgaben, nicht genutzt werden. Wir fordern eine bessere Nutzung bestehender Ermessensspielräume und auch eine Überarbeitung der EU-Gesetzgebung wie beispielsweise der Wasserrahmenrichtlinie.«

Ferlemann untermauerte, was in Dänemark oder Niederlanden funktioniere, müsse auch hier möglich sein: »Als wirtschaftsstarke Export- und Transitnation ist Deutschland auf moderne und leistungsfähige Verkehrswege und Häfen angewiesen. Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 sind unter anderem die Ausbauprojekte identifiziert worden, die zur weiteren Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Bereich der Hinterlandanbindung der Häfen dienen. Damit verbunden ist das Ziel der Bundesregierung, die Maßnahmen im Zeitraum bis 2030 zu realisieren oder diese zumindest zu beginnen.«

Sympathie für frühe Bürgerbeteiligung

Zur Frage, ob es in der Bevölkerung ein Bewusstsein für Infrastrukturmaßnahmen gebe und wie stark die Bürger im Vorfeld eingebunden werden sollten, äußerte sich Kirsten Lühmann MdB, Verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion: »Insgesamt ist das Bewusstsein für die Bedeutung unserer Infrastruktur in den vergangenen Jahren eher gestiegen. Prozesse wie die Bodewig-I-Kommission, die Daehre-Kommission oder auch der Infrastrukturkonsens der SPD-Bundestagsfraktion haben zur Steigerung der Akzeptanz beigetragen. Natürlich gibt es aber Widerstand, wenn persönliche Belange oder Umweltbelange betroffen sind oder wenn der Sinn und die Kosten eines Projektes nicht verstanden werden – oder verstehbar sind. Eine Lösung liegt hier in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung und in einer Beschleunigung der Planungsverfahren.« Lühmann zeigte sich überzeugt, dass durch eine frühzeitige Bürgerbeteiligung viele Klagen mit aufschiebender Wirkung vermieden werden können und das sei entscheidend für das schnelle Vorankommen beim Bau.

Sympathie zeigte auch Schüßler für eine frühe Bürgerbeteiligung. Das Vertrauen der Bürger in den Staat sei bei großen Bauprojekten spürbar gesunken. Hier könnten die Menschen besser mitgenommen werden, wenn sie ganz am Anfang in Planungsverfahren eingebunden würden.

Interpretationsspielräume bei der Auslegung von Gesetzen

Unklarheiten und Interpretationsspielräume bei der Auslegung von Gesetzen durch die Verwaltungen bemängelte Joachim Zimmermann, Mitglied des Präsidiums des BÖB und Geschäftsführer der bayernhafen Gruppe: »Binnenhäfen sind angewiesen auf beschleunigte Genehmigungsprozesse sowohl auf den zuführenden Verkehrswegen, (Schiene, Wasser, Straße) als auch und vor allem bei den hafeneigenen Infrastrukturen. Die politische gewollte Verkehrsverlagerung auf Schiene und Wasserstraße kann nur mit rechtzeitig zur Verfügung stehenden und funktionierenden Netzen und Schnittstellen erreicht werden. Häfen sind die trimodalen Schnittstellen und leisten hierbei einen erheblichen Beitrag. Wir brauchen einen bundesweiten Leitfaden für die Genehmigung von Hafeninfrastrukturen. Wir benötigen für die unterschiedlichen Genehmigungsbehörden mehr Klarheit, wie Vorhaben in Häfen zu betrachten sind. Nötig sind rechtlich verbindliche Definitionen was Hafenplanungen alles beinhalten können.«

Das Thema Bürgerbeteiligung griff Stephan Kühn MdB, Verkehrspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, nochmals auf: »Gute Bürgerbeteiligung und kürzere Planungszeiten müssen kein Widerspruch sein. Dafür brauchen wir eine neue Planungskultur. Wer alle Beteiligten frühzeitig in Planungsprozesse einbindet, wird in der Genehmigungsphase nicht unerwartet auf Widerstand stoßen. Die Bürger wollen bei der Frage des ›ob‹ und nicht erst bei der Frage des ›wie‹ beteiligt werden. Wer allerdings glaubt, mit der Brechstange an Umweltstandards und Beteiligungsrechte heran gehen zu müssen, wird in der Sache nichts erreichen.«